Kreis Euskirchen/Bonn – Der Einzelhandelsverband Bonn – Rhein-Sieg – Euskirchen, der auch für die Unternehmen in den beiden stark vom Hochwasser betroffenen Städte Euskirchen und Bad Münstereifel zuständig ist, versucht derzeit, den Geschäftsleuten auf unterschiedlichste Art und Weise zu helfen. „Wir als Verband haben für jeden, der Hilfe benötigt, pro Kopf zwei offene Ohren“, drückt es Jannis Vassiliou aus, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands.
Er weiß: „Es sind traurige Schicksale dabei.“ Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben und dennoch zu wenige Reserven aufgebaut haben: „Da fehlt es dann auch oft an der Kraft weiterzumachen.“
Hinzu kommt, dass viele Händler noch nicht die Auswirkungen der Corona-Pandemie überwunden haben. „Einige haben es gerade so geschafft, durch Corona zu kommen. Jetzt macht die Flutwelle sie platt“, sagt Vassiliou. Er geht davon aus, dass nicht alle Unternehmen in Euskirchen wieder ihr Geschäft öffnen werden. Und die, die zurückkommen, würden zum Teil Monate brauchen, bis sie wieder auf den Beinen seien. „Wir haben hier ja keine Wasserrohrbrüche, sondern eine besondere Lage.“ Geschäfte müssten entkernt und neu aufgebaut werden. „Man ist schockiert, wenn man die Zustände sieht.“ Dabei seien der Handel aber auch die Gastronomie wichtig für die Belebung einer Stadt. Corona habe gezeigt: „Da, wo Handel und Gastronomie geschlossen waren, waren die Innenstädte tot.“
Der Rolle des Verbands als Helfer in der Not ist er sich aber bewusst: „Für uns als Verband ist zuerst einmal das Thema Versicherung wichtig.“ Die Mitglieder könnten momentan eine kostenlose juristische Beratung in Anspruch nehmen. „Das große Thema wird sein, dass Versicherungen den Geschädigten mitteilen, dass sie nicht ausreichend oder überhaupt nicht gegen Elementarschäden versichert sind“, weiß Vassiliou. Er geht davon aus, dass etwa die Hälfte der Einzelhändler nicht über einen entsprechenden Versicherungsschutz verfügt. Um diesen Unternehmen zu helfen, müssten jetzt unbürokratische Lösungen her. Dies habe Vassiliou bereits zwei Tage nach der Katastrophe Ministerpräsident Armin Laschet sowie NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart und NRW-Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser in einem Schreiben mitgeteilt.
Sein Vorschlag: ein von Bund und Ländern eingerichteter Fonds. Auf das Geld sollten Versicherungen zugreifen, um Unternehmen helfen zu können, die über keine Elementarschadenversicherung verfügen. Dann müssten die Versicherer aber auch dazu „verdonnert werden, Schäden einzuschätzen und zu regulieren“, sagt Vassiliou. „Wenn wir wollen, dass die Städte intakt bleiben, brauchen wir diese Soforthilfen.“ Dass dies schwierig sei, dessen ist er sich bewusst. „Natürlich darf der Steuerzahler nicht über den Tisch gezogen werden“, sagt er. Deshalb sei eine peinlich genaue Abrechnung der Versicherungen nötig. Ein weiterer Vorschlag: Um die Schadensbewertung zu beschleunigen und schneller Soforthilfen auszahlen zu können, sollten Versicherungen ihre Gutachter in die Gebiete schicken – auch zu Unternehmen, die nicht ausreichend versichert sind. „Die Gutachter können Schäden relativ schnell einschätzen, dann müssen die Unternehmen nicht eigene Gutachter beauftragen.“
Not-E-Shops des Verbandes
Der Einzelhandelsverband Bonn – Rhein-Sieg – Euskirchen stellt seinen Mitgliedern Not-E-Shops zur Verfügung. „Wir können diese innerhalb von wenigen Tagen anbieten“, sagte Verbandsvorsitzender Jannis Vassiliou. So könnten Händler, die zwar wegen der Hochwasserschäden nicht geöffnet haben, aber deren Ware oder Lager nicht vollständig zerstört wurde, noch Produkte anbieten.
Bis Ende des Jahres will der Verband darüber hinaus für das gesamte Gebiet eine digitale Plattform anbieten. Vassiliou weiß: „Der Handel kann ohne die Digitalisierung nicht überleben. Aus diesem Grund wollen wir den Händlern ein Instrument an die Hand geben.“ (ets)