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Auswirkungen aufs ganze LebenWarum Babysprache nicht gut für das Kind ist

Lesezeit 5 Minuten
imago vater kind sprechen

„Gut ist, wenn Eltern viel beschreiben”, sagt der Kinderpsychologe.

Köln – Die einen schütten ihr Kind mit „Dutzidutzi“-Babysprache zu, andere sprechen so wenig wie nötig mit ihm und manche versuchen, ihrem Wickelkind schon in Schachtelsätzen die Welt zu erklären. Doch was ist eigentlich richtig? Eins ist sicher: Die Art und Weise, wie Eltern schon ganz früh mit ihrem Kind sprechen, kann dessen Entwicklung entscheidend beeinflussen. Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. Stephan Bender von der Uni Köln erklärt, worauf man bei der Kommunikation mit Kindern unbedingt achten muss.

Warum sollten Eltern schon mit ihrem Baby viel sprechen – obwohl es das selbst noch gar nicht kann?

Stephan Bender: Die Sprachentwicklung muss wie jeder andere Muskel trainiert werden. Und über das Hören von Sprache wird automatisch der Teil mit geformt, der später für aktive Sprache zuständig ist. Dass ein Kind Sprache wahrnimmt, ist Grundvoraussetzung dafür, dass es richtig sprechen lernt.

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Sprache ist ja aber noch viel mehr – was erfahren Kinder noch durch verbalen Austausch?

Bender: Neben dem Informationsaustausch geht es natürlich auch um die soziale Interaktion. Sie erfahren dadurch die Zuwendung der Eltern, was wichtig für das eigene Selbstvertrauen ist. Außerdem lernen die Kinder, dass Eltern auch Gefühle haben und wie sie diese ausdrücken. Selbst zu sprechen hilft Kindern später, ein Gefühl für sich zu bekommen und sich selbst zu steuern und zu regulieren.

Wie sollten Eltern mit ihrem Kind sprechen?

Bender: Gut ist, wenn Eltern viel beschreiben. Sie sollten ihrem Kind nicht nur erzählen, wie es ihnen selbst geht, sondern auch das beschreiben, was sie beim Kind selbst wahrnehmen. So lernt das Kind, sich auch noch einmal besser zu verstehen.Die Art, wie Eltern sprechen, sollte altersangemessen sein. Kinder lernen besonders gut, wenn Eltern eine Stufe komplizierter sprechen, als es das Kind gerade selbst tut. Wenn es zum Beispiel noch gar nichts sagt, tun es auch einzelne Wörter und kurze Sätze. Damit das Kind das noch einordnen kann. Spricht man zu kompliziert, nimmt das Kind davon zu wenig mit.

Auf was sollten Eltern beim Sprechen mit dem Kind noch achten?

Bender: Sie sollten über Mimik und Gestik erst einmal Kontakt mit dem Kind herstellen, bevor sie mit ihm reden. Gerade bei aktiven Kindern sollte man sich vergewissern, dass das Kind auch merkt, dass man mit ihm spricht. Eltern müssen natürlich über die Sprache auch Ansagen machen und Grenzen setzen, aber sie sollten auch Fragen stellen und zuhören können. Auf diese Weise bekommen sie mit, wie es ihrem Kind geht und was es schon vom Gesagten verstanden hat. Dadurch können Kinder lernen, dass sie auch etwas zu sagen haben. Und üben auch, selbst zuzuhören.

Kann man falsch mit einem Kind reden?

Bender: Gar nicht gut ist es, wenn Eltern mit aggressivem Unterton, zu kompliziert oder zu verkopft mit dem Kind sprechen. Es merkt, wenn Eltern ihnen mit aufgesetzter Sprache etwas beibringen wollen und ist dann schnell genervt. Eltern sollten lieber einfach formulieren. Und dabei doppelte Botschaften vermeiden. Je authentischer sie sind, desto besser. Sie sollten nicht „Geh nur!“ sagen, wenn sie eigentlich wollen, dass es zuhause bleibt.

Was passiert, wenn Eltern zu wenig mit ihren Kindern sprechen? Wenn sie nur Befehle bellen oder sie vor dem Fernseher parken?

Bender: Nicht mit dem Kind zu kommunizieren ist vielleicht der größte Fehler, den Eltern machen können. Die Sprache, die aus dem Fernseher oder Handy-Video kommt, ist nicht das Gleiche, wie wenn ein Kind aktiv in eine Konversation mit eingebunden ist. Insofern sind Medien überhaupt kein Ersatz für das elterliche Sprechen mit dem Kind.

Eine US-Studie besagt, dass eineinhalbjährige Kinder aus reicheren Familien Gleichaltrigen aus ärmeren Familien in der Sprachentwicklung bereits um Monate voraus sind. Beeinflusst also die Art und Weise, wie Eltern mit dem Kind sprechen, schon früh deren späteres Leben?

Bender: Wenn früh mit Kindern gesprochen wird und dadurch ihr Gehirn entsprechend stimuliert wird, ist das sicher für ihre lebenslange Entwicklung sehr günstig. Die Ausgangsvoraussetzungen sind besser, und das bleibt auch so. Was sich an Denkfertigkeiten und sprachlicher Gewandtheit früh entwickelt hat, das nehmen die Kinder auch für später mit.

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Bei der oben genannten Studie spielten aber sicher auch andere Faktoren eine Rolle. Wenn die Eltern reicher waren, hatten sie vermutlich auch mehr Zeit, um mit ihrem Kind zu sprechen. Und natürlich beeinflusst der IQ der Eltern auch den des Kindes. Und das wiederum dessen Sprachentwicklung.

Müssen sich Eltern eigentlich Sorgen machen, wenn ein Kind spät anfängt zu sprechen?

Bender: Es gibt Kinder, die sprechen sehr früh, andere sprechen spät. Beides ist völlig in Ordnung. Soweit sich das Kind innerhalb des Normbereichs bewegt und der Kinderarzt Eltern bei den U-Untersuchungen nicht darauf hinweist, ist es kein Problem. Wenn sich die Sprachentwicklung allerdings zu lange verzögert, sollte man rechtzeitig aufmerksam werden und das entsprechend fördern.

Können Defizite in der Sprachentwicklung wieder aufgeholt werden – etwa wenn ein Kind ungünstige Startbedingungen hatte?

Bender: Ja, Defizite können aufgeholt werden. Es gibt nicht nur ein kritisches Fenster, in dem Sprache erlernt werden kann. Es wird allerdings schwerer, je länger es sich herauszögert. Je früher interveniert wird, desto leichter können Kinder aufholen.

Vielen Dank für das Gespräch.