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Ende der Maskenpflicht„Dann riskiere ich mit jedem Supermarkt-Besuch mein Leben“

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Für Vorerkrankte bedeutet das Ende der Corona-Schutzregeln weiter isoliert zu sein.

Köln – Was für die einen Grund zur Freude sein mag, ist für geschätzte 21,6 Millionen Menschen in Deutschland Anlass zu massiver Sorge. Seitdem am 3. April ein Großteil der Corona-Beschränkungen aufgehoben wurde, ist das Leben für diese Menschen, die zur Hochrisikogruppe zählen, wieder bedrohlicher geworden. „Dann riskiere ich mit jedem Besuch in der Apotheke oder im Supermarkt mein Leben“, sagt Britta Bauchmüller. Denn eine Infektion mit Sars-CoV-2 wäre für die 32-jährige Redakteurin lebensbedrohlich. Die Kölner Infektiologin Clara Lehmann erklärt, was das Ende der Maskenpflicht für Britta Bauchmüller und andere Risikopatientinnen und -patienten bedeutet, und wie sie dennoch geschützt werden können.

Wer zählt zu den vulnerablen Gruppen?

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Infektiologin und Internistin Prof. Dr. Clara Lehmann ist Leiterin des Infektionsschutzzentrums (ISZ) und der Post-Covid-Ambulanz an der Uniklinik Köln.

Laut Robert Koch-Institut (RKI) gehören in Deutschland rund 21,6 Millionen Menschen zur Corona-Hochrisikogruppe, das ist rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Dazu zählen Menschen ab 65 Jahren und Patienten mit mindestens einer Vorerkrankung, die das Risiko mindestens verdoppelt, bei einer Covid-19-Erkrankung in einer Klinik behandelt werden zu müssen oder zu sterben. Es geht, wie Clara Lehmann erklärt, unter anderem um Diabetes, chronische Nierenbeschwerden, eine schwere Adipositas oder eine Immunschwäche aufgrund immunsupprimierender Medikamente. Immungeschwächt ist auch Britta Bauchmüller. Sie leidet unter mehreren, teils angeborenen Vorerkrankungen, hatte vor vier Jahren ein Schlaganfall, ein Jahr später eine Nierentransplantation. Weshalb sie Medikamente einnehmen muss, die ihr Immunsystem unterdrücken und damit auch die Wirkung der Corona-Impfung. Selbst nach der vierten Dosis hat Britta Bauchmüllers Körper keine Antikörper gebildet.

Gibt es wissenschaftliche Belege für die Schutzwirkung der Masken?

„BA.2, die Omikron-Untervariante, ist laut WHO inzwischen weltweit vorherrschend und schneller übertragbar als ihre hochansteckenden Omikron-Geschwister BA.1 und BA.1.1. Wir wissen, dass sowohl medizinische als auch FFP2-Masken sehr effektiv davor schützen“, sagt Lehmann.

Das hat kürzlich auch ein Forscherteam der Göttinger Max-Planck-Gesellschaft bestätigt. Dessen Studie untermauert, dass beide Formen des Mund- und Nasenschutzes infektiöse Partikel besonders wirkungsvoll aus der Atemluft filtern – vor allem, wenn sie an den Rändern möglichst dicht abschließen. Tragen sowohl die infizierte als auch die nicht-infizierte Person gut sitzende FFP2-Masken, beträgt das maximale Ansteckungsrisiko nach 20 Minuten selbst auf kürzeste Distanz kaum mehr als ein Promille. Sitzen ihre Masken schlecht, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion auf etwa vier Prozent. Trägt nur eine Person eine Maske, erhöht sich das Risiko um ein Vielfaches.

Wie isoliert leben Vorerkrankte?

Seit zwei Jahren ist der Bewegungsradius von Britta Bauchmüller extrem eingeschränkt, sind soziale Kontakte aufs Minimum reduziert. Ihr Lebensmittelpunkt wird jetzt, wo die Corona-Beschränkungen gefallen sind, weiter ihre Einzimmerwohnung in Köln bleiben, wo sie komplett im Homeoffice arbeitet, und das geschützte Zuhause nur verlässt um, abseits der Stoßzeiten, spazieren zu gehen oder die nötigsten Arztbesuche zu erledigen. Ab und zu besucht sie ihre Eltern, die 30 Kilometer von Köln entfernt leben, oder trifft wenige, sehr gute Freunde.

„3G, 2G, 2G plus, Lockdown, Ausgangssperre, das hat alles nicht wirklich Einfluss auf mein Leben. Aber wenn jetzt grundsätzliche Schutzmaßnahmen wegfallen, weiß ich nicht, ob ich mich noch vor die Tür traue“, sagt Bauchmüller. Denn wenn die Maskenpflicht fällt, wird es für sie noch riskanter, mit Menschen in Kontakt zu kommen. „Manches kann ich nicht vermeiden, Apotheken oder Supermärkte, aber ich werde mich noch stärker isolieren müssen, bis die Zahlen runtergehen. Doch vermutlich steigen sie mit Ende der Regeln erst einmal“, befürchtet die 32-Jährige und fügt an: „Ich bin darauf angewiesen, dass die wenigen Menschen, die ich sehe, sich gut schützen, das können sie künftig nicht mehr, wenn die Maskenpflicht an den meisten Orten aufgehoben wird.“

Wie können Menschen, bei denen die Impfungen nicht wirken, geschützt werden?

„Für Patienten, die nicht ausreichend auf eine Impfung ansprechen, können Antikörper als Therapie eingesetzt werden. Leider verändert sich das Virus ständig, so dass auch die nicht mehr so gut funktionieren“, sagt Lehmann. So zeige das so genannte Sotrovimab in Labor-Untersuchungen nicht so gute Wirksamkeit gegen die Omikron-Variante BA.2. Lehmann: „In den USA geht die Gesundheitsbehörde von keiner ausreichenden Wirksamkeit von Sotrovimab gegen BA.2 aus und hat die Autorisierung einschränkt. Auch in Deutschland wird gerade diskutiert, wie es weitergehen wird.“ Dann gibt es laut Lehmann noch die Möglichkeit, vorbeugend und intramuskulär die Antikörper-Kombination Evusheld zu verabreichen. Das Präparat ist gegen das Oberflächen-Spike-Protein von SARS-CoV-2 gerichtet und hat eine Halbwertszeit von rund sechs Monaten.

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Welche anderen Medikamente sind zugelassen?

Laut Lehmann stehen zur Behandlung von Covid-19 derzeit zwei orale antivirale Therapien zur Verfügung, die aber verschreibungspflichtig sind und nur für Hochrisiko-Patienten zugelassen sind. Sie heißen Paxlovid und Molnupiravir und müssen, so Lehmann, innerhalb von fünf Tagen nach Beginn der Symptome eingenommen werden. „Zudem gibt es auch das Medikament Remdesivir, das so früh wie möglich über die Vene verabreicht wird.“

Wie sind die Erfahrungen mit der Therapie?

In Köln können Patienten laut Lehmann nach den aktuellsten internationalen Empfehlungen behandelt werden. „Für die orale Therapie mit Paxlovid oder Molnupiravir stellen Haus- und Fachärzte die jeweiligen Verordnungen aus. „Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, sollten mit ihrem Arzt auch über Evusheld als Prophylaxe sprechen.“

Was wünschen sich Vorerkrankte wie Britta Bauchmüller?

„Es geht mir nicht darum, was in Kneipen oder bei Konzerten gilt, diese Besuche sind für mich eh seit Langem tabu. Aber die Maskenpflicht müsste an den Orten weiter gelten, die wir Risikopatienten nicht vermeiden können, in Supermärkten, Drogerien, Apotheken, Ämtern und im ÖPNV. Auch auf Taxis sind viele gerade alte oder vorerkrankte Menschen angewiesen“, sagt Bauchmüller und fügt an: „Ich habe Glück und kann mich gut isolieren. Ich lebe und arbeite alleine in meiner Wohnung. Aber was ist mit Familien, die vorerkrankte Angehörige haben, nicht umsonst werden sie Schattenfamilien genannt, oder mit denjenigen, die in ihrem Job Kontakt mit Menschen nicht vermeiden können?“

Eine Maske zu tragen, sei die einfachste und effizienteste Maßnahme. Nach zwei Jahren hätten sich die meisten daran gewöhnt. Es sei doch schwieriger, meint die Redakteurin, die Maskenpflicht jetzt aufzuheben und im Zweifel wieder einzuführen, als sie an genannten Orten direkt beizubehalten. „Ich hoffe, dass viele Länder die Hotspot-Regelung nutzen und an Orten, die wir nicht meiden können, an der Maskenpflicht festhalten.“

Was sollte die Allgemeinheit tun?

Lehmann: „Die Pandemiemüdigkeit hält leider einige Menschen davon ab, vernünftige Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, Masken zu tragen, sich impfen zu lassen und soziale Distanz zu wahren. Um Risikopatienten zu schützen, sollte man diese Grundsätze weiter einhalten und auch über andere Möglichkeiten nachdenken, wie etwa eine vorbeugende Antikörpergabe.“ Bauchmüllers Wunsch an die Allgemeinheit: „Dass viele Menschen im Supermarkt weiterhin eine Maske tragen, egal was die Politik entscheidet.“

Was würde eine vierte Impfung bringen?

„Während in weiten Teilen der Bevölkerung noch über den Wert einer weiteren Auffrischungsimpfung diskutiert wird, sind die meisten Experten der Meinung, dass Über-60-Jährige und immungeschwächte Personen wahrscheinlich davon profitieren“, sagt Lehmann. „Eine rechtzeitige Auffrischungsimpfung veranlasst den Körper, seine Antikörperabwehr zu verstärken, und hilft anderen Teilen des Immunsystems, wie etwa den T-Zellen, sich besser daran zu erinnern, wie sie das Virus bekämpfen können."