Euskirchen – Der Tag hat sich ins Gedächtnis der älteren Euskirchener eingebrannt: Freitag, der 13. Juli 1973. Das Hotel Joisten am Alten Markt wird abgerissen, macht der Neuzeit Platz. Einer Neuzeit, die in diesen Tagen 40 Jahre alt wird. Am 25. Oktober 1980 weiht Dr. Wolf Bauer den umgestalteten Alten Markt ein. Mehr als sieben Jahre zuvor reißen Bagger eine Loch in die Seele Euskirchens mit dem Ziel, der alten Kreisstadt wieder einen würdigen Mittelpunkt zu schenken.
Euskirchener Architekten wollen ihren Beitrag zur umfassenden Stadtsanierung der 1970er-Jahre leisten. Es entsteht der sogenannte Zeiger-Bau, der noch heute mit seinen Geschäfts- und Büroräumen die Südostseite des Marktes „schmückt“. Der 1965 ersonnene Plan von Professor Fritz Steinmann aus Bad MünstereifelOkay, der das Hotel Joisten in die neue Bebauung integrieren wollte, wurde seitens der Politik verworfen.
Bagger reißen Hotel ein
Nun reißen Bagger das Hotel ein. Einst das erste Haus am Platz. Es wird dem Erdboden gleichgemacht. Heute erinnert nichts mehr an den Ort, der viele Jahrzehnte das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens in Euskirchen gewesen ist. Bälle und Feste finden dort statt, die Mitglieder des Kreistages kehren nach der Sitzung auf einen Absacker ein, und nach dem Theater traf sich dort Euskirchens bessere Gesellschaft zum Essen.
Bis zu seinem Abriss machen auch zahlreiche Prominente im Hotel Halt. So stehen unter anderem Widmungen von Horst Tappert und Heinz Erhardt im Gästebuch. Außer dem Gästebuch und einer Fahnenstange, beides im Fundus des Euskirchener Stadtmuseums, ist vom Hotel nicht mehr viel erhalten.
Eine undakbare Aufgabe
„Der Denkmalpflege kam damals eine undankbare Aufgabe zu. Ihre konservatorische Zielsetzung stand dem veränderungswütigen Zeitgeist der 1970er-Jahre diametral entgegen“, sagt Dr. Gabriele Rünger, Leiterin des Euskirchener Stadtarchivs. Eine Rechtsgrundlage wie mit dem Denkmalschutzgesetz von 1980 war noch nicht gegeben. „Zudem war die Wertschätzung für die Architektur der Gründerzeit noch nicht gegeben“, so die Historikerin. Die Bauherren argumentierten damals so: „Außen und innen zu verwinkelt, um heute noch rationell genutzt werden zu können.“
Im Rahmen der Stadtsanierung erhält auch der Alte Markt ein neues Gesicht – und wird autofrei. Vor 47 Jahren fahren plötzlich keine Autos mehr über die Neustraße, die damals noch die B 56 war. Entsprechend verschwinden, drei Jahre später, 1976, die Parkplätze auf dem Alten Markt, der schon 1322, als Euskirchen das Marktprivileg verliehen wurde, quadratisch angelegt worden war. Er löste den für Waren- und Viehmärkte zu klein gewordenen Kirchplatz ab.
Großes Diskussionsthema
Die Gestaltung des Alten Markts war immer wieder Diskussionsthema in Politik und Bevölkerung. So war 1934 angedacht, einen großen Springbrunnen auf dem Markt zu installieren. Kirmes und Wochenmärkte sollten nur noch auf dem Annaturmplatz stattfinden. Damals liefen die Anwohner Sturm gegen die Pläne. Auch Heimatmaler Jean Spessart schaltete sich ein.
Mit dessen damaligem Entwurf hat der heutige Alte Markt nicht viel gemein. Der wurde in seiner heutigen Form, inklusive seines gemusterten Kleinpflasters, am 25. Oktober 1980 eingeweiht. Seit dem 5. Mai 1984 schmückt zudem der Springbrunnen, der typische Euskirchener Gewerke zeigt, den Platz. Entworfen hat den Springbrunnen der Aachener Künstler Bonifatius Stirnberger.
Einweihung in 1980
Eingeweiht wird der neu gestaltete Alte Markt am 25. Oktober 1980 von Apotheker Wolf Bauer. Der hatte zwei Tage zuvor die Bürgermeisterwahl in Euskirchen gewonnen und pflanzte nun im Rahmen der 400. Herbstkirmes den letzten Baum auf dem Markt ein.
Bauer blickt in seiner Rede zurück auf die Geschichte des Platzes, der nach der Fertigstellung des Annaturmplatzes im Jahr 1909 im Volksmund nur noch der Alte Markt war. „Brände und Auswirkungen von Kriegen konnten der Stellung des Marktes als Mittelpunkt von Euskirchen nie etwas anhaben“, so Bauer.
Ein beliebter Treffpunkt
Auch heute ist der Platz beliebter Treffpunkt der Euskirchener. Der Wochenmarkt findet zwar nicht mehr dort statt, die Kirmes aber grundsätzlich schon, wenn nicht gerade die Corona-Pandemie solchen Veranstaltungen einen Strich durch die Rechnung macht. In den vergangenen Jahren haben sich zahlreiche Cafés und Restaurants rund um den Platz angesiedelt, ihn zu einer Art Schlemmermeile gemacht.
Etwa 35 Jahre bevor Bürgermeister Wolf den Marktplatz einweiht, marschieren US-amerikanische Soldaten über die Vuvenstraße in die zerstörte Stadt ein und passieren auch den Alten Markt. Übrigens: Nur einen Steinwurf vom Alten Markt entfernt, an der Kreuzung Hochstraße/Vuvenstraße/Kapellenstraße wird am 29. November 1949 die erste Ampel Euskirchens installiert.