Kreis Euskirchen – Das Urteil des Bezirkssportgerichts, die Senioren von Euskirchen Türk Gencligi für ein Jahr vom Spielbetrieb auszuschließen, ist richtig.
Thomas: Auf jeden Fall. Denn der Verein sucht immer nur Ausreden und die Schuld bei anderen. Man könne nicht alle Zuschauer kennen, wird gerne hervorgebracht – wohlgemerkt von einem B-Kreisligisten mit vielleicht 50 bis 100 Gästen bei Spielen und keinem Bundesligisten, zu dem Tausende Menschen strömen. Aber vor allen Dingen waren es nach bisherigen Erkenntnissen ja nicht „die Zuschauer“, sondern der Vereinsvorsitzende, der oberste Repräsentant des Klubs, der die Flasche in das Gesicht des Schiedsrichters geworfen haben soll. Den will also vom Verein niemand kennen. Das könnte natürlich auch damit zusammenhängen, dass man sich vor einer juristischen Aufarbeitung des Falle drücken möchte. Vielleicht wurde der Vorsitzende deshalb auch nicht vom Verein hochkantig rausgeworfen, sondern hat selbst seinen Rücktritt eingereicht. Ansonsten wird der Presse vorgeworfen, Druck ausgeübt zu haben. Und wenn alles nichts hilft, wird, wie jetzt vom Ex-Trainer in einem Sozialen Netzwerk, die Rassismuskeule geschwungen. Aufarbeitung sieht anders aus.
Tom: Die Aufarbeitung ist das eine, die Tat an sich das andere. Wer einem Schiedsrichter mit voller Absicht eine Flasche ins Gesicht wirft, gehört gesperrt. Wenn es der Vereinsvorsitzende ist, gehört der Verein gesperrt. Ganz einfach. Für ein Jahr ohne Bewährung – ohne Wenn und Aber. Mindestens. Der Verein haftet in solchen Fällen eben für seine Zuschauer. Der Fall war im Kreis einmalig und wird es hoffentlich bleiben. Und das Urteil des Bezirkssportgerichts wird im Idealfall seinen Teil dazu beitragen.
Die Saison in der Kreisliga A wird spannender als in der letzten Spielzeit.
Thomas: Ja und nein. Was den Aufstieg angeht, ist die Prognose ähnlich gewagt wie die, dass Regen nass ist. Denn mit Bessenich war eben eine Ausnahmemannschaft da, die konkurrenzlos gut war. Andererseits war der Abstiegskampf durch die Kurzsaison so spannend wie lange nicht mehr. Die kommende Spielzeit dürfte ausgeglichener sein. Es gibt nicht die Übermannschaft, selbst Wißkirchen nicht, wie man im Pokal-Viertelfinale gesehen hat. Es gibt ein paar Favoriten, es gibt ein paar, die gegen den Abstieg kämpfen, und es kann wohl wirklich jeder jeden schlagen. Hinzu kommt noch, dass, wie vor Corona, auch die Tabellenzweiten unter Umständen aufsteigen können und maximal vier Teams absteigen.
Tom: Es wird seit langem die spannendste Kreisligasaison. Ob sie hochklassig wird, muss sich zeigen. Aktuell bezweifle ich das. Aber es gibt Kicker, die Spaß machen. Für die es sich lohnt, einen Sonntag mit Stadionwurst und Bier auf dem Sportplatz zu verbringen. Ben Decker vom SC Wißkirchen ist ein solcher Akteur oder auch Marcel Kaiser vom SV Frauenberg. Unterschiedsspieler, die fußballerisch wahnsinnig genug sind, eine Partie alleine zu entscheiden. Es wird keine Übermannschaft geben, mit dem SC Wißkirchen aber ein Team, das jeder schlagen will – ob man aufsteigen will oder nicht. Mit der JSG Erft, DHO oder Dahlem-Schmidtheim gibt es junge Aufsteiger, die offensiv spielen und den etablierten Teams das Leben schwermachen werden. Auch beim Abstieg wird es spannend werden.
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Die Situation im Fußballkreis Euskirchen mit nur einem Landes- und nur noch fünf Bezirksligisten ist hausgemacht – und zwar von den Vereinen.
Thomas: Natürlich bezahlt kein Fußballverein im Kreis Geld für Spieler. Es gibt höchstens ein bisschen Spritgeld. Denn die Vereine bekommen ja auch nur mal einen Trikotsatz von Sponsoren finanziert... So zumindest kommunizieren es die Vereine immer wieder. Und das ist natürlich völliger Quatsch. Als ob ein Ausnahmespieler wie David Sasse oder ein Ex-Bundesliga-Profi wie Moritz Hartmann für einen Blumenstrauß und einen Handschlag spielen würden. Und es werden in Bezug auf einige Teams immer wieder Etathöhen kolportiert, die bis hinauf in den sechsstelligen Bereich gehen. Selbst wenn das stimmen sollte: Vereine sollten nicht nur auf den kurzfristigen Erfolg setzen, sondern nachhaltig arbeiten. Klubs brauchen einen Unterbau, sie brauchen gute Rahmenbedingungen. Spieler sind irgendwann weg. Aber der Rest bleibt.
Tom: Blumenstrauß und Handschlag? Du darfst den schönen Kunstrasen nicht vergessen und den Apfel und das Ei. Natürlich kostet Sport Geld. Aber beim Fußball ist schon lange jegliches Maß abhanden gekommen. Es gab mal einen ETSC-Spieler, der aus der Kreisstadt zu einem kleinen Verein in der Gemeinde Weilerswist gewechselt ist, um dort Spielertrainer zu werden. Sein Gehalt: angeblich vierstellig – und ein Grundstück gab es noch oben drauf. Mit den finanziellen Mitteln von Vereinen aus dem Kölner oder Bonner Raum konnte der Kreis – die Ausnahme hatte lange Zeit vier Buchstaben – noch nie mithalten. Entsprechend werden Vereine aus dem Kreis Euskirchen, die mir nichts, dir nichts auf Verbandsebene alles in Grund und Boden spielen, die Ausnahme bleiben. Auch, weil Jugendliche dem Lockruf von Vereinen hinter der Kreisgrenze erliegen, es kaum einen Kreis-Verein mit systematischer Jugendarbeit gibt. Und schon mal gar keinen, der die Strahlkraft von Bonn oder Fortuna Köln hat. Ob da besser gearbeitet wird, sei aber mal dahingestellt.