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Unterricht in NRWWer darf im Fach Islamische Religion künftig die Themen bestimmen?

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Is­la­mi­scher Re­li­gi­ons­un­ter­richt in Bonner Schule

  1. Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor schreibt in ihrer Kolumne „Deutschland-Cocktail” regelmäßig über Integration und Interkulturelles.
  2. In dieser Folge geht es um die Änderungen im NRW-Schulfach Islamische Religion. Was darin gelehrt wurde, bestimmten bislang allein konservative Kräfte wie die höchst umstrittene Ditib.
  3. Die Landesregierung ignorierte die daraus resultierenden Probleme lange. Jetzt aber wird endlich gehandelt.

Der neue islamische Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen steht kurz vor dem Start, Gesetze und Verträge sind auf dem Weg.

Die inhaltliche Verantwortung für das Schulfach wird ab Herbst breiter verteilt sein. Künftig entscheiden nicht mehr nur konservative Kräfte über die Ausrichtung des Lehrangebots für muslimische Kinder und Jugendliche. Das dafür zuständige Gremium wird vergrößert. So wird zum Beispiel der Liberal-Islamische Bund, den ich 2010 mitbegründet habe, ebenso mit am Tisch sitzen wie das Bündnis Marokkanische Gemeinde oder die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken.

Damit haben nun die Warnungen Gehör gefunden, die die frühere Landesregierung sämtlich in den Wind geschlagen hatte. Sowohl Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) als auch ihre Stellvertreterin, Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), hielten mit Verweis auf die damaligen Empfehlungen der Deutschen Islamkonferenz strikt daran fest, dass in dem Beirat für den Islamunterricht allein die vier großen, konservativen und überwiegend türkisch geprägten Dachverbände Ditib, Islamrat und VIKZ sowie der Zentralrat der Muslime beteiligt sein durften. Die Einseitigkeit und die Probleme, die sich daraus für die Unterrichtsinhalte sowie die Auswahl von Lehrerinnen und Lehrern ergaben, ignorierten sie. Sie wollten den Weg des geringsten Widerstands gehen und scheuten die Auseinandersetzung mit den vier großen Verbänden, die von sich aus keinerlei Interesse daran hatten, ihren Einfluss zu teilen.

Alles zum Thema Armin Laschet

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In einer pluralen Demokratie und in einer Einwanderungsgesellschaft mit all ihrer Vielfalt konnte das aber auf lange Sicht nicht funktionieren. Die amtierende Landesregierung unter Armin Laschet (CDU) und seinem Vize, Integrationsminister Joachim Stamp (FDP), erkannten das Problem und nahmen es von Anfang an in Angriff. Schwarz-Gelb brachte damit jenen Mut auf, der Rot-Grün gefehlt hatte. Passend wird der bisherige „Beirat“ künftig durch eine „Kommission“ für den islamischen Religionsunterricht ersetzt.

Lamya Kaddor gründete 2010 den Liberal-Islamischen Bund. Im „Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt die Islam-wissenschaftlerin über Interkulturalität und Integration

Die Öffnung des Gremiums für weitere Verbände und Vereine war ein notwendiger Schritt. Der Islam in Deutschland ist durch und durch heterogen. Er setzt sich einerseits aus deutschen Muslimen zusammen, andererseits aus Muslimen von allen Kontinenten. Diese zweite Gruppe war anfangs durch die sogenannten Gastarbeiter überwiegend türkisch geprägt. Inzwischen sind syrische, marokkanische, bosnische, iranische Muslime und viele andere hinzugekommen. Ihre Religionsauffassungen unterscheiden sich nicht nur durch jeweils landestypische kulturelle Traditionen, sondern auch in theologischer Hinsicht. Der Islam hat hierzulande keine einheitliche religiöse Identität.

Ein solch bunter Mix lässt sich nicht durch einige wenige Organisationen abbilden repräsentieren. Die einzige Möglichkeit, die Vielfalt der Musliminnen und Muslime in Deutschland zur Geltung zu bringen, sind Gremienmodelle wie die der Kommission für den islamischen Religionsunterricht in NRW. Das begriffen zu haben und den ersten Schritt hin zu einer rechtlichen Umsetzung zu gehen, das ist das große Verdienst der NRW-Landesregierung. Man kann nur hoffen, dass die anderen Bundesländer und Bund das alsbald ebenso erkennen.