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Gegenwind nach „Nazi-Kundgebung“Trumps mysteriöses „Geheimnis“ sorgt für Alarmstimmung

Lesezeit 5 Minuten
Donald Trump bei seinem Auftritt im Madison Square Garden in New York City am letzten Sonntag. (Archivbild).

Donald Trump bei seinem Auftritt im Madison Square Garden in New York City am letzten Sonntag. (Archivbild).

Trumps Geraune sorgt für Wirbel. Die Kritik an seiner Kundgebung in New York wird derweil auch bei den Republikanern lauter.

Es waren nur ein paar beiläufige Sätze, die zwischen den schrillen und mitunter rassistischen Tönen bei der Kundgebung von Donald Trump im New Yorker Madison Square Garden zunächst nur wenig Beachtung fanden. Nun rückt das Geraune des ehemaligen US-Präsidenten über ein „kleines Geheimnis“, das am Wahltag relevant werden soll, aber doch in den Fokus – und weckt Befürchtung über Trumps möglichen Umgang mit einer möglichen Wahlniederlage am 5. November. Gleichzeitig wird scharfe Kritik an der Kundgebung in New York laut – auch aus den Reihen der Republikaner.

„Wir müssen die Kongressabgeordneten wählen und wir müssen die Senatoren wählen“, hatte Trump im Madison Square Garden gesagt. Dabei bezog sich der Republikaner auf die Kongresswahlen, die in nächsten Woche ebenfalls stattfinden. „Wir können den Senat ziemlich leicht gewinnen, und ich denke, mit unserem kleinen Geheimnis werden wir im Repräsentantenhaus richtig gut abschneiden“, raunte Trump schließlich von der Bühne, nachdem er den republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, zu sich gebeten hatte.

Trumps „unheilvolle“ Worte: „Unser kleines Geheimnis hat große Wirkung“

„Unser kleines Geheimnis hat eine große Wirkung. Er und ich haben ein kleines Geheimnis – wir werden es Ihnen sagen, wenn das Rennen vorbei ist“, fügte Trump schließlich an. Weitere Hinweise auf die Bedeutung seiner Worte gab der Republikaner nicht.

In US-Medien ist nun von einer „unheilvollen Bemerkung“ die Rede, so beschrieb „Politico“ die Wortwahl des Republikaners. Bei den Demokraten schrillen nach Trumps mysteriöser Ankündigung ebenfalls die Alarmglocken.

„Jenseits von Rassismus, Hitler-Referenzen und autoritären Idealen enthüllte er seinen ‚geheimen‘ Plan mit Sprecher Johnson, die Wahl zu kippen“, schrieb der demokratische Kongressabgeordnete Daniel Goldman auf der Plattform X. Nach Einschätzung Goldmans sei Trumps „kleines Geheimnis“ nicht weniger als der Plan, die Zertifizierung des Wahlergebnisses im kommenden Januar zu manipulieren.

Hat Donald Trump einen „Backup-Plan“, falls er die Wahl verliert?

„Wie wir aus dem Jahr 2021 wissen, wird derjenige, der das Repräsentantenhaus kontrolliert, viel Einfluss darauf haben, was am 6. Januar passiert“, warnte der Demokrat gegenüber dem US-Sender CNN. „Ich vermute, Donald Trumps kleiner Geheimplan mit Mike Johnson ist ein Backup-Plan für den Fall, dass er verliert und dann versucht, im Repräsentantenhaus das Wahlkollegium abzuschaffen.“

Die Situation unter einem von den Republikanern kontrollierten Kongress wäre eine Umkehrung des Zertifizierungsprozesses, der auf die Wahl 2020 folgte, erklärte Goldman weiter. Damals hatte Trump versucht, den damaligen Vizepräsidenten Mike Pence – der in seiner verfassungsmäßigen Rolle den Vorsitz führte – einzusetzen, um das Verfahren zu blockieren. Senat und Repräsentantenhaus wurden damals von den Demokraten kontrolliert.

Trump reagiert auf Faschismus-Vorwürfe mit Faschismus-Vorwurf

Der Versuch scheiterte, da Pence sich weigerte, bei Trumps Plan mitzuspielen – was schließlich zu einem Angriff auf das US-Kapitol durch eine wütende Menschenmenge führte. Einige der randalierenden Trump-Unterstützer hatte beim Sturm auf das Kapital schließlich sogar Pence’ Tod gefordert.

Die Attacke auf das ehrwürdige Gebäude gilt als tiefer Einschnitt in der Geschichte amerikanischer Wahlen. Viele Experten halten Trump auch wegen der damaligen Aufwiegelung der Massen für einen Faschisten.

Trump reagierte zu Wochenbeginn unterdessen auch auf die Faschismus-Vorwürfe, nachdem seine Kundgebung im Madison Square Garden vor dem Hintergrund der jüngsten Warnungen vor einer faschistischen Präsidentschaft des Republikaners in US-Medien mitunter als „Nazi-Kundgebung“ bezeichnet worden war.

Donald Trump versichert: „Ich bin das Gegenteil eines Nazis“

Der demokratische Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz hatte am Montag ebenfalls Parallelen zu einer Nazi-Kundgebung im Jahr 1939, die in der New Yorker Veranstaltungshalle stattgefunden hatte, gezogen. Trumps Kontrahentin Kamala Harris hatte in der Vorwoche bereits erklärt, sie halte Trump für einen Faschisten – und damit der Einschätzung von Weggefährten des Republikaners zugestimmt.

„Ich bin das Gegenteil eines Nazis“, entgegnete der Republikaner nun und behauptete fälschlicherweise, die Demokraten hätten alle Trump-Wähler als Nazis bezeichnet. Trump bediente sich zu seiner Verteidigung auch einer bereits oft von ihm angewandten Strategie – und bezeichnete Harris kurzerhand ebenfalls als „Faschistin“, ohne Argumente für diese Einschätzung vorzubringen.

Rassismus im Madison Square Garden: Rauer Gegenwind für Trump

Die rassistischen, misogynen und vulgären Töne, die bei der Kundgebung im Madison Square Garden zu hören waren, sorgen unterdessen auch bei Unterstützern von Trump für Entsetzen. Insbesondere der Auftritt von US-Comedian Tony Hinchcliffe, der Puerto Rico als „Müllinsel“ bezeichnet hatte, sorgte für scharfe Kritik auch aus dem eigenen Lager.

27.10.2024, USA, New York: Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsident Donald Trump und die ehemalige First Lady Melania Trump verlassen gemeinsam die Bühne während einer Wahlkampfveranstaltung im Madison Square Garden in New York. Foto: Alex Brandon/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsident Donald Trump und die ehemalige First Lady Melania Trump verlassen gemeinsam die Bühne während einer Wahlkampfveranstaltung im Madison Square Garden in New York.

Den Comedian für einen Auftritt auszuwählen sei „schwachsinnig“ gewesen, zitierte „Politico“ den Trump-Unterstützer und Radio-Moderator John Fredericks. Peter Navarro, ein ehemaliger Regierungsbeamter und Wahlkampfhelfer von Trump, sprach unterdessen von einer „Geschmacklosigkeit“.

Republikaner über Trump-Kundgebung: „Politischer Massenselbstmord“

Auch David Urban, ein ehemaliger Berater des Republikaners, kritisierte den Auftritt des Comedians als „bedauerlich“. Noch deutlicher fiel derweil die Kritik von Matthew Bartlett, einem ehemaligen Mitglied der Trump-Regierung, aus. „Offenbar bestand die Oktoberüberraschung darin, dass die Präsidentschaftskampagne auf der Bühne politischen Massenselbstmord begeht“, sagte Bartlett.

Die Redebeiträge der Trump-Unterstützer bei der Kundgebung in New York City seien vorab nicht vom Wahlkampfteam des Republikaners überprüft worden, berichtete „Politico“ zudem. Trumps Vize-Kandidat, J.D. Vance, räumte schließlich ein, dass Hinchcliffes Äußerung zu Puerto Rico „vielleicht ein dummer, rassistischer Witz“ gewesen sei. Verurteilen wollte er den Auftritt des Comedians jedoch nicht. Bei der Veranstaltung vor tausenden fanatischen Trump-Anhängern hatten sich neben dem Comedian weitere Redner rassistisch über Latinos und Afroamerikaner ausgelassen.

„Beispiel 732 dafür, dass Trump spaltend und unamerikanisch ist“

„Was er letzte Nacht getan hat, ist keine Entdeckung, es ist einfach mehr vom Gleichen“, erklärte unterdessen Trumps demokratische Kontrahentin Kamala Harris am Montag angesichts der rassistischen Töne bei der Kundgebung in New York.

Zustimmung bekam Harris dafür ausgerechnet aus den Reihen der Republikaner. Die Kundgebung sei lediglich „Beispiel 732 dafür, dass Trump spaltend und unamerikanisch ist“, zitierte „Politico“ den republikanischen Strategen Barrett Marson. Große Auswirkungen für den Wahlausgang werde das jedoch nicht haben, erklärte der Parteikollege des Republikaners. „Wird es die Meinung der Wähler ändern? Ich glaube nicht.“

Harris und Trump treten bei der Präsidentschaftswahl am Dienstag kommender Woche gegeneinander an. Die Kontrahenten liegen in den Umfragen Kopf an Kopf. Es ist das knappste Rennen um das Weiße Haus in der jüngeren Geschichte der Vereinigten Staaten.