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Eifeler PlattBad Münstereifel stellt in Eicherscheid die erste zweisprachige Ortstafel auf

Lesezeit 5 Minuten
Auf dem Ortsschild von Eicherscheid ist der Ortsname auch auf Eifeler Platt angegeben: Eschesch.

Das Ortsschild von Eicherscheid ist das erste im Kreis Euskirchen, auf dem der Ortsname auch auf Eifeler Platt angegeben ist. Das „E“ am Anfang von „Eschesch“ wird lang gesprochen.

Förderung der Eifeler Mundart: In Bad Münstereifel, Mechernich, Schleiden und Nettersheim sind zweisprachige Ortstafeln geplant.

Der Kallmuther Ortsbürgermeister Robert Ohlerth ist ein wenig angesäuert, als er erfährt, dass die Stadt Bad Münstereifel vorgeprescht ist. „Eigentlich wollten wir die ersten sein“, sagt SPD-Urgestein Ohlerth, der seit vier Jahrzehnten die Politik in Mechernich mitgestaltet: „Aber wir brauchen wahrscheinlich noch 14 Tage.“

Es geht um das nagelneue gelbe Ortsschild, das seit wenigen Tagen am nördlichen Ortseingang von Eicherscheid an der B51 steht. Vor allem aber geht es um die Zusatzbezeichnung, die man da unter dem Ortsnamen lesen kann: Eschesch. Es handelt sich dabei, wie die der ripuarischen Mundart Mächtigen wissen, um den Ortsnamen Eicherscheids auf Eifeler Platt, ausgesprochen wird der Eeschesch, mit einem langen„E“ am Anfang (und nicht etwa Esch-Esch!).

Bad Münstereifel: Liste mit allen Ortsnamen „op Platt“ erstellt

Diese Ortstafel – so heißt das umgangssprachlich meist als Ortsschild bezeichnete Schild in der Straßenverkehrsordnung – ist eine Besonderheit im Kreis Euskirchen, denn es ist die erste Tafel, die den Ortsnamen zusätzlich auf Platt ausweist. Im September 2021 hatte der Bad Münstereifeler Stadtrat beschlossen, die Schilder im Stadtgebiet künftig „zweisprachig“ zu gestalten.

Eine Garantie für die richtige Schreibweise gebe es dabei übrigens nicht, merkt Stadt-Pressesprecher Johannes Mager an: „Manche mundartlichen Ortsbezeichnungen werden sogar innerhalb des Stadtgebietes von Bad Münstereifel unterschiedlich ausgesprochen – und im Gegensatz zum Hochdeutschen gibt es für das Eifeler Platt kein verbindliches Wörterbuch.“

Trotzdem habe man sich natürlich Gedanken darüber gemacht, wie man Holtesch, Keuschemisch und Olet (also Hilterscheid, Kirspenich und Ohlerath) phonetisch korrekt auf die Ortstafel bekommt. „Unser Stadthistoriker Harald Bongart hat im engen Austausch mit Mundartsprechern aus den Orten eine entsprechende Liste aller Ortsnamen erstellt“, berichtet Mager.

Ziel aller Kommunen: Förderung der Mundart als Alltagssprache

Um Kosten zu sparen, sollten allerdings nicht alle Tafeln in allen 51 Orten, die zum Stadtgebiet gehören, auf einen Schlag ausgetauscht werden. „Sollten Ortsschilder ausgetauscht/erneuert werden müssen, so sollen diese sukzessive durch Ortsschilder ersetzt werden, die auch den Ortsnamen in Mundart aufführen“, heißt es im einstimmig gefassten Ratsbeschluss von 2021.

Um das Schild vor Diebstahl zu schützen, wird es natürlich vernietet und gesichert, damit man es nicht einfach abschrauben kann.
Robert Ohlerth, Ortsbürgermeister von Kallmuth, hat sich Gedanken über den Diebstahlschutz gemacht

Bad Münstereifel ist nicht die einzige Kommune, die sich mit der Idee der identitätsstiftenden Ortsschilder befasst: Auch in der Stadt Mechernich sowie in der Gemeinde Nettersheim gibt es ähnliche Ratsbeschlüsse, in Schleiden wurde das Thema bereits ausführlich im Bildungs- und Sozialausschuss diskutiert. Fördern soll die Maßnahme in allen Kommunen die Nordeifeler Mundart als Alltagssprache auch bei jüngeren Menschen. Platt soll damit wieder mehr ins Bewusstsein gerückt werden.

Stadt Mechernich: In Kallemett ist man fast so weit

Am Bleiberg hat der Stadtrat erst im Juni dieses Jahres den Weg freigemacht für die zweisprachigen Ortsschilder. Und laut Silvia Jambor, Fachbereichsleiterin Ordnungswesen und Bürgerservice bei der Stadt Mechernich, sind die ersten Anträge schon gestellt. Um die praktische Abwicklung vor Ort kümmerten sich in der Regel die Ortsbürgermeister, ebenso um die Finanzierung, die über Spenden oder einen Zuschuss in Höhe von maximal 2000 Euro aus dem NRW-Heimatministerium realisiert werden soll.

In Kallemett (also Kallmuth) hat sich Ortsbürgermeister Robert Ohlerth inzwischen von der Nachricht erholt, dass sein Dorf nicht den Titel des ersten „platten“ Ortsschildes für sich verbuchen kann: „Die Finanzierung über den Heimatscheck steht, in Kürze werden wir den Auftrag für die Zusatzschilder, die unter den Ortstafeln montiert werden sollen, vergeben können.“

Anders als in Bad Münstereifel kommt der mundartliche Ortsname dort also nicht auf die gelbe Ortstafel. „Um das Schild vor Diebstahl zu schützen, wird es natürlich vernietet und gesichert, damit man es nicht einfach abschrauben kann“, berichtet Ohlerth. Denn er kann sich durchaus vorstellen, dass Mundart-Fans auf kriminelle Gedanken kommen könnten, um sich ein Exemplar des Schildes zu sichern. Insgesamt brauche man in Kallmuth vier Zusatzschilder: eines für jeden Ortseingang.

Gemeinde Nettersheim: Övesch Jau macht in wenigen Tagen den Anfang

Bereits in den kommenden Tagen soll das erste zweisprachige Ortsschild in Övesch Jau, also Engelgau, aufgehängt werden, berichtet Uschi Mießeler, Leiterin der Stabsstelle bei der Gemeindeverwaltung: „Die anderen Orte folgen dann sukzessive im kommenden Jahr.“ In Öngesch Jau zum Beispiel, also Frohngau – wobei sich die mundartlichen Namen der beiden benachbarten Orte allein von der Höhenlage ableiten.

Und wie finden das die Frohngauer, unten im Tal, in der Ortsschild-Frage den Kürzeren gegenüber den Nachbarn oben auf dem Berg gezogen zu haben? „Das ist überhaupt kein Problem“, sagt Ortsvorsteher Philipp Schwekendiek, der allerdings – der Familienname lässt es erahnen – kein gebürtiger Eifeler ist: „Das gönnen wir den Engelgauern.“ Wie in Bad Münstereifel hat man sich auch in Nettersheim für einen Zusatz auf den gelben Ortstafeln entschieden.

Stadt Schleiden: Jemönk, Beresch und Drommer müssen noch warten

„Es ist erschreckend, wie bürokratisch das am Ende alles ist“, sagt Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings zur Frage nach dem aktuellen Stand der Ortsschild-Planungen für zum Beispiel Jemönk, Beresch oder Drommer, wie die Orte Gemünd, Berescheid und Dreiborn auf Platt heißen. „Ich finde den Antrag sehr gut und habe ihn auch selbst mitgetragen. Aber wenn man bedenkt, was da alles mit dranhängt, ist das schon ein sehr großer Aufwand für die Verwaltung.“ Pfennings gibt zu bedenken, dass man im Schleidener Rathaus den entsprechenden Erlass von Heimatministerin Ina Scharrenbach so interpretiert, dass tatsächlich die Hauptsatzung der Stadt Schleiden geändert werden müsste, wollte man die Zusatznamen auf die gelben Ortstafeln drucken.

Deshalb ist der Schleidener Verwaltungschef einigermaßen überrascht vom Vorgehen in Bad Münstereifel. „Ich habe die Vorgaben des Ministeriums so verstanden, dass alle Ortsschilder in einem Zug ausgetauscht werden müssten, nicht peu à peu“, so Pfennings weiter.

Laut einer internen Berechnung gehe man von Kosten in Höhe von rund 27.000 Euro aus, sollten alle rund 70 Ortstafeln im Schleidener Stadtgebiet auf einen Schlag ausgetauscht werden. „Wir werden das Thema auf jeden Fall noch einmal angehen“, verspricht der Bürgermeister.