Nager-Befall in der WohnungWie bekomme ich die Maus aus dem Haus?

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Wohin mit der toten Maus?

Köln – Kollegin Jenny M. liebt Tiere. In ihrer Wohnung aber nur diejenigen, denen sie explizit den Zutritt erlaubt hat. Der Maus, die vor drei Tagen durch die Küche flitzte, hatte sie das nicht. Die war urplötzlich da. In der ersten Etage eines Ehrenfelder Mietshauses. Blieb für drei Tage. Und mit ihr allerhand Fragen: Wo kommt die her – und wie wieder raus? Ist sie alleine? Welche Falle ist die richtige? Und wann muss ich einen Schädlingsbekämpfer einschalten? Wir haben Expertinnen und Experten um Antworten gebeten.

In Kölner Baumärkten waren Mausefallen ausverkauft. Spricht das für eine Plage in der Stadt?

Barebel Holl

Bärbel Holl ist Vorsitzende des Vereins zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung (VFOES e.V.)

Nein, Katja Reuter spricht von einem „leicht erhöhten Mäuse-Aufkommen in Kölns privaten oder öffentlichen Wohnräumen“. Die Stadt-Sprecherin nennt als Grund das verstärkte Lüften im Zuge der Corona-Maßnahmen, das den Tieren den Zugang in die Gebäude erleichtere. Auch Knut Bramer ist zwar seit Jahren gleichbleibend oft gerade in den Herbstmonaten „in Sachen Mausbefall“ im Einsatz. Vermehrt jedoch seit der Pandemie.

„Die Gastronomie hatte lange Zeit geschlossen, da haben sich die Tiere auf Nahrungssuche in die darüber und nahegelegenen Wohnungen begeben“, sagt der IHK-geprüfte Kölner Schädlingsbekämpfer, „durch Corona ist zu Licht gekommen, was in der Stadt im Argen liegt: die vielerorts ungünstige bauliche Situation.“ Bramer meint damit über Straßenzüge hinweg verbundene Dachstühle, via die die Tiere auch in Dachwohnungen dringen, schlecht verbaute und ungesicherte Versorgungsschächte oder Kanalleitungen. Und was hat es mit dem Ausverkauf von Mausefallen auf sich? Den erklärt Bärbel Holl, Vorsitzende des Vereins zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung e.V., mit den Corona-bedingten Lieferschwierigkeiten und den massiv erhöhten Metallpreisen.

Woran erkennt man, ob Mäuse in der Wohnung sind? „Kotspuren, kleine schwarze Punkte, die Sesamkörnern ähneln und meist in den Raumecken hinterlassen werden, verraten, dass es tierische Mitbewohner gibt“, sagt Bärbel Holl. Mit dem Auge erkennbar seien auch Fraß- und Biss-Schäden wie angeknabberte Kabel und/oder Wollflusen, Styroporkügelchen, Holzspäne, die die Tiere gerne dort hinschleppen, wo sie sie zum Nestbau benötigen, etwa zu Löchern und Ritzen in der Wand.

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Knut Bramer ist IHK geprüfter Schädlingsbekämpfer aus Köln und Mitglied des Schädlingsbekämpfer Verbandes NRW e.V. 

„Leider nicht zu sehen, aber zu riechen, sind die Urinspuren der von Natur aus blasenschwachen Tiere, die sie überall hinterlassen, wo sie herlaufen, doch auf hellem Untergrund sind sie sichtbar und können bei regelmäßigem Überlaufen zu kleinen Urinkegeln werden“, sagt Holl. Schließlich gibt es die akustischen Hinweise: „Mäuse werden aktiv, wenn es im Haus ruhig ist, dann kann man ihr Getrappel in der Decke, in Hohlräumen und unter Böden hören“, sagt Bramer. Da Hausmäuse im Gegensatz zu Ratten nicht in Rudeln leben, beschränkt sich der Befall meist auf wenige Tiere, da sie aber auf ihre Familie angewiesen sind, ist in den meisten Fällen davon auszugehen, dass es sich um mehr als nur ein Exemplar handelt. Holl hat dafür eine Faustregel parat: „Eine Maus frisst am Tag zwischen zwei und drei Gramm, wenn in kurzer Zeit ein ganzer Apfel fort ist, deutet das auf einen größeren Befall hin.“

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Welche Schäden können die Tiere an Mensch und Haus anrichten? Von Mäusen kann eine Gefahr für die Gesundheit ausgehen, „aber wie oft fälschlicherweise behauptet, wird das Hantavirus nicht von Hausmäusen auf den Menschen übertragen“, betont Holl. Das Robert Koch-Institut (RKI) schreibt auf seiner Homepage, dass als Überträger hierzulande Rötelmäuse bekannt sind. Und: „Nur weil eine Maus durch meine Wohnung läuft, werde ich nicht gleich krank“, entwarnt Holl.

Da Hausmäuse aber über ihren Kot oder Urin Salmonellen-Infektionen und andere Darmerkrankungen übertragen können, rät sie dazu, Flächen, auf denen Essen zubereitet wird, feucht zu reinigen und zu desinfizieren und dabei Handschuhe zu tragen. Mäuse können zudem Schäden in und an Gebäuden anrichten. „Aufgrund ihrer unablässig wachsenden Nagezähne müssen Mäuse alles Auffindbare annagen, um sie abzuwetzen“, sagt Holl und meint mit „alles“, wirklich alles – von Couchmöbeln über Kabel und Türrahmen bis hin zu Putzschwämmen. „Da es Mäuse auch auf Kunststoff-Ummantelungen abgesehen haben, können sie elektrische Geräte und Anlagen außer Gefecht setzen“, sagt Bramer.

Wie kommt eine Maus in die erste Etage eines Mietshauses mitten in Ehrenfeld? „Mäuse finden den Weg in die Wohnhäuser meist über geöffnete oder gekippte Fenster, Türspalte, Kabelkanäle, Kellergänge oder auch Versorgungsleitungen. Insbesondere Gebäudeschäden begünstigen die Zuwanderung, nicht selten flitzen Mäuse über schlecht verlegte Rohre hinter Rigips-Wänden oder Lüftungsschlitze in der Fassade ins Innere“, sagt Bramer. Und auch Holl rät zur Achtsamkeit, was die Eintrittsmöglichkeiten ins Gebäude betrifft.

Schließlich „genügt ein fünf Millimeter großes Loch, so groß, wie der Mäusekiefer breit ist, den Rest beißt sie sich millimeterweise frei.“ Ein weiteres Problem: Immer mehr Menschen stellen Vogelfutter auf dem Balkon bereit, das lockt Ratten und Mäuse an.

Welche Fallen sind effizient ohne die Tiere zu quälen? In einem sind sich Tierschützer einig: An die Größe der Nager angepasste, solide konstruierte Schlagfallen gehören zu den schonendsten und wirksamsten Methoden, um Mäuse zu bekämpfen. „Sie sollten tierschutzzertifiziert und aus Kunststoff sein, zwischen vier und sechs Euro kosten und sie müssen stark und genau zuschlagen, damit die Tiere sofort und schmerzlos getötet werden“, sagt Holl. Und sie erklärt, welche Fallen hierzulande tierschutzwidrig sind: „Alle Leimfallen, auf denen die Tiere lebend kleben bleiben und anschließend qualvoll verhungern oder verdursten.“ Holl, Bramer und auch das Bundesumweltministerium raten zudem von Lebendfallen ab. „Aus Tierschutzsicht ist bedenklich, dass Mäuse darin panische Angst kriegen, dass sie per Gesetz in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden müssen, und dass die Tiere nach der Freilassung in einem fremden Revier, etwa im Park kaum Überlebenschancen haben“, sagt Holl.

Auch tabu seien die meisten der im Handel angebotenen Holzfallen, da sie nicht genügend Schlagkraft hätten und den Mäusen häufig nur ein Gliedmaß abtrennen würden. Überhaupt nicht effizient seien Ultraschallwellengeräte. „Ich habe noch nie gehört, dass jemand damit eine Maus vertrieben hat“, sagt Bramer. Auch Giftköder sollten keinesfalls in Laienhände geraten. „Die in Baumärkten angebotenen Gifte sind nicht effizient, sie müssten in großen Mengen gefressen werden “, sagt Holl und verweist auf das Problem einer möglichen Sekundärvergiftung von Haustieren durch falsche oder unsachgemäße Anwendung. „Giftköder sind ein Fall für uns Experten.“

Wo genau und wie stelle ich die Fallen richtig auf? Bramer erklärt, wie die Schlagfallen richtig positioniert werden: „Nicht mitten im Raum sondern nah an der Wand, da sie sonst wegrutschen können. Sie sollten mit der Kante, an der sich der Auslösemechanismus befindet, zur Wand gerichtet aufgestellt werden.“

Holl rät grundsätzlich dazu, mehrere Fallen aufzustellen, „Mäuse lernen schnell, dass von den Fallen eine Gefahr ausgeht, dann gehen sie da nicht mehr ran.“

Welche Lockmittel verwendet man in der Falle? „Nougatcrème oder Erdnussbutter sind erfolgsversprechend“, sagt Holl. Auch angerösteter Speck und Müsliriegel seien beliebt bei Mäusen, „besser aber sind weiche Substanzen, da Mäuse Beute wie Speck, Müsli und auch die gerne verwendeten Käsestücke aus der Falle tragen können, besser ist Beute, die weggeschleckt werden kann“.

Wenn die Falle zugeschnappt hat: Wohin dann mit der toten Maus? „Handschuhe anziehen, den Kadaver in eine Tüte packen und die Tüte samt toter Maus in die Restmülltonne schmeißen“, sagt Bramer.

Ab wann sollte man einen Schädlingsbekämpfer einschalten, woran erkennt man seriöse Anbieter? Und wer übernimmt die Kosten? „Wenn man die Maus auch nach drei Tagen noch nicht erwischt hat oder von einem größeren Befall auszugehen ist, sollte man Experten zu Rate ziehen“, sagt Holl. Die Kosten dafür würden in der Regel die Vermieter übernehmen. Zu erkennen sei ein seriöser Anbieter, also ein Fachbetrieb unter anderem daran, dass er auf seiner Homepage im Impressum seinen genauen Firmensitz samt Adresse und Festnetznummer angibt und nicht nur eine Handynummer, Mitglied in einem der beiden einschlägigen deutschen Schädlingsbekämpfungsverbände ist (Verein zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung und Deutscher Schädlingsbekämpferverband e.V.), eine Ausbildung und Zertifikate vorweisen kann, vorab telefonisch berät, eine mögliche Bekämpfungsstrategie vorstellt, grob über die anfallenden Kosten informiert und sich vor Ort nicht bar bezahlen lässt, sondern eine Rechnung stellt.

Wie kann man verhindern, dass sich Mäuse in die Wohnung verirren? Zu den baulichen Präventionsmaßnahmen zählen laut Holl und Bramer etwa offensichtliche Durchgänge (Lüftungsrohre, marode Dehnungsfugen oder Dachhohlräume) mit nagesicheren Materialien wie Metall, Beton oder Pasten abzudichten, Türspalte mit Besen- oder Lippenleisten zu versehen, Fenster mit Fliegengittern oder Kaninchendraht zu sichern und Hauswandbegrünungen regelmäßig bis einen Meter unterhalb der Dachrinne zu entfernen. Auch Hygienemaßnahmen helfen, Mäuse nicht anzulocken, so sollte der Müll regelmäßig entsorgt, Nahrungsmittel nicht offen gelagert oder als Deko verwendet werden. Und: Auf Vogelfütterung auf dem Balkon verzichten!

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