Euskirchen – Im Kulturhof an der Wilhelmstraße nennen sie das Euskirchener Stadtmodell „unser Museumswunder“. Dies deshalb, weil es – wider Erwarten – die Hochwasserkatastrophe ziemlich gut überstanden hat. „Jeder dachte: Das Modell ist zerstört“, erinnert sich Petra Goerge, Mitarbeiterin des Stadtmuseums, dessen Erdgeschoss am 14. Juli 2021 überflutet worden war.
Dort hatte das Modell damals seinen Platz – und dort steht es auch jetzt wieder, nachdem es zum Trocknen ausgelagert und in vier Teile zersägt worden war, um es konservatorisch zu behandeln. Als das Stadtmuseum jetzt, nach zehnmonatiger flutbedingter Pause, wieder seine Türen öffnete, diente es im Empfangsbereich gleich wieder als Blickfang für die Besucherinnen und Besucher.
Stadtmodell von 1952 wird vor Ort restauriert
„Die Pappe und die Bierdeckel, aus denen es zum großen Teil besteht, waren mit Wasser vollgesogen, doch es ist als Einheit heil geblieben“, sagt Goerge über das Modell, das Stadtbaurat Hofmann 1952 anlässlich der 650-Jahr-Feier Euskirchens baute. Es zeigt den historischen Kern nach einem Stadtplan von 1829. Nun soll es vor Ort restauriert werden.
Museumsleiterin Dr. Heike Lützenkirchen, Museumspädagogin Petra Goerge und das übrige Team blickten am Tag der Wiedereröffnung auf turbulente Zeiten zurück. Nach zwei Lockdowns und nur kurzen Phasen mit Publikumsverkehr hatte das Hochwasser schwere Schäden angerichtet. Trotz umgehend eingeleiteter Rettungsmaßnahmen gingen fast 10 Prozent des Sammlungsbestandes unwiederbringlich verloren – „darunter nahezu alle Schülerarbeiten der Marienschule zum Thema Corona, die erst in 2020 in die Sammlung aufgenommen worden waren“, wie es in einem Bericht heißt, den Lützenkirchen für den städtischen Kulturausschuss verfasst hat.
Hunderte Objekte durch Hochwasser beschädigt
Vom 16. Juli an räumte und reinigte das Team des Museums mit Kolleginnen und Kollegen aus dem städtischen Fachbereich 5 (Kultur, Freizeit, Sport) das Erdgeschoss. Schnelle Soforthilfe zur Rettung der noch vorhandenen Exponate leisteten Restauratorinnen des Landschaftsverbandes Rheinland, Kollegen aus dem Kunstmuseum Bonn und ein Metallrestaurator aus Rheinbach.
Durch die Flut sind 586 Einzelobjekte und Konvolute beschädigt worden. Das Gros wird restauriert und fachgerecht gereinigt. „Wenn möglich, wird Sammlungsgut ersetzt beziehungsweise antiquarisch erworben“, so Lützenkirchen.
Foto- und Filmdokumentation zur Flut
Mit der Katastrophe befasst sich das Museum auch auf einer anderen Ebene. In Kooperation mit dem Stadtarchiv wurde ein Dokumentationsprojekt ins Leben gerufen. Der Titel: „Stadtgeschichte gesammelt: Fotos und Filme von der Flut 2021 in Euskirchen“.
Zusammengetragen werden private Film- und Fotoaufnahmen von Euskirchener Bürgerinnen und Bürgern, die die Ereignisse des 14. Juli 2021 und der darauffolgenden Tage festgehalten haben. Bis Ende 2021 haben 100 Personen Bilder und Filme eingereicht. Sie werden gesichtet und in der Archivdatenbank verzeichnet. Eine Foto-Auswahl wird das Museum in einer Ausstellung zeigen, die Ende August beginnt.
Die Öffnungszeiten
Nach der flutbedingten Zwangspause empfängt das Stadtmuseum im Kulturhof (Wilhelmstraße 32-34) wieder Besucher. Die Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 15 bis 18 Uhr, Samstag von 11 bis 15 Uhr, Sonn- und Feiertage von 11 bis 18 Uhr. (ejb)
Um Erinnerungen von Zeitzeugen an den 14. Juli geht es in einem Forschungsprojekt des Museums und des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte Bonn unter der Überschrift „So was haben wir noch nicht erlebt“.
Wie nimmt Euskirchen die Klimakrise wahr?
Nicht zuletzt befasst sich das Museum mit der Wahrnehmung der Klimakrise. Dazu will man Interviews mit Euskirchener Bürgerinnen und Bürgern, städtischen Verantwortlichen sowie Experten und Expertinnen führen.
„Derzeit arbeiten wir auch an der Konzeption für die Neueinrichtung des Erdgeschosses“, ergänzt Petra Goerge. Die Eröffnung sei für den Herbst geplant. Bis dahin soll auch die zum größten Teil im Obergeschoss angesiedelte Dauerausstellung zur Euskirchener Stadtgeschichte neu gestaltet werden.
Ebenfalls im Herbst will das Museum eine Sonderausstellung zeigen, die gegenwärtig den Arbeitstitel „Jahrmarkt und Kirmes“ trägt. Anlass ist die Vergabe der Marktrechte an die Stadt Euskirchen vor 700 Jahren.