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Zug überfülltDürfen sich Bahnfahrer in die 1. Klasse setzen?

Lesezeit 3 Minuten

Auch wenn der Zug völlig überbesetzt ist, dürfen Reisende mit 2.-Klasse-Ticket nicht auf eigene Faust in die 1. Klasse wechseln. Sie müssen auf eine entsprechende Freigabe warten.

Regionalbahn von Aachen nach Hamm. Die Reisenden stehen dicht an dicht gedrängt, es gibt kein Durchkommen mehr. Sogar die Gänge im Zug sind komplett verstopft, mit schwitzenden Menschen und dicken Gepäckstücken. Nur im Abteil der 1. Klasse winken noch ein paar freie Plätze. Aber darf ich mich mit meinem zweite-Klasse-Ticket einfach dorthin setzen?

Ganz klar: „Nein“, sagt Birgit Pörner, stellvertretende Pressesprecherin für den Personenverkehr der Deutschen Bahn. In der Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) steht in § 13 Abs. 1 unmissverständlich: „Ein Anspruch auf einen Sitzplatz oder auf Unterbringung in der 1. Klasse bei Platzmangel in der 2. Klasse besteht nicht.“ Ausnahmen gibt es nur, wenn die Bahn bzw. das Zugpersonal solche macht und ankündigt: „Ein Umsetzen in die 1. Klasse ist nur nach einer Durchsage bzw. Freigabe möglich“, erklärt Pörner.

Und auch für ICE-Passagiere, die wegen einer Verspätung oder eines Zugausfalls auf den Regionalverkehr umsteigen müssen, gibt es keine Extrawurst, macht die Sprecherin deutlich: „Um die 1. Klasse zu nutzen, ist immer ein Ticket der 1. Klasse notwendig.“

Ein „Upgrade“ auf die erste Klasse gibt es auch beim Schaffner.

Mancher Schlaufuchs denkt sich vielleicht: Na gut, dann stelle ich mich eben in die 1. Klasse, bequemer ist es dort im Gang allemal. Jedoch wird diese kleine Hoffnung auf mehr Komfort von der Deutschen Bahn enttäuscht: „Auch das Stehen, der Aufenthalt im Gang- und Türbereich der 1. Klasse setzt ein Ticket der 1. Klasse voraus“, sagt Sprecherin Pörner.

Immerhin dürfen Reisende im Zug eine entsprechende Fahrkarte nachlösen – und wer im falschen Abteil erwischt wird, zahlt auch kein Bußgeld, sondern „nur“ den Differenzbetrag zwischen 1. und 2. Klasse.

Ob der verantwortliche Zugchef die teureren Plätze aus Sicherheitsgründen freigibt, entscheidet er übrigens eigenmächtig – je nach (Überfüllungs-)Situation. Dabei gibt es laut Bahn bestimmte Regeln: Ein ICE oder IC oder EC darf bei einer Auslastung von mehr als 200 Prozent (TGV: 150 Prozent) aus Sicherheitsgründen nicht weiterfahren. „Entscheidend ist aber nicht nur die Zahl der Reisenden, sondern auch, ob die Sicherheit im Zug gewährleistet ist. So dürfen beispielsweise die Gänge nicht mit Gepäck verstellt sein“, erklärt Sprecherin Pörner.

Überfüllten Zügen will das Unternehmen nicht mit zusätzlichen Waggons, sondern vor allem mit mehr Information begegnen: „Im Internet, am Automaten und beim persönlichen Verkauf weisen wir auf die besonders stark gebuchten Züge hin, um die Reisenden auf andere Züge zu lenken“, so Pörner. „Da wir in Deutschland unseren Kunden jedoch ein offenes System anbieten, kann sich der Reisende dennoch für die Mitfahrt in diesem Zug entscheiden.“ Eine Wahl beziehungsweise Alternative haben Bahnfahrer allerdings nicht immer.

Tipps für eine entspannte Fahrt:

Außerdem hat die Bahn im Dezember 2010 ein Präventionsprogramm eingeführt, um Zugräumungen zu vermeiden: Wenn Reisende ihre Fahrt freiwillig mit einem anderen Zug als dem überbesetzten machten, erhielten sie dafür einen Reisegutschein von 25 Euro, so Pörner. Oder man beißt eben doch in den sauren Apfel – und zahlt den erste-Klasse-Zuschlag.

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