Umfragen zeigen: Die Stimmung bei den Firmenchefs ist mies. Ein Wirtschaftsexperte der Kreisverwaltung Euskirchen nennt die Gründe.
KonjunkturCorona, Flut, Inflation – Die Folgen treffen den Kreis Euskirchen besonders hart
In der Wirtschaft im Kreis Euskirchen herrscht miese Stimmung. Für diese These bieten die jüngsten Umfragen bei den Betriebsleitungen reichlich Material. Nachdem der Kreis bei der Herbstumfrage der Handwerkskammer Aachen in der vergangenen Woche vor dem Kreis Heinsberg den vorletzten Platz in der Region belegte, setzt die aktuelle Herbstumfrage der Industrie- und Handelskammer Aachen (IHK) noch einen drauf. Hier ist der Kreis Euskirchen Schlusslicht.
„Die Lagebewertung der Betriebe im Kreis Euskirchen hat sich deutlich verschlechtert“, teilt die IHK mit. Nur neun Prozent der Befragten geben an, mit der aktuellen Situation zufrieden zu sein, 43 Prozent sehen sie negativ. Das ergibt einen Saldo von -34. In keiner anderen Gebietskörperschaft der IHK Aachen ist die Bewertung schlechter.
Im gesamten IHK-Bezirk steht der Saldo bei +10: 33 Prozent schätzen die Lage positiv ein, 23 negativ. Neben dem Kreis Euskirchen weist nur noch der Kreis Düren mit -3 einen negativen Saldo auf: 25 Prozent positiv, 28 negativ. Am besten ist die Bewertung der Geschäftslage in der Stadt Aachen (45 positiv, 16 negativ, Saldo 29), es folgen der Kreis Heinsberg (39/16/23); Kreis Aachen (34/18/16).
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Auch die Aussichten der Betriebsführungen im Kreis Euskirchen auf die kommenden Monate haben sich laut IHK weiter eingetrübt: „Nur noch 14 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäfte, 47 Prozent dagegen befürchten, dass sich die Geschäfte negativ entwickeln.“
Und auch hier ist der Kreis Euskirchen mit dem Saldo von -33 klares Schlusslicht: IHK-weit liegt er bei -15 (18/33. Einzig in der Stadt Aachen ist die Stimmung positiv (28/18/10). Die übrigen Kommunen weisen negative Werte auf: Kreis Aachen (14/35/-21), Kreis Düren (13/35/-22), Kreis Heinsberg (14/39/-25).
Wirtschaftsexperte des Kreises nennt die Gründe für die Probleme
Doch wo liegen die Gründe? „Viele Unternehmen im Kreis Euskirchen verfügen infolge der Corona-Pandemie und der Flutkatastrophe nur über sehr begrenzte Rücklagen und geringe Liquidität“, sagt Christof Gladow, stellvertretender Leiter der Stabsstelle Struktur- und Wirtschaftsförderung in der Kreisverwaltung: „Globale Krisen, wie der Krieg in der Ukraine, die hohen Energiekosten und die starke Inflation treffen sie daher überdurchschnittlich hart.“
Der Handel zähle im Kreis Euskirchen zu den Branchen, die überdurchschnittlich stark von der Flutkatastrophe durch Totalschäden betroffen waren, so Gladow. Noch immer hätten viele Einzelhandelsgeschäfte nicht wieder geöffnet, die Inflation mache den Wiederaufbau teurer als geplant.
Bausektor und Handwerk litten allgemein unter gestiegenen Zinsen und Baustoffpreisen im Allgemeinen, aber der Kreis Euskirchen sei besonders hart betroffen, weil sie hier überdurchschnittlich vertreten seien, so Gladow: „Erschwerend kommt hinzu, dass die Dienstleister im Kreis Euskirchen sehr häufig Leistungen für die Bauwirtschaft erbringen, wie zum Beispiel Architekten oder Ingenieure, sodass diese ebenfalls vom Konjunktureinbruch betroffen sind“.
Wirtschaftsmix im Kreis Euskirchen entpuppt sich als krisenanfällig
Andererseits: Dienstleister im Bereich Forschung, Entwicklung, Medien, Werbung, Kommunikation, die weniger vom Konjunktureinbruch betroffen sind, seien hingegen im Kreis Euskirchen unterrepräsentiert. Zu all dem komme der Fachkräftemangel, der wiederum die Betriebe besonders treffe, die im Kreis stark vertreten seien: Handwerks- und Industriebetriebe.
Zwar verzeichne der Tourismus nach der Corona-Pandemie und der Flutkatastrophe eine deutliche wirtschaftliche Erholung, stellt Gladow fest: „Hier bereitet allerdings die Personalgewinnung, insbesondere die Rückgewinnung des in den Krisen abgewanderten Personals, große Probleme und stellt einen Engpassfaktor bei Konsolidierung und Wachstum dar.“