Der Papst hatte gesagt, die Ukraine solle die „weiße Flagge“ hissen. Das kam international nicht gut an.
Generalaudienz„Irrsinn des Krieges überwinden“ – Papst weicht Nennung der Ukraine nach Kritik aus
In seinem ersten öffentlichen Auftritt nach den umstrittenen Äußerungen zur Ukraine vermied Papst Franziskus am Mittwoch die namentliche Erwähnung des von Russland angegriffenen Landes. Bei der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz sprach er anders als sonst nur sehr indirekt von der Ukraine. Er erinnerte an das Schicksal eines gefallenen Soldaten und rief zum Frieden in der Welt auf.
Franziskus sagte: „So viele junge Menschen, so viele junge Menschen sterben. Bitten wir den Herrn, dass er uns die Gnade gibt, diesen Irrsinn des Krieges zu überwinden, der immer eine Niederlage ist.“ Zuvor hatte er vor den Pilgern berichtet, dass ihm ein Rosenkranz und ein Evangelienbuch eines an der Front gestorbenen Soldaten übergeben worden sei. „Damit hat er gebetet“, sagte der Papst sichtlich bewegt. Erst später stellte sich heraus, dass der gefallene Soldat ein Ukrainer war.
Der Rosenkranz und das Buch waren ihm von der argentinischen Ordensfrau Lucia Caram übergeben worden, die darüber auf Instagram berichtete.
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Vatikan nach Ukraine-Äußerungen um Schadensbegrenzung bemüht
Der Vatikan hatte sich nach dem Statement von Papst Franziskus zur Ukraine bereits in den Tagen zuvor um Schadensbegrenzung bemüht. Der vatikanische Chefdiplomat, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, äußerte sich zu Wochenbeginn in der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ einordnend bezüglich der Worte des katholischen Kirchenoberhauptes.
Es sei „offensichtlich“, dass Frieden nur durch beide Kriegsparteien geschaffen werden könne, so Parolin. Und die erste Bedingung sei die Beendigung der Aggression, sagte Parolin - ohne allerdings Russland beim Namen zu nennen. Auf die Frage, warum sich Franziskus zunächst nur an die ukrainische Seite gewandt habe, sagte Parolin, dies sei dem Kontext der Fragestellung in dem Interview des Schweizer Fernsehens geschuldet gewesen, in dem der Papst sich geäußert hatte.
Parolin sagte: „Wir dürfen niemals den Kontext und in diesem Fall die Frage vergessen, die dem Papst gestellt wurde, der in seiner Antwort von Verhandlungen und insbesondere vom Mut zur Verhandlung sprach, der niemals eine Kapitulation bedeutet.“ Der Heilige Stuhl rufe seit geraumer Zeit zu einem Waffenstillstand auf. Allerdings müssten die Aggressoren zuerst das Feuer einstellen, bekräftigte die Nummer Zwei des Vatikans.
Franziskus hatte in dem am Samstag veröffentlichten Interview die Ukraine aufgefordert, Verhandlungen mit Russland aufzunehmen. Franziskus hatte gesagt, angesichts einer drohenden Niederlage solle das Land den Mut zur „weißen Flagge“ haben – was faktisch einer Kapitulation gleichkäme. Diese Äußerungen hatten zu einem Aufschrei der Empörung geführt, auch bei deutschen Politikern.
Annalena Baerbock über Papst: „Ich versteh’s nicht“
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Carmen Miosga“ gesagt, sie verstehe nicht, was der Papst sich dabei gedacht habe. Baerbock empfahl dem Papst indirekt, die Ukraine zu besuchen, um sich selber einen Eindruck von der Situation zu verschaffen.
Auch Bundeskanzler Scholz hatte Franziskus widersprochen. „Wie Sie sich vorstellen können, ist der Bundeskanzler in dieser Frage nicht der Meinung des Papstes“, hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit gesagt. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) sprach von einem „Irrtum“ des Papstes. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wies die „weiße Fahne“ ebenfalls zurück.
Ukraine-Äußerung: Kretschmer und Wagenknecht stimmen Papst zu
Zustimmung zur Papst-Äußerung kam dagegen von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. „Papst Franziskus ist ein besonnener Mann“, schrieb der CDU-Politiker bei X. „Seinen Aufruf ‚Mut zu Verhandlungen‘ teile ich.“ Auch die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht fand Franziskus mit seinem Statement „mutig und klug“.
In der Ukraine selbst war man so erbost über den Papst, dass das Außenministerium den Papstbotschafter in Kiew, Erzbischof Visvaldas Kulbokas, einbestellte. Der Apostolische Nuntius sei darüber informiert worden, dass die Ukraine von den Worten des Papstes „enttäuscht“ sei, hieß es.
Im Vatikan sah man sich durch die heftigen Reaktionen offenbar zum Gegensteuern veranlasst. Parolin erklärte in dem Interview weiter, der Vatikan sei besorgt, dass der Ukraine-Krieg sich ausweiten und noch mehr Tod und Zerstörung bringen könne. Das Risiko einer atomaren Eskalation sei vorhanden. Auch deshalb dringe der Heilige Stuhl auf eine Verhandlungslösung. (cme, mit kna und dpa)