Köln – Mit einem Blog-Beitrag über die Kölner Uni hat der finnische Student Juuso Nisula für viel Wirbel unter den Kölner Studenten – vor allem im Internet – gesorgt. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete, hat Nisula den Unterricht als langweilig, die Mitarbeiter als unflexibel und das technische Equipment als veraltet bezeichnet. „Die Probleme, die er beschreibt sind vorhanden, müssen aber differenziert betrachtet werden“, sagt auch Laura Krumm, Vorsitzende der Fachschaft Wiso.
Im Faktencheck überprüft der „Kölner Stadt-Anzeiger“, ob Nisula mit seinen Vorwürfen recht hat.
1. Die Pädagogik – beziehungsweise der Mangel daran
Die pädagogischen Methoden der Uni Köln seien aus dem Mittelalter, kritisiert Nisula. Professoren hielten lange Monologe, von Studenten würde nicht mehr als ständiges Mitschreiben verlangt. „Man schreibt die handschriftlichen Notizen des Dozenten mit der Hand ab, um ein paar Monate später zu versuchen, die Hieroglyphen zu entziffern.“
Wie wäre es damit, Lösungen ins Internet zu stellen und die Aufgaben im Seminar zu besprechen?
FAKT IST: Einen großen Teil des Studiums müssen die BWL-Studenten durch Vorlesungen bestreiten. Oft halten Dozenten lange Vorträge, bevor sie Studenten die Möglichkeit für wenige Fragen einräumen. Zu den Vorlesungen werden aber auch Tutorien und Übungen angeboten.
Seminare, in denen mehr diskutiert wird, sind zumindest im Bachelorstudium selten. Auch mit der neuen Prüfungsordnung, die ab dem Wintersemester gilt, wird sich das nicht ändern. In anderen Studiengängen, etwa den Sozialwissenschaften, gibt es deutlich mehr Seminare.
2. Die Klausuren
Nisula mangelte es an praktischen Übungen, an Präsentationen, Essays, Lerntagebüchern. „Kein Grübeln, keine Kritik, kein unabhängiges Denken und kein Feedback“, schreibt er. „Mit anderen Worten: keine akademische oder persönliche Weiterentwicklung.“
Es sei nur darum gegangen „in den Tagen vor der Klausur alles verzweifelt auswendig zu lernen, nur um es dann eine Woche später wieder zu vergessen.“ Er fordert: mehr Praxis!
FAKT IST: Die meisten Prüfungen werden in BWL an der Kölner Uni mit Klausuren abgeschlossen. Hausarbeiten oder andere Leistungen sind die Ausnahme. Auch das ist in anderen Studiengängen oft anders.
Im Lehramt oder in der Medizin sind sogar Praxissemester in Schulen beziehungsweise Klinken vorgesehen. Die Uni Köln will den Anteil von Referaten und Hausarbeiten aber bei der Neuauflage des Studiengangs erhöhen.
Im nächsten Abschnitt stellen wir die anderen Vorwürfe von Juuso Nisula auf den Prüfstand.
3. Die Klausurfragen
Die Klausuren müsse man in Rekordzeit schreiben, wirft Nisula der Uni vor. „Man hat meist 60 Minuten für 20 Fragen. Es geht nicht darum, das Verständnis zu testen, sondern einzig und allein darum, eine lächerliche Menge einfacher Fragen in begrenzter Zeit zu beantworten.“
Es werde kein Wert darauf gelegt, das Thema wirklich zu verstehen. Nisula fordert: Fragt das relevante Zeug ab. Fragt ab, ob wir das Thema verstehen, stellt uns vor eine Herausforderung!
FAKT IST: In BWL werden viele Prüfungsleistungen über 60-minütige Klausuren erbracht. In der neuen Prüfungsordnung sind für BWL auch längere Klausuren über 90 und 120 Minuten vorgesehen. Wie gut oder schlecht die Prüfungen sind hängt oft vom einzelnen Dozenten ab.
4. Ausweise, Karten, was es nicht alles gibt
Ein Studentenausweis aus Papier – der nur in Verbindung mir dem Personalausweis gilt – eine Mensakarte, eine Bibliothekskarte, eine Kopierkarte, ein Prüfungsausweis. „Wie wäre es mit einer Studentenkarte, die überall funktioniert?“, fragt Nisula.
FAKT IST: Tatsächlich führt die Uni Köln zum Wintersemester 2015/2016 die University Cologne Card (UCCard) ein. Mit dieser multifunktionalen Chipkarte können die Studenten Bahn und Bus fahren, kopieren, in der Mensa essen, Bücher ausleihen und an Wahlen zum Studentenparlament teilnehmen. Gleichzeitig ist sie auch Prüfungsausweis.
5. Das Prüfungsamt
Klausuren in der Woche nach Karneval, unfreundliches Personal. Auch am Prüfungsamt der Uni Köln, lässt Nisula kein gutes Haar. „Dort arbeiten die Leute, die verlangen, dass du alles pünktlich abgibst und dann selbst alle Fristen verpassen.“
Das Prüfungsamt weigere sich, E-Mails zu schreiben. „Wäre ich noch in China“, schreibt Nisula, „ich würde denken, die Partei hätte Arbeitsplätze schaffen wollen.“ Abschaffen, findet er.
FAKT IST: Schwer zu beurteilen, wie freundlich, flexibel und pünktlich das Personal im Einzelfall ist. Fakt ist, dass die Öffnungszeiten des Prüfungsamtes an der Wiso-Fakultät eingeschränkt sind: Montags, mittwochs und donnerstags von 10 bis 12 Uhr.
E-Mail-Anfragen werden nicht beantworten – aus „rechtlichen Gründen“, wie es heißt. Die Klausuren in der Karnevalswoche sind unter Studenten seit Jahren berüchtigt.
Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Alte Technik, kleine Räume, schlechte Organisation - weitere Vorwürfe im Faktencheck.
6. Die Technik
Zahlreiche Onlinesysteme, hätten ihm das Studium erschwert, sagt Nisula. Vor allem für ausländische Studenten sei es nicht leicht. „Meine Hausarbeit musste ich auf Papier anstatt als PDF-Datei einreichen. Alle Quellen musste ich auf eine CD brennen! Ich meine, wer hat überhaupt noch einen Computer, der diese Dinger lesen kann?“
FAKT IST: Außer dem Managementsystem Klips, auf dem Kurse ausgewählt werden, gibt es die E-Learning-Plattform Ilias, auf der Dozenten Lernmaterialien anbieten.
Klips gilt als störanfällig: Bei hoher Nutzung bricht das System schon mal zusammen. Ab diesem Semester führt die Uni Klips 2.0 ein, das zuverlässiger arbeiten soll. Es gilt aber nur für Studenten, die sich neu einschreiben.
Außer Klips müssen sich BWL-Studenten über die Wiso-App für Prüfungen anmelden. Eine Bachelorarbeit etwa muss zweimal ausgedruckt (für den Dozenten und das Prüfungsamt) sowie einmal auf einer CD abgegeben werden.
7. Die Räumlichkeiten
Nirgendwo an der Uni könne man rund um die Uhr lernen, es stünden kaum Computer zur Verfügung, in der Bibliothek gebe es zu wenig Platz, es fehle an Steckdosen – so die Vorwürfe von Nisula.
FAKT IST: Richtig. Die einzige Bibliothek, die wochentags von 9 bis 24 Uhr, am Wochenende bis 21 Uhr geöffnet hat, ist die zentrale Bücherei am Albertus-Magnus-Platz. Die ist besonders im Semester proppenvoll, Steckplätze für Laptops sind rar.
Insgesamt gibt es 151 Bibliotheken auf dem Kölner Campus, deren Öffnungszeiten sehr unterschiedlich sind.
8. Die Kommunikation
Nisula mangelte es an Kommunikation. Erst kurz vor Semesterbeginn erfahre man, welche Kurse es gebe, bis Noten von Klausuren bekanntgegeben werden, dauere es Monate.
Der Finne fordert: „Bitte teilt uns die wichtigen Informationen pünktlich mit, das macht allen das Leben einfacher.“
FAKT IST: Das Vorlesungsverzeichnis erscheint in der Regel drei Monate vor Vorlesungsbeginn. Die Kurse können etwa vier Wochen vor Semesterbeginn online belegt werden.