Hellenthal – „Ich mache kein Denkmal weg aus Spaß an der Freude“, sagt Rudolf Westerburg. Der Umgang mit der ehemaligen Lohgerberei sei für ihn als Bürgermeister eine ganz schwierige Situation. Wenn Hellenthal eine andere Fläche für die Nahversorgung hätte, sei der Erhalt der alte Lohgerberei ein Thema. Westerburg: „Aber wir haben keine andere Fläche im Kernort. Und irgendwann muss man eine Entscheidung treffen.“
Zurzeit läuft das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungs- und damit auch des detaillierteren Bebauungsplans. Beide sind Voraussetzung dafür, dass an der Grenzlandhalle ein Aldi- und ein Drogerie-Markt gebaut werden können. Jedoch: Auf dieser Fläche befindet sich die unter Denkmalschutz stehende ehemalige Gerberei, auch Haus Kremer genannt. Der Rat hat sich einhellig für den Abriss entschieden.
Antrag ruht zurzeit
Der Abriss-Antrag liegt zwar beim Kreis vor. Er ruht aber, weil nun die Gemeinde zuerst in Sachen Denkmalschutz am Zug ist. Der Bürgermeister als Leiter der Unteren Denkmalbehörde muss mit dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland „das Benehmen“ für den Abbruch herstellen. Inzwischen hat sich in Hellenthal eine Initiative formiert, die sich an NRW-Bauministerin Ina Schnarrenbach gewandt hat, um den Abriss zu verhindern (s. „Prozedere“).
Den Zustand des Gebäudes bezeichnet Westerburg als „katastrophal“. Balken seien teilweise weggefault und einst mit Steinen abgestützt worden. Man könne stellenweise das verfaulte Holz mit der Hand herausnehmen. Im Frühjahr des vergangenen Jahres hat die Gemeinde das Haus unter anderem mit Stützen gesichert.
Gemeinde untersucht sinnvolle Nutzung
Das Prozedere
Spricht sich das LVR-Amt für Denkmalpflege für den Abriss der Gerberei aus, steht dem Bau von Aldi und Drogeriemarkt nichts mehr im Weg. Stimmt es gegen den Abbruch, kann Rudolf Westerburg als Leiter der Unteren Denkmalbehörde entscheiden.
Das Denkmalamt kann dann Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, einschalten, die als Chefin der Obersten Denkmalbehörde das letzte Wort hat. (bk)
Über die Zeit seien auch bauliche Veränderung in dem Haus aus der Zeit um 1817 vorgenommen worden, so sei etwa ein Backofen eingebaut worden. Diese Veränderungen hätten nicht mehr viel mit dem Originalzustand zu tun. Die Gemeinde hat untersucht, ob das Haus noch sinnvoll genutzt werden kann. Laut Bürgermeister kostet die Einrichtung eines Museums 700.000 bis 750.000 Euro.
Ein reines Erhalten (niederschwellige Nutzung) hat Architekt Johannes Prickartz 2014 mit 327.000 Euro veranschlagt. Ende 2016 hat die Gemeinde hierbei einige Gewerke ausgeklammert und kommt auf 295.000 Euro. Diese Summe ist laut Bürgermeister vom Denkmalamt anerkannt. Für Pflege und Unterhaltung des Gebäudes rechnet man jährlich rund 31.000 Euro.
Dem gegenüber steht die Nahversorgung in Hellenthal und den umliegenden Orten. Das Lebensmittel- und Drogerie-Angebot sei bei weitem nicht ausreichend. Der nächste Drogeriemarkt in Kall sei 16 Kilometer entfernt, nach Imgenbroich oder Prüm seien es 30 Kilometer. Ein Discounter wie Aldi biete bis zu 1400 Artikel an, davon nur etwa 100 Drogerieartikel. Westerburg: „Der ,dm’ in Kall hat 12.000.“
Auf die Frage, ob die Märkte und die alte Gerberei nebeneinander existieren können, sagt Westerburg: „Wir haben zig Varianten geprüft. Es geht nur ohne die Gerberei.“ Aldi beansprucht 1200, der Drogeriemarkt 600 bis 800 Quadratmeter Verkaufsfläche – insgesamt 2000 Quadratmeter. Hinzu kommen laut Westerburg 70 bis 100 Parkplätze. Da bleibe kein Platz für die Gerberei. Wegen des sehr schlechten Zustands dieses alten Hauses sei eine Löschung aus der Denkmalliste möglich.
Andererseits sieht er für die Nahversorgung in Hellenthal Aldi und Drogeriemarkt als dringend notwendig an. Rudolf Westerburg bittet das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland um eine Antwort bis zum 31. August. Er geht davon aus, dass im Herbst die Entscheidung darüber fällt, was mit der alten Gerberei geschieht.