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Sparen beim HeizenMacht eine kalte Wohnung schneller krank?

Lesezeit 5 Minuten
Eine Frau liegt mit einer Decke und einem Schal auf einem Sofa und putzt sich mit einem Taschentuch die Nase.

Erhöht eine sparsam beheizte Wohnung das Risiko, sich zu erkälten?

Die Heizkosten steigen. Wer seine Heizung in diesem Winter etwas kälter lässt, kann mitunter viel Geld sparen. Aber macht eine kalte Wohnung krank? Oder spielt die Raumtemperatur bei einer Erkältung gar keine Rolle?

„Zieh dich warm an, sonst erkältest du dich!“ Diesen Satz hat wohl jeder Mensch zumindest in der Kindheit schonmal gehört. Doch wie viel Wahrheit steckt hinter dieser Aussage? Aktuell versuchen Menschen in Deutschland, Energie und Heizkosten zu sparen, die Wohnung bleibt etwas kälter. Wie wirkt sich das auf die Gesundheit aus? Der Fall scheint klar, steckt doch das Wort „Kälte“ bereits im Begriff „Erkältung“. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht.

So ist das Frieren zwar eines der Symptome während einer Erkältung. Bis heute gibt es aber keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, nach denen Kälte die alleinige Ursache einer Erkältung ist. „Kälte allein kann nicht krank machen“, sagt der Kölner Arzt Dr. Tim Knoop.

Keine Erkältung ohne Erreger

Denn für eine Erkältung braucht es immer auch Erkältungserreger. Ohne geht es nicht. „Wir gehen aktuell davon aus, dass es einen Krankheitserreger braucht, um krank zu werden – sei es jetzt ein Virus oder ein Bakterium“, sagt Knoop. Sie lösen den grippalen Infekt aus, der im Volksmund vorzugsweise als Erkältung bezeichnet wird. Ist der Begriff einfach nur eine Verwechslung von Ursache und Wirkung?

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Die Differenzierung ist schwierig. Weil ein grippaler Infekt sich häufig schleichend ausbreitet. Nicht umsonst sagt man, dass eine Erkältung drei Tage kommt, drei Tage bleibt und drei Tage geht. Fangen Erkrankte im frühen Stadium des Infekts an, zu frieren und setzen kurz darauf die anderen Symptome ein, scheint die Schlussfolgerung klar: „Dann sagt man im Nachhinein vielleicht: ‚Ach ja, da habe ich ja so gefroren.‘ Dabei war das schon der Beginn des Infekts, der den Körper da beschäftigt hat“, zeigt Knoop ein mögliches Missverständnis auf.

Alles, was wir zum Krankwerden brauchen, haben wir immer dabei.
Dr. Jürgen Zastrow

Spielt Kälte beim Auslösen eines grippalen Infekts also gar keine Rolle? Ganz so unbeteiligt ist sie auch nicht. „Das Wort Kälte kommt schon zurecht im Wort Erkältung vor“, findet Dr. Jürgen Zastrow, ebenfalls Arzt aus Köln. Zwar können kühle Temperaturen allein keinen grippalen Infekt auslösen, „dafür braucht es Erreger“, sagt auch Zastrow.

Aber: „Die tragen wir bereits ständig in unserem Körper. Es braucht also nicht unbedingt externe Erreger, die haben wir schon bei uns. Alles, was wir zum Krankwerden brauchen, haben wir immer dabei.“ Bakterien und Viren finden sich in einer Vielzahl im menschlichen Körper wieder, auch in einem gesunden.

Kälte entschleunigt das Immunsystem

Diese Erreger hat unser Immunsystem in der Regel gut im Griff. Um zu funktionieren, braucht es aber eine gewisse Temperatur. „In unserem Immunsystem ist es wie früher im Chemieunterricht. Wenn man zwei Reagenzien zur Reaktion bringen will, dann macht man das warm. Das passiert im Körper auch“, erklärt Zastrow und gibt ein Beispiel: „Warum bekommt der Mensch Fieber? Weil unter Fieber im Körper alle Reaktionen schneller ablaufen. Und bei Kälte passiert genau das Gegenteil.“

Das bemerke man beispielsweise auch, wenn man bei Halsschmerzen ein Eis esse. Das sei erst angenehm, kühle und habe einen kleinen Betäubungseffekt. „Aber nach zwei bis drei Stunden explodieren die Halsschmerzen, weil das Immunsystem im Hals heruntergefahren wird“, durch den Kältereiz. Besonders auf die eigene Temperatur achten sollte man laut Zastrow an den Füßen. „Wer kalte Füße hat, wird als Reaktion in der Nase geschwollene Schleimhäute ernten. Die Füße sollten in der Erkältungszeit also warmgehalten werden.“

Allerdings ist Kälte natürlich nicht gleich Kälte. Von einem Kältereiz spricht Zastrow bei allem, „was unter zehn Grad ist oder den Körper länger auskühlt.“ Temperatursenkungen, die nicht so groß ausfallen, seien gar nicht schlimm. So zum Beispiel das Eisbad nach der Sauna, da es zeitlich sehr begrenzt ist. Oder das Absenken der Raumtemperatur durch ein zurückhaltendes Heizverhalten, da der Temperaturunterschied nicht allzu groß ausfällt.

Infektionsrisiko in Räumen höher

Kälte wirkt sich aber auch noch in einem größeren Kontext auf unsere Gesundheit aus. Sie beeinflusst nämlich Faktoren, die das Risiko eines grippalen Infekts erhöhen. Und begünstigt so in bestimmten Fällen dann doch eine Erkältung. Nicht direkt, sondern über Umwege.

Spätestens im ersten Winter der Corona-Pandemie waren sie überall ein Thema: geschlossene Räume und ihr Infektionsrisiko. Je kälter es draußen ist, desto häufiger treffen sich Menschen drinnen. Dort ist das Risiko, sich Krankheitserreger einzufangen, deutlich höher als an der frischen Luft. Denn in geschlossenen Räumen steht die Luft, mit Erregern besetzte Aerosole verflüchtigen sich kaum. So steigt die Menge an Krankheitserregern in der Luft. Und damit auch die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken.

Viren sind bei Kälte beständiger

Hinzu kommt die Beständigkeit von Krankheitserregern, die eine Erkältung auslösen. „Viren fühlen sich bei niedrigeren Temperaturen auf jeden Fall wohler, das spielt sicherlich eine Rolle“, sagt Knoop.

Und auch die Luftfeuchtigkeit ist wichtig. Kalte Luft kann nicht so einfach Wasser aufnehmen wie warme, sie ist also trockener. Das wirkt sich auch auf die Schleimhäute aus, sind diese trocken, ist das Immunsystem angeschlagen. Außerdem verdunstet der flüssige Teil der mit Erregern besetzten Aerosole, die erkrankte Menschen ausatmen, wenn die Luft trocken ist. Das macht sie leichter, lässt sie länger in der Luft schweben. Und erhöht letztendlich die Chancen, in die Atemwege eines anderen Menschen zu gelangen und sich dort auszubreiten.

Weniger heizen: Arzt sieht „keine Gefahr für die Gesundheit“

Doch was bedeutet all das für die eigene Wohnung? Erhöhen zwei Grad weniger bei der Raumtemperatur schon das Risiko, sich zu erkälten? Zastrow verneint das. Der Mediziner würde ein moderates Absenken der Raumtemperatur „nicht als Infektreiz ansehen wollen.“ Zumal man sich beispielsweise auch mit etwas wärmerer Kleidung behelfen kann, sollte es etwas zu kalt werden.

Knoop sieht das genauso. Sicherlich sei es so, dass die Abwehrfunktion des Körpers bei extremer Kälte heruntergesetzt werde. „Aber wenn es ein bisschen kühler ist, sollte das keine Rolle spielen.“ Abschließend sieht er „keine Gefahr für die Gesundheit, wenn man aktuell weniger heizt und die Temperatur in der Wohnung um ein, zwei Grad absenkt.“

Wenn es aber vor die Tür geht und der Kältereiz größer wird, ist es sinnvoll, auf Eltern und Großeltern zu hören. Und sich warm anzuziehen.