Bad Münstereifel – Bei den Zahlen, die Kämmerer Kurt Reidenbach am Freitagabend in einer Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses präsentierte, konnte einem nur schwindelig werden. Alleine die Schäden an der Infrastruktur, die die Flut am 14. Juli angerichtet hat, belaufen sich nach einer ersten Einschätzung der Verwaltung auf 150 Millionen Euro. Eine gigantische Summe, die bei weitem die Rücklagen der Stadt (43 Millionen Euro) und die liquiden Mittel (32 Millionen Euro) übersteigt.
Etwa zwei Drittel der 150 Millionen Euro entfallen auf Infrastruktur in Trägerschaft der Stadt, das dritte Drittel betrifft Einrichtungen anderer Träger wie die katholischen Kindergärten, das St.-Angela-Gymnasium oder beispielsweise Kreisstraßen. „Unser Herz entlang der Erft wurde auseinandergerissen“, sagte Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian eingangs der kurzfristig einberufenen Sondersitzung. Sie ist sich aber sicher: „Wir werden diese Stadt wieder aufbauen und wieder erstrahlen lassen.“
80 Prozent der Denkmäler beschädigt oder zerstört
Private Schäden wie zerstörte Häuser oder Autos sind in dieser Summe nicht enthalten. Allerdings berichtete Preiser-Marian, dass etwa 80 Prozent der knapp 400 Denkmäler, die zum Teil in Privatbesitz sind, zerstört oder beschädigt wurden. Aus Erfahrung weiß die Stadt, dass deren Wiederherstellung aufgrund der speziellen Vorgaben bei Arbeiten an Denkmälern vermutlich weitere 50 Millionen Euro verschlingen wird. „Wir müssen dem Land bis Mittwoch eine Schadenssumme aller Einrichtungen im Stadtgebiet nennen. Diese wird vermutlich nach erster Schätzung 200 Millionen Euro betragen“, sagte Reidenbach.
Mit einem stillen Gedenken an die Todesopfer, laut Stadt sind es fünf, laut Polizei zwei, weil diese nur unmittelbar vom Hochwasser getötete Menschen zählt, begann diese Sondersitzung.
Der wichtigste Tagesordnungspunkt war mit „Finanzieller Lagebericht zur Unwettersituation“ überschrieben. „Eigentlich müsste es Katastrophensituation heißen“, befand die Bürgermeisterin. Und das nicht nur, weil viele Menschen Angehörige oder ihr Hab und Gut verloren haben, sondern auch, weil die finanziellen Auswirkungen für die Stadt katastrophal sind. Bad Münstereifel ist seit Donnerstag nur noch bedingt handlungsfähig. Die Höchstsumme für Kredite, die die Stadt aufnehmen darf, in Höhe von 32 Millionen Euro sei ausgeschöpft, berichtete der stellvertretende Kämmerer Dennis Breuer. Per Nachtragssatzung hat der Ausschuss nun einstimmig festgelegt, dass diese Summe um 48 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro erhöht werden darf. „Mit diesem Puffer sollten die ersten Maßnahmen bewältigt werden können“, hofft Breuer. Für die Auszahlung der Soforthilfe muss die Stadt zunächst in Vorleistung treten. 2,6 Millionen Euro wurden bisher ausgezahlt. Die erste Zahlung von Bund und Land zur Begleichung dieser Soforthilfe in Höhe von drei Millionen Euro sei aber bereits eingegangen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Natürlich erhalte die Stadt auch Mittel zum Wiederaufbau. Doch wann, sei fraglich. Breuer rechnet mit Mitte/Ende 2022, einige Beträge könnten sich auch bis zu fünf oder sieben Jahre hinziehen. Von den 15 Millionen Euro Soforthilfe des Landes, die in den Kreis gegangen sind, flossen 3,2 Millionen Euro nach Bad Münstereifel. „Das Geld reicht noch nicht mal für die Beseitigung des Abfalls“, erklärte Kurt Reidenbach den Politikern. Die Summe beläuft sich nach ersten Schätzungen auf mehr als sieben Millionen Euro. „Bad Münstereifel ist neben Schleiden am schlimmsten von der Katastrophe betroffen“, so Reidenbach.
Einschätzung nach Hochwasser
Von den gemeindeeigenen Einrichtungen seien mit Sicherheit das Schulzentrum an der Trierer Straße und die Grundschule Arloff sehr schlimm beschädigt. Aber auch die Feuerwache muss wiederaufgebaut werden, was rund vier bis fünf Millionen Euro koste, berichtete Reidenbach dieser Zeitung. Das St.-Michael-Gymnasium sei vergleichsweise glimpflich davongekommen, aber ein vollgelaufener Keller bedeute gleichzeitig eine zerstörte Heizung und Technik. Im Rathaus sind das Bürgerbüro, die Infostelle und das Standesamt betroffen – und natürlich das Archiv im Keller. „Alleine die Aufarbeitung des Stadtarchivs kostet etwa zehn Millionen Euro“, verkündete Sabine Rößler, Leiterin des Amtes für Zentrale Dienste, den Ausschussmitgliedern. Ob das Archiv noch einmal im Keller eingerichtet wird, sei momentan fraglich. Die Schäden an Wasser, Abwasser und der Kläranlage in Wald belaufen sich auf etwa neun Millionen Euro. Die Sanierung der innerstädtischen Straßen, egal von welchem Träger, dürften rund 27 Millionen Euro verschlingen.
Eine Elementarschadenversicherung habe die Stadt nicht. „Die betroffenen Gebäude liegen alle im Bereich 20 bis 50 Meter zur Erft.“ Da sei ein Schutz vor Hochwasser schwer zu bekommen, so Reidenbach. Mit etwas Glück könne man aber Geld für zerstörte Elektronik und Glasbruch erhalten. Ein schwacher Trost, weshalb auch Sabine Preiser-Marian meinte: „Das sind starke Zahlen, die muss man erst einmal reflektieren.“