Schmallenberg/Daun – Mallorca geöffnet, die Eifel und das Sauerland bleiben zu. „Für unsere Vermieter ist das die absolute Katastrophe, wenn unsere Gäste in den Osterferien alle ins Ausland abwandern, weil hier keine Übernachtung möglich ist“, sagt Katja Lutter, Geschäftsführerin der Schmallenberger Sauerland Tourismus GmbH. „Das ist nicht mehr zu verstehen. Die Gäste warten nur darauf, dass sie kommen dürfen.“ Eine Million Übernachtungen zählt der Hochsauerlandkreis in normalen Jahren. Doch was ist schon normal seit dem Ausbruch der Pandemie?
Bisher habe die Branche den Lockdown seit November einigermaßen überstanden, das Jahr 2020 endete mit einem Übernachtungsminus zwischen 30 und 40 Prozent, doch ohne eine verlässliche Öffnungsperspektive drohten die Strukturen zu zerbrechen. „Fachkräfte aus Hotellerie und Gastronomie wandern in andere Branchen ab, weil das Kurzarbeitergeld nicht reicht“, berichtet Lutter. „Wenn dann irgendwann geöffnet werden darf, fehlt uns das Personal. Was wir brauchen, ist eine kluge Öffnung mit einer Teststrategie. Wir können nicht länger alles nur auf die Inzidenzwerte abstellen.“
500 Millionen Euro Umsatz fehlen
Klaus Schäfer, Geschäftsführer der Eifel-Tourismus GmbH, sieht das genauso. „Es wird dauernd von Öffnungsperspektiven gesprochen, doch außer sinkenden Inzidenzzahlen habe ich noch kein anderes Instrument mitgeteilt bekommen.“ Dabei habe man in einigen Kreisen der Eifel Werte, „die zwischen 20 und 30 liegen. Dort sind die Voraussetzungen für Öffnungen erfüllt. Dort erwarten wir klare Signale für ein Go. Zumindest für die Gastronomie.“
Bei sechs Millionen Übernachtungen in normalen Jahren in der Eifel komme die Branche auf einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro. 2020 hätten bereits 500 Millionen gefehlt. „Und jetzt muss endlich etwas passieren.“
Neben der Sorge, dass sich wie im Sauerland auch in der Eifel die Fachkräfte in Hotellerie und Gastronomie nach Jobs in anderen Branchen umschauen müssen, dürfe vor allem eins nicht eintreten: ein Jo-Jo-Effekt bei den Öffnungen. „Zwei Wochen auf und dann wieder zu ruiniert die Betriebe endgültig“, so Schäfer. „Sie müssen sich auf die Gäste einstellen, kaufen Ware ein, holen ihre Leute aus der Kurzarbeit zurück. Und stünden da mit all ihren Kosten, wenn sie wieder schließen müssten.“
Entschädigungen statt Hilfszahlungen gefordert
Im Sauerland haben sich Hotelbetriebe und Gastronomen am Montag dazu entschlossen, sich nicht länger allein auf ihre Lobbyisten wie den Hotel- und Gaststättenverband und den Tourismusverband zu verlassen, die bei der Politik für Druck sorgen sollen. Nach der „bitteren Erfahrung der letzten Ministerpräsidentenkonferenz, bei der wir nicht mal wahrgenommen wurden, müssen wir jetzt selbst was tun“, sagt Elke Stahlmecke. Die Sauerländerin organisiert den Protest der Branche und will ihn über NRW möglichst auf ganz Deutschland ausdehnen. „Unsere Branchenverbände sind ja ganz aktiv bei der Politik, aber finden kein Gehör. Deshalb müssen wir sie jetzt wachrütteln.“
Ausgehend von der Hotel-Kooperation „Die Sterne im Sauerland“ haben sie im Internet die Plattform „aufstehen-gastgeber.de“ gegründet und dort neben einem Positionspapier auch die Mail-Adressen wichtiger Politiker in Land und Bund hinterlegt. Sie fordern für Unternehmen, „die nachweislich ein schlüssiges Hygienekonzept haben“, Entschädigungen statt Hilfszahlungen, wenn sie nicht öffnen dürfen. Man erwarte, dass bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 22. März „über konkrete Perspektiven für das Gastgewerbe gesprochen wird“.
Verbände fordern Soforthilfeprogramm und Einmalzahlungen
Der Druck der Tourismusbranche nicht nur auf die Landesregierung steigt. Am Dienstag haben sich auch Anbieter privater Ferienunterkünfte in Deutschland „fassungslos“ gezeigt, dass Flugreisen ins Ausland wieder erlaubt sind, das Beherbergungsverbot im Inland aber bleibt. „Pandemie-Partys in den Clubs und Bars auf Mallorca“ würden ermöglicht, Spaziergänge in deutschen Naherholungszielen und Spieleabende in Ferienwohnungen blieben verboten, heißt es in einem Schreiben des Verbands der Eigentümer von Ferienwohnungen und Ferienhäusern an Kanzlerin Merkel und die Länderchefs. „Wir haben dafür keinerlei Verständnis.“
Der Verband vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von rund 200.000 privaten Ferienunterkunftsanbietern. Die Politik ignoriere deren existenzbedrohliche Lage und bevorzuge zudem große Konzerne wie TUI und Lufthansa. Da es keinerlei Perspektive gebe, sei ein Soforthilfe-Programm nötig, forderte der Verband, ein „Einmalbetrag von 10 000 Euro“ für jede Ferienwohnung und jedes Ferienhaus.
Laschet will erst Ende März über Öffnungsstrategie beraten
Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte Ende vergangener Woche Mallorca, die übrigen Balearen und weitere Gebiete Spaniens von der Liste der Corona-Risikogebiete genommen. Gleiches gilt für einige Regionen in Portugal und in Dänemark. Daraufhin waren Reisebuchungen in diese Gebiete in die Höhe geschnellt. Eine Reihe weiterer Verbände der Tourismuswirtschaft und Gastronomie startete unterdessen eine Social-Media-Kampagne unter dem Slogan „Tourismus: sicher und verantwortungsvoll“ und dem Hashtag #PerspektiveJetzt.
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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dämpfte am Dienstag die Erwartungen. „Über Öffnungsstrategien werde man sich erst am 22. März wieder unterhalten“, sagte Laschet. Die Aufhebung der Reisewarnungen nach Mallorca sei mit niedrigen Inzidenzen begründet. „Ich würde trotzdem niemandem empfehlen, dorthin zu reisen.“ Man treffe dort schließlich auf andere Menschen möglicherweise aus Gebieten mit höheren Inzidenzzahlen. „Ob für Deutschland bei steigenden Inzidenzen der Tourismus am 22. März wieder geöffnet wird, halte ich eher für fraglich“, so Laschet.