Köln – Aufgereiht im Halbkreis steht die Band „Bläck Fööss“ im Historischen Rathaus von Köln und singt in einer vielstimmigen a-cappella Variante „Kölle do ming Stadt am Rhing“. Die Band wird für ihre Verdienste um die Kölner Mundart Kölsch geehrt, und ihre Mitglieder dürfen sich im Goldenen Buch der Stadt verewigen.
Ein schöner Moment - doch Gitarrist „Bömmel“ Lückerath bleibt dennoch auf dem Teppich: „Wir befürchten, Kölsch wird als Sprechsprache aussterben. Allerdings hoffen wir, dass die Kölsche Mentalität durch unsere Lieder erhalten bleibt.“ Auch Bassist Hartmut Priess ist pessimistisch: „Immerhin steht Kölsch schon auf der UNESCO-Liste für bedrohte Sprachen.“ Im Jahr 2009 hatte die UN-Organisation das Idiom Limburgisch-Ripuarisch, von dem der Kölner Stadtdialekt eine Variante ist, als „unsicher“ in ihren Atlas der gefährdeten Sprachen aufgenommen.
Kölsch auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit? Auf den ersten Blick ist das schwer vorstellbar. Denn in der Stadt wimmelt es nur so von Wörtern und Sätzen in Kölsch. Unternehmen werben im Dialekt, im Hänneschen-Theater sprechen die Stockpuppen Kölsch. Und der Karneval bringt jedes Jahr sogar zahlreiche Fremde dazu, die in Kölsch verfassten Liedtexte mitzusingen. Dabei gilt jedoch: Jeder singt sie, aber nur ein kleiner Teil versteht sie. „Als alltägliches Kommunikationsmittel - und nicht als gepflegte Kunstform - ist Kölsch auf dem Rückzug. Das ist unbestreitbar“, berichtet hat Daniel Kölligan vom Institut für Linguistik der Universität Köln. „Bei der älteren Generation kommt Kölsch im alltäglichen Sprachgebrauch noch vor, bei den Jüngeren eher weniger.“
Kölsch hat ein Generationsproblem. Das sieht auch Christa Bhatt von der „Akademie för uns kölsche Sproch“ so. „Mehr Eltern und Großeltern müssen ihr Wissen weitergeben“, findet sie. Die Akademie trägt ihren Teil dazu bei, indem sie Kölsch-Seminare anbietet. Kölsch als Fremdsprache sozusagen. Die Anzahl der Seminarteilnehmer ist in den letzten Jahren gestiegen, von 515 im Jahr 2012 auf 633 im Jahr 2014. Dabei verzeichnet die Akademie ein wachsendes Interesse vor allem bei Jüngeren. Ein Grund dafür könnte sein: Im Zeitalter der Globalisierung suchen viele Menschen nach Individualität. Ein Dialekt wie Kölsch bietet die Möglichkeit, sich abzuheben.
„Vielleicht hat Kölsch dadurch noch einmal eine Chance“, sagt Daniel Kölligan. Dann allerdings weniger in seiner für Fremde kaum verständlichen Ursprungsform, sondern als ein gemäßigter Regionaldialekt. „Auch wenn der ursprüngliche Dialekt verloren geht, bleiben dadurch bestimmte Merkmale bestehen wie zum Beispiel die Sprachmelodie.“
Und selbst wenn Kölsch tatsächlich aus den Gassen der Südstadt und den Kneipen der Altstadt verschwinden sollte, gibt es immer noch den riesigen Liederschatz. Der wird sich wohl noch lange erhalten, denn er vermittelt für viele genau das, was Köln ausmacht: „Hey Kölle, du bes e Jeföhl.“ (dpa)