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Umzug ins FreilichtmuseumBahnhof aus Walporzheim tritt Ende Mai seine letzte Reise an

Lesezeit 4 Minuten
Baustelle zum Abbau des im Stadtteil Walporzheim der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler gelegenen Bahnhofs. Im Vordergrund verlaufen eine Straße und die Bahnlinie, hinter dem Gebäude steht ein Baukran.

Im Januar haben die Vorbereitungen für die Translozierung des Walporzheimer Bahnhofs begonnen. Ende Mai wird das Gebäude in Einzelteilen nach Kommern gebracht.

Das LVR-Freilichtmuseum Kommern bereitet die Translozierung des Walporzheimer Bahnhofsgebäudes vor – zerlegt in 15 Einzelteile.

„Zuerst waren die Bürger traurig, dass der Bahnhof abgerissen wird“, beschreibt Ortsvorsteher Gregor Sebastian die Gefühle der Walporzheimer: „Aber jetzt, wo alle wissen, was mit dem Gebäude geschieht, sind alle stolz, dass er ins Museum kommt. Und da kann man ihn ja dann auch wieder besuchen.“ In wenigen Wochen ist es soweit: Zerlegt in insgesamt 15 Einzelteile wird das Bahnhofsgebäude, das seit dem Jahr 1912 an der Strecke der Ahrtalbahn steht, ins LVR-Freilichtmuseum nach Kommern verfrachtet.

„Fahrdienstleiterin Monika Lindener hat am 3. Dezember des vergangenen Jahres letztmals per Hand die Weichen und Signale für die Züge bedient, die wegen der Flutschäden derzeit nur bis Walporzheim verkehren“, berichtet LVR-Hausforscher Raphael Thörmer: „Unmittelbar im Anschluss an die letzte Schicht haben wir das Gebäude übernommen.“

Umfassende Dokumentation stand am Beginn der Arbeiten in Walporzheim

Seit Jahresbeginn laufen die Vorbereitungen für den Ende Mai anstehenden Transport des Gebäudes nach Kommern. „Zu Beginn haben wir alles ganz genau dokumentiert, Interviews mit Zeitzeugen und den Bahnmitarbeitern geführt“, erzählt Thörmer vom Vorgehen der Wissenschaftler. „Dann haben wir die Stellwerkstechnik und die Inneneinrichtung demontiert, um in Kommern alles wieder originalgetreu aufbauen zu können“, ergänzt Museumsdirektor Dr. Carsten Vorwig.

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Raphael Thörmer, der Walportzheimer Ortsvorsteher Gregor Sebastian und Museumsdirektor Dr. Carsten Vorwig stehen nebeneinander und halten Bildtafeln in den Händen.

LVR-Hausforscher Raphael Thörmer, der Walportzheimer Ortsvorsteher Gregor Sebastian und Museumsdirektor Dr. Carsten Vorwig beim Besuch auf der Baustelle.

Dabei stießen die Museumsmitarbeiter auch auf einige unerwartete Dokumente. „Unter den Bodendielen haben wir noch alte Papp-Fahrkarten mit Reichsmark- und D-Mark-Preisen gefunden“, hütet Thörmer einen ganz besonderen Schatz, der später auch im Museum zu sehen sein wird.

Bahnhof wird in Kommern Teil der Baugruppe Marktplatz Rheinland

In Kommern wird das Bahnhofsgebäude seine neue Heimat in der Baugruppe Marktplatz Rheinland finden. „Dort zeigen wir den Alltag im Rheinland nach 1945 bis zur Gegenwart“, beschreibt der Museumsdirektor die Funktion der jüngsten Baugruppe des Freilichtmuseums: „Es geht um das Alltagsleben der Menschen in einem großen Dorf, und die Themen Eisenbahn und Mobilität sind da ein ganz wichtiges Element.“

Ein Bauarbeiter in roter Arbeitskleidung setzt mit einer Steinsäge einen Schnitt an der massiv gemauerten Stirnseite des Wartesaals.

Die Mitarbeiter einer Spezialbaufirma aus Roggendorf setzten am Dienstag einen Schnitt an der massiv gemauerten Stirnseite des alten Wartesaals. Das restliche Gebäude wurde in Fachwerkbauweise errichtet.

Damit dies alles anschaulich in Kommern präsentiert werden kann, sollen laut Vorwig auch ein paar Meter Bahngleise inklusive eines passenden Schienenfahrzeugs vor dem Bahnhof aufgebaut werden.

Ein Arbeiter arbeitet am Dachstuhl des Bahnhofsgebäudes, im Hintergrund sind Weinberge zu sehen.

Auch der Dachstuhl wird für den Transport zerlegt. Das Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1912 liegt auf einem Damm zwischen Weinbergen, Bundesstraße 257 und dem Ort Walporzheim.

Bis zur Wiedereröffnung des Bahnhofs im Museum wird es nach der Translozierung allerdings noch ein Weilchen dauern. „Unser Ziel ist es, vor dem Winter das Dach auf dem Gebäude zu haben, danach beginnt dann der Innenausbau von Wartesaal und Stellwerk“, informiert LVR-Hausforscher Thörmer. Im Laufe des Jahres 2025 könnte dann alles fertig sein und die Wiedereröffnung gefeiert werden.

Bahnhofsgebäude blieb von der Flutkatastrophe im Ahrtal verschont

Das Bahnhofsgebäude, das wegen seiner Lage auf einem leicht erhöhten Damm die Flutkatastrophe von 2021 schadlos überstand, wurde in Fachwerkbauweise errichtet, was die Demontage für die Handwerker des Freilichtmuseums zu einem Kinderspiel macht. „Damit haben wir reichlich Erfahrung, alle Teile wurden entsprechend markiert“, sagte Vorwig bei einem Termin an der Baustelle in Walporzheim. Der Wiederaufbau in Kommern sollte also ebenfalls gelingen.

An einer Ziegelwand, die sich an der Stirnseite des in Richtung Dernau liegenden Wartesaals befindet, mussten Mitarbeiter einer Spezialbaufirma aus Roggendorf am Dienstag jedoch eine große Steinsäge ansetzen, damit die Wand zum Transport vom Fundament abgehoben werden kann. Den Zeitplan für den Abtransport des Gebäudes hat übriges die Bahn vorgegeben: „In den Sommerferien soll hier mit dem Bau eines neuen, modernen Haltepunkts für die Ahrtalbahn begonnen werden“, sagte Vorwig: „Deswegen müssen wir bis dahin mit unseren Arbeiten durch sein.“


Weindörfchen Walporzheim/Ahr hat zwei Bahnhöfe

In der Ortsmitte von Walporzheim gibt es übrigens noch einen weiteren Bahnhof: Der stammt aus dem Jahr 1886, als die Ahrtalbahn in Betrieb genommen wurde. Ab dem Jahr 1910 wurde die Bahntrasse dann jedoch auf einen weiter von der Ahr entfernten Damm verlegt, wo die Strecke noch heute verläuft.

Das Bahnhofsgebäude in Walporzheim auf einem Fotos aus dem Herbst 2023,

So sah der Bahnhof in Walporzheim vor Beginn des Rückbaus aus.

Das mit Industriefachwerk errichtete Bahnhofsgebäude von 1912 ist rund 30 Meter lang und verfügt über mehrere Komponenten: ein manuelles Stellwerk, eine offene Wartehalle und einen alten Wartesaal.

„Bis in die 1980er-Jahre gab es in Walporzheim auch noch eine Expressgutabfertigung, einen Güterschuppen und einen Schalter für den Fahrkartenverkauf“, so LVR-Hausforscher Raphael Thörmer: „Das alles soll auch wieder im Museum gezeigt werden.“ (thw)