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Eifel„Stay@home“-Appell und hoher Personaleinsatz sollen Schnee-Tourismus bändigen

Lesezeit 6 Minuten
hellenthal gesperrt eifel schnee januar 2021

Dass das Skigebiet Weißer Stein derzeit gesperrt ist, hat die Besucher am Wochenende überhaupt nicht interessiert.

Kreis Euskirchen – Wie der einsame Rufer muss sich Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg vorgekommen sein. Immer wieder hat er an die Menschen appelliert, doch bitte, bitte nicht in die Wintersportgebiete seiner Gemeinde zu kommen. Gebracht hat’s nichts – im Gegenteil: Es kam zu teils chaotischen Zuständen. Am Sonntagabend hat er entschieden, die Zufahrten zu den Wintersportgebieten dicht zu machen. Gebracht hat’s zunächst nicht viel: Am Montag sind weiterhin zahlreiche Schneetouristen in die Höhengebiete geströmt.

Auch wenn Westerburg die Lage am Mittwoch als ruhig beschreibt, wird die Bewährungsprobe wohl erst am Wochenende kommen. Und da vom enormen Strom der Schneehungrigen alle Kommunen betroffen sind, die etwas von der weißen Pracht abbekommen haben, traf man sich auf Initiative der Bürgermeister von Schleiden, Hellenthal und Kall in der Hellenthaler Grenzlandhalle zum Schneegipfel. Neben den drei Kommunen, Landrat Markus Ramers, Polizeidirektor Harald Mertens und Nordeifel-Tourismus-Geschäftsführerin Iris Poth waren auch Bad Münstereifel, Blankenheim, Dahlem, Mechernich und Nettersheim vertreten.

Als „gut, richtig und wichtig“ wurde das Gespräch bewertet. Vor allem die jahrelangen Erfahrungen der Hellenthaler mit Wintersportlern wurden gerne aufgenommen. „Wir werden als eine touristische Destination wahrgenommen. Also sollten wir auch mit einer Stimme sprechen“, formuliert es Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings.

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Der Appell

Da man um die Schneegebiete kaum einen Zaun ziehen und Menschen genauso wenig mit martialischen Gesten abweisen kann, ist es wieder vor allem ein Appell an die Vernunft, der am Ende des Schneegipfels steht: „Stay@home!“ (Bleibt zu Hause) lautet die eindringliche Aufforderung. All das, was den Reiz eines Ausflugs in den Schnee ausmacht, aber in Corona-Zeiten fehlt, wird in der Erklärung gnadenlos aufgelistet: Skigebiete sind nicht zugänglich, Lifte laufen nicht, Rodelhänge und viele Parkplätze sind dicht, es gibt keine Gastronomie, keine Toiletten, keine Wickelräume, keine Möglichkeit zur Einkehr, keinen Ort zum Aufwärmen. Dafür gibt’s aber lange Staus und eine schwierige Verkehrslage. Das Fazit: „Unter Freizeitvergnügen und Schneespaß verstehen wir etwas anderes.“

Über den Umgang mit den Schneetouristen berieten unter anderem Landrat Markus Ramers (v.l.), Rudolf Westerburg, Ingo Pfennings, Hans-Peter Schell und Norbert Crump.

Der Appell beinhaltet nicht nur Garstigkeiten: Die Sehnsucht nach Natur und Schnee verstehen die Verantwortlichen nur zu gut. Und sie äußern die Hoffnung auf bessere Zeiten, wenn Besucher in der Eifel wieder sehr willkommen sind: „Wir freuen uns gemeinsam auf eine Zeit, in der unsere touristischen Angebote der Nordeifel wieder unbeschwert genutzt und erlebt werden können.“

Die Maßnahmen

Dass Appelle alleine kaum etwas ausrichten, haben die vergangenen Tage gezeigt. Daher bereiten sich die Protagonisten auf das nächste Wochenende vor. Eine „gemeinsame Herausforderung, aber ein sehr differenziertes Bild“ hat Landrat Markus Ramers anhand der Schilderungen der Kommunen festgestellt.

Über den Umgang mit den Schneetouristen berieten unter anderem Landrat Markus Ramers (v.l.), Rudolf Westerburg, Ingo Pfennings, Hans-Peter Schell und Norbert Crump.

Alle „Schnee-Kommunen“ setzen in erster Linie auf den verstärkten Einsatz ihres Personals, auf Kontrollen – und auf Knöllchen. Parkverstöße sollen geahndet werden, Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung ebenfalls. Konsequentes Durchgreifen kündigt Kalls Bürgermeister Hermann-Josef Esser etwa an, „falls Party-People mit Grill und Biertisch aufschlagen“.

Partielle Sperrungen werden in erster Linie dort eingerichtet, wo Rettungswege zugeparkt werden könnten. Alle Einfahrten in Wald- und Feldwege dicht zu machen, ist ob der schieren Menge schlicht unmöglich. Auch Straßensperrungen werden ins Auge gefasst. Aufgrund möglicher Besuchermengen, aber auch wegen der hohen Schneebruch-Gefahr hat Dahlems Bürgermeister Jan Lembach dabei etwa die L110 Richtung Neuhaus im Blick.

Die Polizei

Wenn es um Sperrungen geht, ist natürlich die Polizei gefragt – aber nicht nur dabei. Auch sie wappnet sich fürs Wochenende. Eine Hotline wird laut Ramers beispielsweise für die Ordnungsämter der Kommunen geschaltet, damit sie ohne Umwege Hilfe anfordern können: „Die Ordnungsämter bekommen die Amtshilfe, die sie brauchen.“

Über den Umgang mit den Schneetouristen berieten unter anderem Landrat Markus Ramers (v.l.), Rudolf Westerburg, Ingo Pfennings, Hans-Peter Schell und Norbert Crump.

Prophylaktisch, etwa um eventuell schnell einzugreifen und Verkehrslenkungen vorzunehmen, hat Pfennings angeregt, eine Hundertschaft anzufordern. Ob dies tatsächlich geschieht, wie viel eigenes Personal eingesetzt werden kann und welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden, steht nach Angaben von Polizei-Sprecher Lothar Willems noch nicht fest. Darüber werde in den nächsten zwei Tagen entschieden.

Das halten die Eifel-Kommunen von der 15-Kilometer-Regel

Und dann ist da ja noch die Verschärfung des Lockdowns, die in der kommenden Woche ansteht und die im Fall einer Inzidenz von mehr als 200 eine Ausgangsbeschränkung auf einen Radius von 15 Kilometern vorsieht. Die bringt Westerburg und Ramers so richtig in Wallung. „Persönlich finde ich das irre“, sagt Ramers dazu. Er skizziert ein Beispiel: Wenn der Kreis Euskirchen davon betroffen ist, Köln aber nicht, darf ein Gemünder dann seine Mutter in Wißkirchen nicht besuchen, der Kölner aber zum Ausflug in die Eifel kommen? „Das versteht doch kein Mensch, das hat mit Infektionsschutz nichts zu tun.“

Schäden durch den Schnee-Tourismus

Ernte-Schäden

Wo kein Parkplatz ist, wird eben einer gemacht. Nach dieser Devise sind am Wochenende zahlreiche Schneetouristen vorgegangen. Dabei haben sie teils erhebliche Schäden an Wiesen und eingesäten Feldern verursacht.

Bußgeld

Dass es verboten ist, Plätze außerhalb der befestigten und gekennzeichneten Wege und Flächen zu betreten und Fahrzeuge dort abzustellen, hat die Schneehungrigen an vielen Stellen nicht im geringsten gestört. Nach Auskunft des Kreises ist aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen im Landes-Naturschutzgesetz die Inanspruchnahme von landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht zulässig. Dies stellt laut Kreis eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 750 Euro geahndet werden kann.

Anzeigen erstattet

Für die Ahndung dieser Ordnungswidrigkeiten ist die Untere Naturschutzbehörde beim Kreis zuständig. Wie Kreis-Sprecher Sven Gnädig am Mittwoch mitteilt, sind bislang gegen sechs Fahrzeughalter Anzeigen erstattet und Bußgeldverfahren eingeleitet worden.

Übermäßige Rodelnutzung

Schäden durch geparkte Autos oder übermäßige Rodelnutzung sind dem Kreis bislang bei sieben Landwirten bekannt. In zwei Fällen wurden mit Wintergetreide bestellte Ackerflächen in Schleiden und Hellenthal beschädigt, in zwei Fällen Grasnarben von Grünlandflächen in Hellenthal und Bad Münstereifel. Dazu kommen drei weitere, noch nicht aufgenommene Schäden in Hellenthal.

Aufklärungsarbeit

Aufklärungsarbeit soll laut Gnädig weiterhin vor Ort geleistet werden. Der Kreis bittet dazu die Naturschutzwarte, verstärkt Präsenz in ihren Gebieten zu zeigen. Sie sollen Besucher auf die Bestimmungen und die Konsequenzen ihres Verhaltens für die Natur hinweisen. In schwerwiegenden Fällen sollen die Verstöße dokumentiert werden. Zudem will die Untere Naturschutzbehörde den betroffenen Kommunen Unterstützung vor Ort anbieten. (rha)

Westerburg schlägt in die gleiche Kerbe: „Das ist nicht zu Ende gedacht und trägt nur zur Verwirrung bei. Die unterschiedlichen Regelungen in Kreisen und Ländern führen zu den Akzeptanz-Problemen.“ Seiner Ansicht nach gehört das Handling einer solchen Pandemie in Bundeshand, um einheitliche Regelungen vorzugeben.

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Beide sind sicherlich nicht allein im gespannten Warten auf die konkreten Bestimmungen, die in der neuen Corona-Schutzverordnung des Landes formuliert werden – und in der Hoffnung darauf, dass die dann mehr Klarheit für alle Beteiligten bringen werden.