„Maskenmuffel“Sind die hohen Geldstrafen für Menschen ohne Maske legitim?
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In unserer Serie „Recht und Ordnung“ befassen wir uns mit juristischen Themen aller Art - und verschaffen Ihnen mehr Durchblick im Paragrafen-Dschungel.
Dafür befassen sich eine Staatsanwältin, ein Rechtsanwalt und eine Jura-Professorin in ihrer Kolumne regelmäßig mit einem konkreten Fall.
Diesmal beschäftigt sich Jura-Professorin Frauke Rostalski mit der Frage, ob die hohen Bußgelder für Menschen, die gegen die Maskenpflicht verstoßen, legitim sind.
Köln – Seit Beginn der Corona-Krise werden die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands immer wieder mit neuen Vorschriften konfrontiert, die zum Schutz vor der Pandemie das gesellschaftliche Miteinander regeln. Diese werden von Behörden auf der Basis des Infektionsschutzgesetzes erlassen und bestimmen etwa die Anzahl an Personen, mit denen wir uns im Freien treffen dürfen; ob bzw. unter welchen Umständen unsere Kinder ihre Kindertagesstätten oder Schulen besuchen dürfen; oder aber, unter welchen Bedingungen wir uns nach der Rückkehr aus dem Ausland einem Corona-Test unterziehen müssen.
Kaum eine Maßnahme erregt konstant so sehr die Gemüter wie die sogenannte Maskenpflicht – das Gebot also, in Bussen, Bahnen, Gaststätten und anderen öffentlichen Räumen eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Wer die Debatte in den Medien aufmerksam verfolgt, gewinnt schnell den Eindruck, dass der Umgangston rauer geworden ist. Dies spiegelt sich zum einen im neuen Begriff des „Maskenmuffels“. Er gilt allen, die ihre Maske nicht bzw. nicht richtig tragen und schließt an eine weitere, bereits etwas ältere Bezeichnung von Mitmenschen an, die einen kritischen Umgang mit der Corona-Politik pflegen; nämlich den „Covidioten“ respektive die „Covidiotin“. Zwar ist der „Muffel“ kein „Dummkopf“ und damit kein „Idiot“, immerhin aber ein aus einer Haltung der Gleichgültigkeit heraus handelnder mürrischer und unfreundlicher Mensch, wie uns der Duden lehrt.
Frauke Rostalski, geboren 1985, ist geschäftsführende Direktorin des Instituts für Strafrecht und Strafprozessrecht der Universität zu Köln. Im Januar 2018 wurde sie dort auf den Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung berufen.
Rostalski studierte Rechtswissenschaften an der Philipps-Universität Marburg und promovierte dort von 2009 bis 2011. Im Anschluss an ihre zweite juristische Staatsprüfung 2013 verbrachte sie Forschungsaufenthalte an der Nanjing Universität (China) und der Seoul Universität (Korea). 2017 promovierte sie auch im Fach Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. (jf)
150 Euro Strafe: Gleich zwei Hürden fallen
Neben diese Verschärfung des Tons treten politisch vorangetriebene rechtliche Neuerungen, wie mit Verstößen gegen die „Maskenpflicht“ umzugehen ist. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel muss der bahnfahrende „Maskenmuffel“ fortan ohne vorherige Ansprache mit einem Bußgeld von 150 Euro rechnen. Dabei fallen gleichzeitig zwei Hürden, die dem staatlichen Handeln bislang aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auferlegt waren: Der Hinweis gegenüber dem Betreffenden, dass er sich gerade falsch verhält, muss vor der Bußgeldverhängung nicht länger erfolgen. Zugleich befinden wir uns mit 150 Euro nunmehr in einem Bereich, der – verglichen mit anderen Ordnungswidrigkeiten – nicht länger auf einen Bagatellcharakter des Verhaltens schließen lässt. Der Verstoß gegen die „Maskenpflicht“ wird durch diese Sanktionshöhe also auch als deutlich schwerwiegender beurteilt.
Man kann gerade diese Gewichtung des Verstoßes gegen die Pflicht zur Mund-Nase-Bedeckung im öffentlichen Nahverkehr teilen oder auch nicht. Vieles ließe sich schreiben über die Gefahren zum Beispiel von „Super Spreader“-Effekten bei fehlender Maske, aber auch über die Gründe, weshalb eine Maske einmal verrutscht oder in der Eile zuhause vergessen worden sein kann. Dies alles erscheint mir aber nicht entscheidend. Wichtig ist es mir vielmehr, bildlich gesprochen an das Schmieröl zu erinnern, auf das der Motor einer jeden erfolgreichen Pandemieschutzstrategie zwingend angewiesen ist: gegenseitiges Verständnis und Solidarität.
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Eine Entstehung oder gar Verhärtung von „Fronten“ erweist sich hierfür als abträglich, sogar gefährlich. Dies betrifft unseren zwischenmenschlichen Umgang, aber auch das Recht. Staatliches Handeln muss gerade in der derzeitigen Situation, in der einschneidende Freiheitseingriffe nicht durch den parlamentarischen Gesetzgeber, sondern oftmals im Schnellverfahren durch Behörden erlassen werden, verstehbar und verhältnismäßig sein. Zumindest das Absehen von jedweder Ansprache der „Maskenmuffel“ vor der Verhängung eines Bußgelds sehe ich vor diesem Hintergrund sehr kritisch. Und zuletzt: Sprachliche Zurückhaltung auch bei vermeintlich unhaltbaren Positionen dürfte im gesellschaftlichen Diskurs auch für den einen oder anderen Politiker (und Redakteur) stets von Vorteil sein.