Berlin – Für nur 9 Euro im Monat bundesweit Bus und Bahn fahren im Nahverkehr – das soll von Juni an für drei Monate möglich werden. Es ist ein beispielloser Versuch, Pendler zu entlasten und von einem Umstieg auf die Bahn zu überzeugen. An diesem Donnerstag entscheidet der Bundestag über das Finanzierungsgesetz, am Freitag der Bundesrat.
Befürworter sehen eine große Chance für mehr klimafreundlichen Verkehr – Kritiker fürchten ein Strohfeuer und warnen, dass übervolle Busse und Bahnen mögliche neue Nutzer eher abschrecken. Doch welche Kunden haben überhaupt etwas vom 9-Euro-Ticket?
ÖPNV-Stammkunden
Für Pendler mit Abo für den Nahverkehr, mit Monats- oder Jahreskarte lohnt es sich in jedem Fall. Ihnen werden für die Monate nur 9 Euro abgebucht oder sie erhalten eine Erstattung. Viele Verkehrsverbünde hoffen, mit den drei günstigen Start-Monaten dauerhafte Abo-Kunden zu gewinnen.
Auto-Pendler
Drei Viertel der Haushalte, die regelmäßig ein Auto nutzen, hielten in einer KfW-Umfage im Winter einen häufigeren Wechsel auf Busse und Bahnen für vorstellbar. Gut bedient mit einem Umstieg sind diejenigen von ihnen, die passende Bus- und Bahn-Verbindungen zur Arbeit haben, etwa in Ballungsräumen, Großstädten und vielen Mittelstädten. Sie sparen bares Geld, wenn sie ihren Wagen stehen lassen und öffentlich fahren. Denn das 9-Euro-Ticket kostet je Werktag weniger als 50 Cent. So günstig kommt man mit dem Auto kaum hin und her, selbst wenn wie geplant der Spritbonus kommt. Drei Monate lang sollen die Energiesteuern auf Kraftstoffe gesenkt werden.
Ausflügler
Für viele Tages- und Wochenendausflüge, selbst für manche Urlaubsreise in Deutschland kann sich der Kauf lohnen. Touristiker rechnen mit einem großen Andrang. Zum Start und Abschluss langer Wochenenden wie zu Pfingsten (5./6. Juni) und Fronleichnam (16. Juni) rechnet der Fahrgastverband Pro Bahn jedoch mit Chaos in den Zügen Richtung Küste und Berge.
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Dorfbewohner
Nicht so viel bringt das Aktionsticket für Bus und Bahn, wenn am Wohnort nur selten Busse oder gar Züge halten. Das ist in vielen Dörfern der Fall. An mehr als jeder dritten Haltestelle kann man nach Berechnungen der Bahn-Tochter Ioki nicht mal einmal pro Stunde in die eine oder die andere Richtung fahren. Man kann auch dort Sprit und Parkgebühren mit dem 9-Euro-Ticket sparen, muss zeitlich aber sehr flexibel sein.
Radfahrer
Das hängt stark von Reisetag und -uhrzeit ab. Es könnte für Fahrgäste mit Rad mitunter eng werden in den Zügen. Denn die Zahl der Stellplätze ist begrenzt. Wenn es zu voll wird, kann das Zugpersonal entscheiden, keine weiteren Fahrräder mitzunehmen – auch dann, wenn die Besitzer schon ein Extra-Ticket fürs Rad gekauft haben. Das brauchen sie in den meisten Verkehrsverbünden ohnehin; denn im 9-Euro-Ticket ist die Mitnahme nicht enthalten.
Familien
Laut Deutscher Bahn brauchen 6- bis 14-Jährige ein eigenes 9-Euro-Ticket oder einen anderen Fahrschein; die kostenfreie Mitnahme ist beim 9-Euro-Ticket ausgeschlossen. Kinder unter sechs Jahren reisen generell kostenfrei. Wer viele Kinder hat und nur einmalig einen Ausflug machen möchte, ist möglicherweise mit einem normalen Ticket besser bedient; es beinhaltet die kostenfreie Mitnahme von Kindern bis 14 Jahren.
Fernreisende und Fernpendler
Das 9-Euro-Ticket gilt nicht im Fernverkehr, also weder in ICE, Intercity und Eurocity noch in den Nachtzügen unterschiedlicher Anbieter, noch in Flixtrain oder Flixbus. Das DB-Fernverkehrsticket beinhaltet in 130 deutschen Städten außerdem das sogenannte City-Ticket: die kostenlose Anfahrt zum Bahnhof und Weiterfahrt zum Zielort mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wer also mit dem Fernverkehr reist, benötigt das 9-Euro-Ticket nicht. (dpa)