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Quarantäne, ÜbernachtungsverbotWas Urlaubern aus den deutschen Risikogebieten droht

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Berlin ist ein beliebtes Reiseziel in den Herbstferien: Wird der Besuch in der Bundeshauptstadt dieses Jahr möglich sein?

  1. Bei Reisen in ein Risikogebiet im Ausland gilt eine Quarantäne- und Testpflicht.
  2. Doch wie ist es bei Reisen in Deutschland? Auch hier nehmen die Regionen mit hohen Infektionszahlen zu.
  3. Die Regeln sind allerdings uneinheitlich und dadurch unübersichtlich.

Köln – Vor ein paar Wochen schien es angesichts konstant niedriger Corona-Zahlen eine gute Idee zu sein, hoch im Norden zum Beispiel in Arnis an der Schlei – gleich hinter Kappeln – diese eine, fantastische Ferienwohnung für eine Woche in den Herbstferien zu reservieren, bevor sie wieder weg ist. Nachdem allerdings jetzt Schleswig-Holstein angesichts steigender Zahlen seine verschärften Corona-Maßnahmen bekanntgab, wird sich zeigen, wie gut die Idee war. Also mal nachgefragt. „In welchem Stadtteil von Köln leben Sie denn?“, fragte die freundliche Dame von der Wohnung, „das könnte am Ende entscheidend sein.“ Und man müsse noch mal abwarten, wie sich die Zahlen und die Vorgaben entwickeln. Und nein, das ist nicht die Auskunft, die man sich kurz vor den Ferien erhofft.

Sicher ist: Bei Reisen in ein Risikogebiet im Ausland gilt für Rückkehrer eine Quarantäne- und Testpflicht. Bei Reisen innerhalb Deutschlands ist die Lage nicht ganz so klar, die Regeln sind uneinheitlich und somit unübersichtlich.

Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was gilt als Risikogebiet? Und welche Regeln gibt es da?

Regionen und Staaten, in denen es nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in den letzten sieben Tagen pro 100.000 Einwohner mehr als 50 Neuinfektionen gab – das ist der sogenannte Inzidenzwert – , können als Risikogebiete ausgewiesen werden. Für das Ausland nehmen diese Einstufung das Bundesgesundheitsministerium, das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt gemeinsam vor und stellen eine Liste zusammen.

Für innerdeutsche Risikogebiete gibt es aufgrund der föderalen Struktur des Staates keine solch einheitliche Liste. Jedes Bundesland entscheidet für sich, welche Gegend als Risikogebiet eingestuft wird und was das für Reisende bedeutet.

Welche Städte und Regionen in Deutschland haben einen Inzidenzwert über 50?

Nach den Angaben des Robert-Koch-Instituts lagen am Dienstag die NRW-Städte Hamm (94,9) und Remscheid (63,1) über dem kritischen Wert. Ebenso der niedersächsische Landkreis Vechta (55,1). In Berlin sind aktuell die Bezirke Mitte (60,9), Friedrichshain-Kreuzberg (53,5), Tempelhof-Schöneberg (54,0) und Neukölln (79,2) besonders betroffen.

Wo gibt es Einschränkungen? Und welche?

Die Bewertungen und Maßnahmen sind jeweils Ergebnisse dynamischer Entscheidungsprozesse – gesundheitliche und politische Aspekte spielen eine Rolle. Im einzelnen stellte sich die Lage am Dienstag so dar:

Schleswig-Holstein hat zunächst einmal die stark betroffenen Berliner Bezirke Mitte, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg sowie die NRW-Städte Hamm und Remscheid als Risikogebiete im Inland ausgewiesen. Wer von dort in das Land zwischen den Meeren einreist, muss sich sofort 14 Tage in Quarantäne begeben oder zwei negative Corona-Tests innerhalb von fünf Tagen vorweisen.

Allerdings hat die Landesregierung in Kiel am Dienstag signalisiert, dass sich ihre bisherige Einstufung von inländischen Corona-Risikogebieten noch ändern kann. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) erklärte, Schleswig-Holstein wolle eine bundeseinheitliche Regelung.

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In Rheinland-Pfalz müssen sich Reisende aus den deutschen Risikogebieten direkt in eine 14-tägige Quarantäne begeben. Ausnahme: Die Touristen können ein ärztliches Attest vorlegen, das nach einem Corona-Test bestätigt, dass es keine Anhaltspunkte für eine Corona-Infektion gibt. Der Test darf maximal 48 Stunden vor der Einreise genommen worden sein.

Mecklenburg-Vorpommern weist die NRW-Städte Hamm, Remscheid und das niedersächsische Vechta als Risikogebiet aus, nicht aber die vier Hauptstadtbezirke – weil Berlin und die dortigen Infektionszahlen bei der Risikobewertung als ein Ganzes betrachtet werden. Und Berlin als Ganzes liegt noch deutlich unter dem 50/100 000-Inzidenzwert.

Hessen, Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und das Saarland richten sich bei der Ausweisung von inländischen Risikogebieten nach den Vorgaben des RKI. In diesen Bundesländern gilt derzeit keine Quarantäne für Reisende aus inländischen Risikogebieten. Es gelten aber Übernachtungsverbote für Hotel- und Pensionsgäste – Ausnahme: Wer unter anderem einen negativen Corona-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist, vorlegt, darf in der Regel dort auch übernachten.

Berlin, Niedersachsen und Bremen weisen aktuell keine inländischen Risikogebiete aus, es gibt also momentan keine Einschränkungen.

Darf ich aus NRW noch nach Berlin reisen? Und was passiert bei der Rückkehr?

Wer für die Herbstferien einen Besuch der Bundeshauptstadt eingeplant hat, muss bei der Rückkehr nach NRW keine Quarantäne befürchten. Das NRW-Gesundheitsministerium sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Städte oder Kreise innerhalb Deutschlands, die hohe Inzidenzen aufweisen, werden als »besonders betroffene Gebiete« kategorisiert. Diese Kategorisierung bedeutet primär keine Einschränkungen für Reisende aus oder in diese Städte/Regionen.“

Es gibt viel Kritik an den Beschlüssen im Land. Warum?

Bei aller Rücksicht auf regional unterschiedliche Entwicklungen bei den Infektionen – Politiker von CDU und SPD monieren inzwischen deutlich das Nebeneinander verschiedener Vorschriften. Die Rede ist von einem „verwirrenden Flickenteppich“. Beispielhaft ist die Situation in Berlin und die unterschiedliche Bewertung der dortigen Infektionslage.

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) forderte mehr Klarheit und Transparenz. „Für Reisen innerhalb Deutschlands brauchen wir eine bundesweit einheitliche Regelung, auf die sich alle Bundesländer einigen“, sagte er dem „Spiegel“. „Ein Rückfall in Kleinstaaterei sorgt nur für Verunsicherung und gefährdet die Akzeptanz der Corona-Regeln.“ Thüringens Innenminister Georg Maier schob die Frage hinterher: „Es ist mir schleierhaft, wie diese Regelung umgesetzt werden soll. Sollen wir jetzt stichprobenartig zwischen den Bundesländern kontrollieren?“

Wie sieht es aus, wenn ein bereits gebuchter Urlaub storniert werden muss?

Bei der Frage nach einer kostenlosen oder doch kostenpflichtigen Stornierung der Unterkunft kommt es laut dem Reiserechtler Paul Degott aus Hannover auf die genaue Corona-Regelung an. Falls Gäste aus Risikogebieten überhaupt nicht beherbergt werden dürften, sei die Reise schlicht nicht möglich: „Die Folge ist, dass der Mietvertrag damit beendet ist“. Das angezahlte Geld wird dem Gast zurückgezahlt.

Anders sieht es allerdings aus, wenn die Anreise und Unterbringung weiterhin möglich sind, weil es nur eine Quarantänevorschrift am Reiseziel gibt, aber kein Beherbergungsverbot. Dann müsse der Gast auch zahlen, sofern keine kostenlose Stornierung mehr möglich ist, erklärt Degott. Möglich sei unter Umständen eine kulante Regelung mit dem Hotel oder Anbieter des Ferienhauses.

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Der Hotelverband Deutschland (IHA) argumentiert ähnlich. Im Fall Schleswig-Holsteins etwa kann ein Hotel aktuell weiterhin seine Leistungen anbieten. Dort müssen Urlauber aus Risikogebieten 14 Tage lang in Quarantäne oder zwei negative Corona-Tests vorweisen – die Beherbergung von Urlaubern an sich ist aber nicht verboten.

Es stehe Urlaubern frei, trotz Corona-Verordnung anzureisen und die Quarantänezeit dann im Hotel zu verbringen. „Dass das nicht Sinn des Urlaubs ist, ist unbestritten“, so der Verband. Rein juristisch liege die Ernennung einer Region zum Risikogebiet aber im persönlichen Risiko des Reisenden – und nicht des Hotels. (mit dpa)