Acht RegelnWas Kinder können müssen, die allein mit dem Fahrrad zur Schule fahren
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Alleine mit dem Rad zur Schule fahren zu dürfen macht Kinder stolz und selbstständig. Auch für viele Eltern ist es eine große Erleichterung, wenn ihr Kind nicht mehr mit dem Auto zur Schule gefahren werden muss. Allerdings bereitet es ihnen auch neue Sorgen, denn schon für Erwachsene ist Radfahren in der Stadt mit Gefahren verbunden. Fahranfänger haben es noch schwerer. Auch, weil sie im morgendlichen Verkehr noch leichter übersehen werden.
Zum Schulstart gibt Radfahrlehrerin Anke Prinz deshalb Tipps, wie Kinder fit gemacht werden können für den Schulweg mit dem Fahrrad. Sie erklärt, worauf Eltern und Kinder im Straßenverkehr achten sollten.
Die richtige Ausrüstung
„Ein Fahrradhelm, der nicht richtig sitzt, ist gefährlicher als kein Fahrradhelm“, warnt Anke Prinz. Der Kinnriemen muss dicht am Kinn sitzen. Am besten mit dem Kopf hin- und herwackeln und schauen, ob der Helm fest sitzt.
Auch das Fahrrad muss verkehrssicher sein. „Ich sehe häufig Kinder mit den tollsten Helmen, aber die Räder sind nicht in Ordnung. Dabei sollte man bedenken: Der Helm kann beim Unfall schützen, aber nicht vor einem Unfall.“ Da Kinderräder leider in der Regel keine Lampen haben, empfehlen sich batteriebetriebene Lichter, die am Rad angebracht werden können. Ebenfalls wichtig für Herbst und Winter: Helle Kleidung. „Gesehen zu werden ist beim Radfahren das Allerwichtigste“, sagt Anke Prinz.
Kenne deine Strecke
Bevor das Kind alleine zur Schule fahren darf, sollte es die Strecke mindestens vier Mal gemeinsam mit einem Erwachsenen gefahren sein. Begleitpersonen über 16 Jahre dürfen neuerdings gemeinsam mit dem Kind auf dem Bürgersteig fahren – selbstverständlich unter Rücksichtnahme auf Fußgänger.
Das Kind muss bis zum achten und darf noch bis einschließlich dem zehnten Lebensjahr auf dem Bürgersteig fahren. Mutter oder Vater sollten immer hinter dem Kind herfahren, um es zu kontrollieren, auf Gefahrenpunkte aufmerksam zu machen und Verkehrsschilder zu erklären. Dazu müssen sie sich natürlich selbst auskennen: „Vielen Erwachsenen ist selbst nicht klar, wo die Gefahrenpunkte eigentlich sind“, sagt Anke Prinz.
Blickkontakt mit dem Autofahrer
Immer wieder passieren Unfälle, wenn Autos rechts abbiegen und dabei nicht auf Fahrradfahrer achten. Deshalb sollte dem Kind eingebläut werden: Auch wenn ich es laut Verkehrszeichen nicht muss: An Straßen und vor Ausfahrten immer stehen bleiben und schauen, ob ein Auto kommt.
Erst wenn Blickkontakt mit dem Fahrer hergestellt ist, darf das Kind fahren. „Denn nur dann kann ich sicher sein, dass der Autofahrer mich auch gesehen hat“, warnt die Radfahrlehrerin. In dem Zusammenhang ist es auch wichtig, mit den Kindern den Schulterblick zu üben, damit das Kind während der Fahrt schauen kann, was hinter ihm passiert. Für Kinder ist das nämlich auch motorisch eine Herausforderung.
Abstand zu parkenden Autos
Zu parkenden Autos sollte generell ein Abstand von 80 Zentimetern eingehalten werden. Kinder sollten sich der Gefahr bewusst sein, dass die Tür eines parkenden Autos jederzeit aufgerissen werden kann. Anke Prinz rät zu einem Blick in den Seitenspiegel des Wagens, um zu prüfen, ob jemand drin sitzt, der womöglich aussteigen möchte.
Toten Winkel beachten
Hält ein größerer Wagen oder LKW an einer Ampel muss das Kind wissen: Ich muss damit rechnen, dass mich der Fahrer nicht sieht und bleibe solange stehen, bis er weggefahren ist.
Handzeichen üben
Wer nach rechts fährt, streckt den rechten Arm aus, wer nach links fährt, den linken. Hört sich einfach an, für Kinder ist das Fahren mit einer Hand jedoch nicht ganz einfach und sollte deshalb vorher geübt werden. Anke Prinz führt ihre Schüler langsam daran heran: Während der Fahrt sollen die Kinder immer abwechselnd kurz die rechte und die linke Hand vom Lenker wegnehmen. So bekommen sie mehr Sicherheit und schaffen es bald auch, während der Fahrt einen Arm auszustrecken.
Verkehrsregeln kennen
Dass es beim Stoppschild anhalten muss, sollte ein Kind natürlich wissen. „Wichtig dabei ist aber auch, dass es den Fuß dabei auch auf den Boden setzt“, sagt Anke Prinz. „Das möchte die Polizei sehen.“ Gut zu wissen: Bereits Jugendliche ab 12 Jahren können Punkte in Flensburg sammeln. Auch die anderen Verkehrsschilder sollten vor der Fahrt noch einmal gemeinsam angeschaut und eingeübt werden. Auch, dass es nicht in die falsche Richtung auf dem Radweg fahren darf, muss dem Kind klar sein.
Anfahren und Bremsen üben
Beim Anfahren ist es wichtig, dass das Kind sich mehrmals mit einem Bein abstößt und so genügend Anlauf nimmt, bevor es sich hinsetzt und losfährt. Wer direkt aufsteigt und versucht loszufahren, eiert rum und droht, umzufallen oder ist anderen im Weg.
Beim Bremsen ist es wichtig, nicht einfach abzuspringen. Gerade vor Ampeln gilt: Erst richtig bremsen, dann absteigen. Zum Bremsen üben eignen sich auch Hütchen, die das Ziel markieren, bis zu dem gestoppt werden muss.
Ab wann dürfen Kinder mit dem Fahrrad zur Schule fahren?
Eine rechtliche Regelung gibt es nicht. Viele Schulen empfehlen, Kinder nicht vor der Radfahrprüfung in der dritten oder vierten Klasse alleine fahren zu lassen. Verbieten dürfen es Schulen Eltern jedoch nicht, ihre Kinder schon vorher mit dem Rad fahren zu lassen.
Radfahrschule Anke Prinz
Anke Prinz besitzt in Köln die Radfahrschule Anke Prinz. Sie bietet Sicherheitstrainings für Erwachsene, Kinder und schulen an und übt auch gemeinsam mit Kindern und Eltern Schulwege ein und weist auf Gefahrenpunkte hin.
Anke Prinz, die in Köln eine Radfahrschule leitet, gibt jedoch zu bedenken: „Erst ab zwölf sind Kinder in der Lage abzuschätzen, wie schnell ein Auto fährt.“ Auch, wer in der Schule den Fahrradführerschein gemacht hat, habe noch längst keine ausreichende Fahrpraxis.
Eltern sollten mit ihren Kindern deshalb unbedingt vorher gemeinsam einen sicheren Schulweg finden, und ihn gemeinsam erproben. Dazu gehört auch, einen Umweg in Kauf zu nehmen, wenn es dafür eine Ampel gibt, an der das Kind sicher die Straße überqueren kann. „Wenn ich möchte, dass mein Kind alleine mit dem Rad zur Schule fährt, dann bin ich dazu verpflichtet, vorher mit ihm zu üben“, sagt Anke Prinz, die eine Radfahrschule in Köln hat.
Auf ihrem Schulweg sind Kinder laut Allgemeinem Deutschen Fahrradclub (ADFC), unabhängig vom Alter und vom Verkehrsmittel, in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Dennoch bleiben Eltern auch auf dem Schulweg für ihr Kind verantwortlich und müssen dafür sorgen, dass es sein Rad beherrscht und die Verkehrsregeln beachtet.