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InfektionKreis Euskirchener Amtsarzt erklärt, warum Corona kleine Kinder häufiger trifft

Lesezeit 4 Minuten
Das Archivbild zeigt eine Person in einem Schutzanzug, die ein Teststäbchen in die Höhe hält.

Positive Corona-Tests finden kaum noch Eingang in die Statistiken.

Zwar gibt es im Kreis Euskirchen derzeit nur 30 gemeldete Corona-Fälle, doch es muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden.

Sie heißen Pirola, Eris und Arcturus, gehören der Familie der Omikron-Viren an und sorgen derzeit dafür, dass Corona wieder mehr in den Vordergrund rückt. Bei 15,4 lag die Inzidenz am Mittwoch im Kreis Euskirchen.

Das sind etwa 30 gemeldete Fälle. Doch dabei handelt es sich um Betroffene, die einen PCR-Test haben machen lassen und deren Ergebnisse in die Statistik eingehen. Nur macht das kaum noch jemand.

„Ob der Faktor der Dunkelziffer bei 10 oder 100 liegt, darüber scheiden sich die Geister“, sagt Christian Ramolla, der Leiter des Kreisgesundheitsamtes. Unübersehbar sei aber: „Corona steigt wieder an.“ Das sei auch nicht verwunderlich, so der Amtsarzt: „Es wird kühler, wir rutschen mehr zusammen und halten uns mehr in Räumen auf.“

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Ob der Faktor der Dunkelziffer bei 10 oder 100 liegt, darüber scheiden sich die Geister.
Christian Ramolla, Leiter des Kreisgesundheitsamtes Euskirchen

Ein guter Indikator seien die landesweiten Tests, anhand derer das Virenvorkommen in den Abwässern gemessen werde. „Da hatten wir vor vier Wochen eine sichtbare Welle. In allen Farbdarstellungen ging es dann von grün zu sehr rot.“ Dann sei es etwa ruhiger geworden. „Doch seit einer Woche zieht es wieder enorm an“, sagt Ramolla. Ein spezielles Abwassermonitoring für den Kreis Euskirchen gebe es aber nicht.

Das Bild zeigt Christian Ramolla.

Christian Ramolla, Leiter des Gesundheitsamtes.

Bei den obligatorischen Corona-Tests in Krankenhäusern haben sich Ramolla zufolge die Positivfälle von Ende Juni bis heute verdreifacht – auch das landesweit. „Im Kreis haben wir zurzeit meiner Kenntnis nach keinen Corona-Fall auf den Intensivstationen“, sagte Ramolla am Mittwochmittag.

Christian Ramolla: Die „Corona-Familie“ hat dazugelernt

Bundesweit steige die Zahl der schweren Corona-Fälle unter den 0- bis 4-Jährigen, weiß Ramolla aus Erhebungen. Aus dem Kreis Euskirchen sei ihm ein solcher Fall jedoch nicht bekannt. Ganz kleine Kinder seien zu jung, um die Impfaktionen der vergangenen Jahre mitbekommen zu haben, erklärt Ramolla diese Häufung.

Erwachsene hingegen seien zum Großteil immun, weil sie geimpft sind und/oder bereits infiziert waren. „Da haben wir derzeit ein sehr gutes Immunsystem. Das fehlt den ganz kleinen Kinder im Moment komplett.“ Sie seien daher eine sehr empfängliche Gruppe für Coronaviren.

„Die Corona-Typen, also die Mitglieder der Corona-Familie, haben dazugelernt“, erklärt der Mediziner: „Sie entwickeln gerade Mechanismen, um dem Impfschutz auszuweichen.“

Leiter des Gesundheitsamtes Euskirchen empfiehlt Impfungen

Gut daran: Das Virus werde dadurch ungefährlicher – frei nach dem Motto: Die Kuh, die ich melken will, sollte ich nicht schlachten. „Wenn sie uns Menschen befallen, dann sind wir deren Wirt, mit dem sie sich durch Übertragung vermehren können“, beschreibt es Ramolla anschaulich. Daher wäre es aus Sicht des Virus nicht schlau, den Wirt stärker zu schwächen als nötig. Oder ihn gar umzubringen.

Darauf hätten sich die neuen Virustypen eingestellt: „Das ist eine Entwicklung, die wir irgendwie vorausgesehen haben, als wir gesagt haben: ,Irgendwann verläuft Corona nur noch mit einem milden Schnupfen.'“

Ramolla empfiehlt Menschen ab 60 Jahren, sich impfen zu lassen, sofern die letzte Impfung oder Corona-Infektion ein Jahr oder länger zurückliegt: „Es sollten sich auch jüngere Menschen dann impfen lassen, wenn sie mit Menschen zusammenwohnen, für die eine Corona-Infektion zu einer ernsthaften Bedrohung führen könnte, also etwa mit chronisch Lungen- oder Herzerkrankten.“

Sechs Dosen in einer Ampulle: Das ärgert die Ärzte im Kreis Euskirchen

Auch Bürger, die sich bisher aus grundsätzlichen Erwägungen nicht haben impfen lassen, „kann man nur mantramäßig sagen: ,Bitte lasst euch doch impfen.'“ Ausreichend Impfstoff sei vorhanden: „Ich habe zumindest nichts Gegenteiliges gehört“, sagt Ramolla.

Ärgerlich sei aber, dass in den Ampullen sechs Dosen seien. „Wenn jemand ohnehin in der Praxis ist und sich spontan impfen lassen möchte, hat die Ärztin oder der Arzt die Wahl, fünf Dosen wegzuwerfen oder dem Patienten auf einen zentralen Termin zu vertrösten.“

Ramolla rechnet nicht damit, dass es absehbar wieder solche Schutzmaßnahmen geben wird wie 2020, 2021 und 2022 – von Maskenpflicht über Besuchsverbot in Seniorenheimen bis zu Schulschließungen: „Bei den jetzigen Varianten kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen.“

Es könne aber noch Schutzempfehlungen geben: „Wenn ich beispielsweise einen chronisch kranken Menschen in Behandlung hätte, der eine weite Strecke mit dem Zug fahren möchte, würde ich ihn bitten zu überlegen, ob er nicht lieber eine FFP-Maske tragen wolle“, sagt der Amtsarzt.


So schätzt das Gesundheitsamt die Grippe-Situation ein

2020 staunten die Experten. „Ich habe immer gesagt: ,Lasst euch zur Karnevalszeit gegen Influenza impfen'“, erzählt Gesundheitsamtsleiter Christian Ramolla. Doch im Vorjahr sei schon zu Weihnachten Influenza-Zeit gewesen.

„So richtig dolle ist es zurzeit noch nicht, bundesweit waren es in der vergangenen Woche 64 Influenza Fälle“, so Ramolla: „Das ist alles noch ein Hintergrundrauschen.“ Aufs Jahr gerechnet würden erfahrungsgemäß etwa 250.000 Fälle festgestellt.

Im Kreis habe es in letzter Zeit keinen Fall gegeben. Nach den Erfahrungen von 2022 sei um Weihnachten mit den ersten Fällen zu rechnen. „Es ist noch genug Zeit, sich impfen zu lassen“, erklärt der Amtsarzt.