Melbourne – Die Infektionskrankheit Gonorrhö, auch Tripper genannt, kann möglicherweise auch durch Zungenküsse übertragen werden und nicht nur durch Geschlechtsverkehr oder Oralsex. Das sagen australische Forscher, die eine Studie dazu im Fachblatt „Sexually Transmitted Infections“ veröffentlicht haben.
Gonorrhö ist eine der am häufigsten sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten weltweit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt jedes Jahr 78 Millionen Fälle. Und die Fallzahlen steigen wieder. Weil seit 2001 keine Meldepflicht mehr besteht, gibt es für Deutschland laut Robert-Koch-Institut (RKI) allerdings keine aussagekräftigen Zahlen. Einzig in Sachsen besteht weiter eine Labormeldepflicht. Hier wurde von 2003 bis 2011 eine Verdopplung der gemeldeten Infektionen beobachtet.
Mit dem Gonorrhö-Erreger infizieren sich vor allem junge Erwachsene
Der Gonorrhö-Erreger ist ein Bakterium, das die Schleimhäute befällt, vor allem beim Geschlechtsverkehr, oral oder genital, aber auch unter der Geburt. Nach der Ansteckung dauert es etwa zwei bis sechs Tage bis Symptome auftreten. Beim Mann meist ein eitriger und schmerzhafter Ausfluss aus der Harnröhre. Betroffen sind überwiegend junge Erwachsene im Alter von 15-25 Jahren, so die Deutsche STI-Gesellschaft, die über sexuell übertragbare Krankheiten informiert.
Effektivste Schutzmaßnahme ist, ein Kondom zu benutzen. Doch nun legt die neue Studie nahe, dass auch Zungenküsse als Übertragungsweg infrage kommen.
Bei ihrer Untersuchung schauten die Wissenschaftler um Eric Chow auf die oropharyngeale Gonorrhö, die den Rachenraum befällt. In einem öffentlichen Gesundheitszentrum in Melbourne führten sie eine Umfrage bei homo- und bisexuellen Männern durch. Die Teilnehmer sollten Angaben zu ihren Sexualpartnern in den vergangenen drei Monaten machen und zu ihren Praktiken in drei Kategorien: Küssen ohne Sex, Sex ohne Küssen und Küssen mit Sex.
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81 Prozent höheres Risiko bei Sex und Zungenküssen
Von den mehr als 3600 Teilnehmern hatten sich sechs Prozent mit Gonorrhö im Rachenbereich infiziert. Die Auswertung ergab, dass das Risiko, sich mit dieser Form von Tripper anzustecken, für sich küssende Männer höher ist. Um 46 Prozent größer war das Ansteckungsrisiko für Teilnehmer der Studie, die vier oder mehr Kuss-Partner hatten im Vergleich zu jenen, die nur einen oder keinen Partner zum Küssen hatten.
Teilnehmer, die Zungenküsse und Sex austauschten und mehr als vier Partner hatten, hatten sogar ein um 81 Prozent höheres Risiko im Vergleich zu denen, die maximal einen Partner in dieser Kategorie hatten.
Unklar, ob Küssen die Ursache für die Übertragung ist
Doch wie aussagekräftig ist die Analyse? Es ist eine Beobachtungsstudie, das betonen auch die Wissenschaftler selbst und schränken ein, dass sie aus diesem Grund nicht nachweisen können, ob Küssen auch tatsächlich Ursache für die Übertragung von Tripper ist. Doch die Untersuchung deute darauf hin, dass eine Infektion von Rachen zu Rachen unterschätzt werde. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Küssen mit oder ohne Sex ein Risikofaktor für oropharyngeale Gonorrhö sein könnte“, schreiben die Autoren.
Oft sind die Symptome unspezifisch und bleiben lange unerkannt. Chlamydien, Tripper, Syphilis: Was jeder über Geschlechtskrankheiten wissen sollte – einen unaufgeregten Überblick lesen Sie hier. (ef)