Köln – Am 3. Oktober schickte die US-Regierung im Rahmen einer Katastrophenschutzübung per Handy-Nachricht eine Test-Warnung an fast alle US-Bürger.
Neben Meldungen in Fernsehen und Radio, wurde zum ersten Mal auch dieser sogenannte „Presidential Alert“, also ein „Präsidenten-Alarm“ von Donald Trump, versendet.
Aber wie ist es überhaupt möglich, so viele Menschen zur gleichen Zeit an ihren Handys zu erreichen? Und könnte Angela Merkel in einem Nofall, wie einem Terrorangriff, auch einen „Bundekanzlerinnen-Alarm“ an alle deutschen Bürger schicken?
Cell-Broadcasting Technologie erreicht fast alle US-Bürger
Die USA nutzt für ihr Warnsystem die Cell-Broadcasting Technologie. Genaugenommen hat Donald Trump also gar keine SMS an alle Amerikaner verschickt. Anders als bei SMS wird eine Cell-Broadcasting-Nachricht nicht an einzelne Empfänger geschickt. Bei diesem Dienst werden Mitteilungen von Mobilfunk-Basisstationen versandt und erreichen alle Geräte, die in der jeweiligen Funkzelle eingebucht sind.
Es handelt sich um einen sogenannten unbestätigten Push-Dienst. Das bedeutet, dass der Absender nicht weiß, wer die Nachricht empfangen hat. So ist Anonymität gewährleistet.
In Deutschland ist ein solcher Dienst nicht flächendeckend nutzbar, da er nicht von allen Mobilfunkanbietern zur Verfügung gestellt wird, wie es in den USA der Fall ist. Eine Warn-SMS der Bundeskanzlerin wird es also in naher Zukunft nicht geben.
SMS sind im Katastrophenfall zu unzuverlässig
Auch SMS-Dienste werden zur Warnung in Katastrophenfällen nicht genutzt. Aus einem einfachen Grund, erklärt Marianne Suntrup vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK): Das Mobilfunknetz ist sehr schnell ausgelastet, das zeige der sogenannte „Silvester-Effekt“ immer wieder. Bei Großveranstaltungen und an Tagen mit hoher SMS-Nutzungsdichte kommt es vermehrt zu nicht vorhersehbaren Zustellungsverzögerungen. „Das wäre für Warnungen, die ja rechtzeitig eintreffen müssen, sehr ungünstig“, so Suntrup.
Modulares Warnsystem ist immun gegen Stromausfälle
Stattdessen nutzt das BBK das Modulare Warnsystem „MoWaS“, das Warnmeldungen via Satellit und kabelgebunden überträgt. „Damit können bewusst verschiedene Warnkanäle auf verschiedenen Übertragungswegen parallel genutzt werden um die Bevölkerung zu erreichen“, erklärt Marianne Suntrop.
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„MoWaS“ nutzt zum Beispiel die an die Satelliten-Anbindung angeschlossenen Rundfunk- und Telemediendienste, aber auch Stadtwerbetafeln können über das System erreicht werden.
Darüber hinaus erhält die Deutsche Bahn AG die Warnmeldungen, die diese dann selbstständig verbreitet und an die Fahrgäste weitergibt. MoWaS schickt zusätzlich die Warnmeldungen an die regional zuständigen Stellen in den Bundesländern, die dann Sirenen auslösen.
Apps schicken Warnungen direkt aufs Handy
„Eine technische Anbindung von Sirenen unmittelbar an MoWaS ist grundsätzlich ebenso möglich“, so Suntrop. So sei gewährleistet, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die Bevölkerung erreicht wird, auch wenn einzelne Warnkanäle ausfallen.
Am nächsten kommt dem „Presidential Alert“ aber wohl die Verbreitung von Warnmeldungen über internetbasierte Dienste wie Warn-Apps. Das BBK hat die App „NINA“ (Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes) entwickelt, die wichtige Warnmeldungen des Bevölkerungsschutzes für unterschiedliche Gefahrenlagen an ihre Nutzer schickt.
Jeder Nutzer kann in der App selbst einstellen, über welche deutschen Orte er oder sie informiert werden soll. Auch „NINA“ funktioniert über das Modulare Warnsystem „MoWaS“. Zusätzlich zu den Warnungen gibt die App auch konkrete Verhaltens-Hinweise im Notfall.
Dass eine App einige Vorteile zu der in den USA genutzten Cell-Broadcasting Technologie hat, betont auch Niklas Reinhardt von der Warn-App „KATWARN“, die vom Fraunhofer-Institut entwickelt wird. Eine nicht direkt einzuordnende Nachricht könne auch für Verwirrung sorgen, erklärt er. „Gerade die bewusste Entscheidung und Installation einer App sorgt dafür, dass die Personen ein Stück weit vorbereitet und im besten Fall auch bereits sensibilisiert sind für Verhalten im Notfall“, so Reinhardt.