Euskirchen – Das, was wohl allen Menschen gefehlt hat in den ersten Stunden und Tagen nach der Flutkatastrophe, waren verlässliche Informationen. Telefon und Internet waren für die meisten nicht verfügbar, die Zeitung konnte vielerorts nicht zugestellt werden, selbst die Kreisverwaltung war offline.
Beste Voraussetzungen für eine brodelnde Gerüchteküche und für Fake News – etwa über bereits gebrochene oder gesprengte Dämme und Talsperrenmauern, über mit Chemikalien vergiftetes Wasser und marodierende Horden von Plünderern, die die Menschen zusätzlich in Angst und Schrecken versetzten.
Kostenloser Zugang zu den Online-Informationen
Melanie Wooßmann aus Euskirchen, die mit ihrem Mann Ralf in der Euskirchener Weststadt lebt, hatte nicht mehr als einen nassen Keller zu beklagen. Relativ schnell hatten sie in ihrem Häuschen auch wieder Strom und Internet, aber: „Keine verwertbaren Informationen“, so die 52-Jährige, die in einer E-Mail an die Redaktion schildert, dass sie vor Dankbarkeit geweint habe, als sie feststellte, kostenlos Zugang zu den Online-Informationen dieser Zeitung zu haben. „Sie haben sich die Mühe gemacht, haargenau aufzulisten, wo wir einkaufen können und welche Straßen passierbar sind“, so Wooßmann.
Auch welche Bank-Automaten noch funktionieren und wie es nach der Flutkatastrophe in jeder einzelnen Kommune um das Trinkwasser bestellt sei, habe sie aus der Zeitung erfahren. „In unserer Umgebung leben viele alte Menschen ohne Internetzugang, denen konnten wir diese seriösen Informationen dann weitergeben“, so Wooßmann: „Das ist so wichtig!“ Und auch die Tatsache, dass die Redaktion die Situation der Menschen öffentlich mache, sei von großer Bedeutung: „Wir wussten ja nicht, was um uns herum los war, was mit unseren Lieben in anderen Orten ist.“
Nicht nur materieller Verlust: Wooßmanns Schwager traumatisiert von Ereignissen
Stark getroffen wurden Melanie Wooßmanns Schwager und seine Frau, die in Ahrbrück leben. „Sie haben alles verloren“, berichtet sie. Der ehemalige Bundesliga-Basketballer, „ein gutmütiger Riesenkerl“ von 2,17 Meter Größe, habe am Freitag vergangener Woche weinend und schlammverkrustet vor ihrer Tür gestanden. Er und seine Frau seien durch die Ereignisse schwer traumatisiert. „Sie haben Menschen ertrinken sehen. Bis nachts hörten sie die Hilferufe der Menschen auf den Dächern, hörten, wie die Häuser barsten und ins Wasser knallten“, erzählt Wooßmann betroffen.
Mehr als ein paar Tüten mit verschmutzter Kleidung und zerstörten Computern haben die beiden nicht aus ihrem Haus retten können. „Mein Schwager Michael hofft nun, die Festplatten noch irgendwie retten zu können, denn darauf liegen alle wichtigen Unterlagen, die er klugerweise eingescannt hatte.“ Untergekommen ist das Paar mit seinen zwei Katzen nun in Lommersum bei den Eltern, erzählt die Kulturwissenschaftlerin: „Sie erobern sich nun langsam ihr Leben zurück.“
Danke-Schild am Ortseingang für alle Helfer
Melanie Wooßmann ist eine sehr optimistische Frau, die in allem auch noch das Gute sehen kann. Sie nimmt wahr, wie sehr die Menschen in dieser Zeit zusammenstehen, sich gegenseitig helfen und mitanpacken. „Wenn was gut ist, muss es auch gesehen werden“, sagt die 52-Jährige und erklärt damit ihren Impuls, der Redaktion für ihre Arbeit zu danken.
Ebenso hatte sie den inneren Drang, sich bei den unzähligen professionellen und privaten Helferinnen und Helfern zu bedanken. Nur wie? „Ich habe ein Danke-Schild gemalt und es am Ortseingang aufgestellt“, sagt sie lachend und meint, das sei vielleicht etwas einfältig. Aber ihr Mann und sie waren dabei, als am Sonntag eben dieser Ortseingang nach Euskirchen von einem riesigen Tross privater Lkw passiert wurde: „Auf deren Sattelaufliegern standen Bagger aller Größen, Motorboote und Pumpen. Die Helfer in ihren Lkw hupten, als wenn sie sagen wollten: Hallo, wir sind jetzt auch da!“
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„Schön, dass es sie alle gibt“, resümiert Melanie Wooßmann, die sich weiterhin mit ihrem Mann Ralf um die Menschen in ihrer Umgebung kümmert, die von der Flutkatastrophe betroffen sind. „Ich habe Angst vor dem Wochenende“, fügt die sympathische 52-Jährige sorgenvoll an: „Da soll es nämlich wieder regnen.“