Düsseldorf – Herr Rasche, nach der Wahlschlappe der FDP will Joachim Stamp Parteivorsitzender bleiben, Sie wurden zum Fraktionsvorsitzenden gewählt. Geht so Neuanfang?Rasche: Wir haben in unseren Gremien nach ausführlicher Aussprache entschieden, Defizite und Fehler zügig, gründlich und schonungslos aufzuarbeiten und uns danach inhaltlich und personell entsprechend aufzustellen. Es braucht jetzt Stabilität und Mut zu Veränderungen. Die Ursachen nur bei einzelnen Personen zu suchen und den Streit über Personal öffentlich auszutragen, hat uns in der Geschichte der Partei immer geschadet. Im Stil sollten wir uns daher eher am Erneuerungsprozess nach 2013 orientieren. Joachim Stamp und ich werden den Prozess moderieren. Wir laufen nicht weg, aber wir stehen genauso einer personellen Neuaufstellung nicht im Weg.
Die meisten Abgeordneten der neuen FDP-Fraktion haben schon in der Möllemann-Zeit angefangen. Ist das Team noch fit genug für einen Neustart?Wir werden alles auf den Prüfstand stellen. Unser Team ist fachlich qualifiziert, erfahren, aber auch hochmotiviert die schwierige Herausforderung anzunehmen. Wir werden eine offensive Oppositionspolitik machen und sind fest entschlossen, uns das Vertrauen der Menschen zurückzuerarbeiten. Die meisten Abgeordneten der neuen Fraktion sind 2010, 2012 und 2017 erstmals in den Landtag eingezogen.
Die Liberalen in NRW wurden schon 2010 als Regierungspartei in NRW vom Wähler abgestraft, jetzt kam erneut der Absturz. Kann die FDP besser Opposition als Regierung?Wir werden in einem Strategieprozess gründlich analysieren, welche Ursachen das Wahlergebnis hat. Eines ist bereits jetzt klar: Die Gründe sind vielschichtig.
Viele schreiben dem Hin- und Her um die Schultests die Hauptverantwortung für den Absturz zu. Wie sehen Sie das?Es wäre falsch, die Verantwortung nur an einer Stelle abzuladen. Fehler sind an verschiedenen Stellen passiert. Jetzt geht es darum, zügig eine neue Strategie zu erarbeiten und diese glaubhaft zu vermitteln. Dann gewinnen wir auch wieder Wahlen.
Hätte die FDP sich stärker von der Union abgrenzen müssen?Ich erinnere mich gut an Aufmacher, auch im „Kölner Stadt-Anzeiger", in denen von Koalitionsstreit die Rede war. Es gab Abgrenzung. Wir müssen zukünftig eigene Erfolge klarer kommunizieren.
Welche Rolle spielte der Coronakurs?Der Kurs war richtig, wie der Blick auf die Infektionszahlen zeigt. Ob es uns gelungen ist, das in jedem Falle in Bund und Land immer empathisch genug zu kommunizieren und zu erklären, wird Teil der Analyse sein.
Welche Fehler sehen Sie bei sich selbst?Ich habe es als Fraktionsvorsitzender als eine meiner wichtigsten Aufgaben verstanden, die Fraktion und die Koalition mit nur einer Stimme Mehrheit beieinander zu halten. Das ist gelungen. Manchmal war ich mit dem Koalitionspartner zu nachsichtig.
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