Köln – Schrille Misstöne überlagern die geplante Präsentation einer groß angelegten Studie über jahrzehntelangen Missbrauch von Schülern am erzbischöflichen Konvikt „Collegium Josephinum“ in Bad Münstereifel. Nach Drohanrufen sagten die Leiterinnen des vom Erzbistum Köln in Auftrag gegebenen Projekts, die Pädagogik-Professorin Claudia Bundschuh (Hochschule Niederrhein) und die Kölner Rechtsanwältin Bettina Janssen, eine Information für Betroffene zum Abschlussbericht ab.
Diese Veranstaltung sollte am Mittwoch direkt nach einer Pressekonferenz mit Kardinal Rainer Woelki stattfinden. Zur Begründung für die Absage erklärte Bundschuh dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, sie könne den Schutz und die Integrität der primär Betroffenen nicht garantieren. Einer von ihnen, der als Mitglied eines Lenkungsausschusses am Projekt beteiligte Gisbert Schneider, reagierte verärgert. „Ein paar Ignoranten bringen es fertig, die ganze Sache zum Platzen zu bringen.“
Ehemalige betonen gute Erfahrungen
Schon zu Beginn der wissenschaftlichen Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, die erstmals 2010 von Ex-Bewohnern der 1997 geschlossenen Internatsschule bekanntgemacht worden waren, setzte Gegenwehr besonders von jüngeren Ehemaligen ein. Sie betonten, im Josephinum nur gute Erfahrungen gemacht zu haben und sahen sowohl ihre frühere Schule als auch Lehrer und Erzieher einem pauschalen und falschen Verdacht ausgesetzt.
Auch sie selbst seien so in Misskredit geraten. „Wir sind von Außenstehenden zu Betroffenen gemacht worden“, sagte Marcus Görner als Vertreter dieser Gruppe, der „tertiär Betroffenen“, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er beklagte mangelnde Information und Einbindung im Projektverlauf. Die Absage der Info-Veranstaltung mache nun ein weiteres Mal unmöglich, und auf eine differenzierte Beurteilung der Geschehnisse am Josephinum zu dringen und die eigene Sicht der Dinge darzustellen.
Kardinal Woelki bittet Opfer um Entschuldigung
Beim Versuch, die tertiär Betroffenen mit Opfern von Gewalt am Josephinum zusammenzubringen, kam es 2015 intern zu heftigem Streit mit Vorwürfen wie Lügen oder Nestbeschmutzungen aus materiellem Interesse. Bundschuh sprach von einer neuerlich traumatischen Erfahrung für die Opfer und fügte hinzu, sie werde es nicht zulassen, „dass sich so etwas wiederholt“.
Als Besonderheit ihrer Studie hob sie hervor, dass die Betroffenen selbst – anders als etwa im Fall der Regensburger Domspatzen – federführend beteiligt waren. „Es ist ein Projekt mit Betroffenen und für sie.“ Kardinal Woelki hat sich von Anfang an dafür stark gemacht und die Finanzierung des Projekts als Übernahme von Verantwortung für die Taten gesehen. Schon 2015 bat er die Opfer um Entschuldigung „für das, was ihnen von kirchlichen Mitarbeitern angetan wurde.
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