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Experten schätzen Lage einZahl der Atemwegserkrankungen im Juli auf Rekordniveau

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Rotznase und Halsschmerzen – und das im Sommer. Für Millionen Deutsche ist das momentan Alltag. (Symbolbild)

Rotznase und Halsschmerzen – und das im Sommer. Für Millionen Deutsche ist das momentan Alltag. (Symbolbild)

Mehr als fünf Millionen Menschen in Deutschland haben aktuell eine Atemwegserkrankung. Was sind die Gründe? Und wie sind die Aussichten?

Husten, Schnupfen, Fieber – diese Symptome kennt man besonders aus der kalten Jahreszeit, wenn Grippe und Co. zugeschlagen haben. Doch genau diese Krankheitsbilder plagen aktuell Millionen Menschen in Deutschland – und das mitten im Sommer. Denn hierzulande gehen aktuell akute Atemwegserkrankungen um.

Das ist ungewöhnlich angesichts der aktuellen Temperaturen, bei denen es normalerweise seltener zu Infektionen kommt. Die Bilanz dieses Jahr allerdings liest sich so: Etwa 5,1 Millionen Menschen hat das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem aktuellen Wochenbericht mit einer akuten Atemwegserkrankung erfasst. Das ist ein neuer Negativrekord für diese Jahresjahreszeit, zumindest seit 2011, seit diesem Jahr werden Daten hierzu erfasst. Eine echte Sommerwelle also, für die Experten auch Gründe sehen.

Atemwegserkrankungen grassieren in Deutschland – Zahl der Erkrankten auf Rekordniveau für Juli

„Eine Erklärung ist mit Sicherheit die Europameisterschaft“, sagt der Virologe Martin Stürmer gegenüber „ZDFheute“. Die Großveranstaltung ziehe viele Menschen ins Land, zudem sei der zwischenmenschliche Kontakt unter den Fans „deutlich intensiver, deutlich inniger“, so der Virologe. Ein zweiter Grund sei das regnerische und bislang verhältnismäßig über weiter Strecken kühle Sommerwetter. „Das begünstigt eher die Verbreitung von Erregern.“

Dominiert wird das Infektionsgeschehen bei den akuten Atemwegserkrankungen laut RKI von „Erkältungsviren wie Rhinoviren“. Gefährlich werden diese selten. Die Zahl der schweren Verläufe sei auf einem „niedrigen Niveau“ heißt es vom RKI. „Im Prinzip kann man eine Erkrankung und die Symptome einfach aussitzen“, erklärt Martin Stürmer im ZDF.

Corona-Infektionen steigen

Doch auch die Corona-Fallzahlen steigen. Sowohl die Zahl der coronabedingten Arztbesuche als auch die Krankenhausneuaufnahmen nehmen zu, wie das Infektionsradar des Bundesgesundheitsministeriums verdeutlicht. Und auch im Abwassermonitoring sei eine größere Viruslast aufgefallen.

Gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) hatte der wohl bekannteste deutsche Virologe, Christian Drosten, eine Corona-Sommerwelle bereits prognostiziert. „Da ist die Variante KP.3, die in sehr vielen Ländern kursiert – auch in Deutschland“, führte er als Begründung an.

Neue „FLiRT-Variante“ dominiert das Infektionsgeschehen

KP.3 gehört zu den sogenannten „FLiRT-Varianten“ und ist Nachkomme der Omikron-Sublinie JN.1. KP.3 war laut RKI zuletzt die dominierende Corona-Variante in Deutschland. Hausärztinnen und Hausärzte wie Elke Cremer zeigten sich von der Anzahl der Fälle jüngst beunruhigt. „Wir haben Sommer-Covid“, bilanzierte die Ärztin aus dem Rhein-Sieg-Kreis Anfang Juli im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auch sie schließt einen Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft nicht aus.

Arzt und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht schätzt die Lage im ZDF so ein: „Die grippalen Infekterreger gehen jetzt allerdings schon wieder ein wenig zurück. Corona kommt anteilsmäßig etwas stärker.“ Das sei aber noch nicht beunruhigend. KP.3 sei keine besonders gefährliche Variante, so Specht. Üblich seien laut Experten milde Krankheitsverläufe, dennoch könne es auch hier vereinzelt zu schweren Verläufen kommen.

„Steigende Inzidenzen auch außerhalb der kalten Jahreszeit werden wir vielleicht noch einige Jahre sehen“, prognostizierte Drosten beim RND. Bis dato empfehlen Experten, sich wieder vermehrt zu testen, sofern Symptome auftreten, auf Hygiene zu achten und gegebenenfalls auch Masken zu tragen.