Euskirchen – Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zögert nicht lange. Sofort packt der 64-Jährige mit an, als er sieht, dass die Holztür den Erzieherinnen zu schwer ist. Im hellblauen Hemd und dunkler Hose trägt er mit Pfarrer José Pérez Pérez die Tür aus der Franziskuskapelle in der Euskirchener Herz-Jesu-Kirche auf die Straße Gansweide. Anschließend geht’s für den Kardinal in den Keller der Kirche. Der war durch das Hochwasser, genau wie bei allen Gebäuden rund um das Gotteshaus, vollgelaufen. „Das ist einfach alles schlimm“, sagt er.
Woelki hatte nach der Flutkatastrophe seinen Urlaub abgebrochen: „Mein Platz ist jetzt hier im Bistum bei den Menschen.“ Am Mittwoch ist er auf Einladung von Martin Jost, geschäftsführender Vorstand des Caritasverbandes für das Kreisdekanat Euskirchen, in die Kreisstadt gekommen. Gemeinsam begutachten sie zunächst die Schäden in den Caritaseinrichtung. An der Kommerner Straße sucht der Kardinal das Gespräch mit Obdachlosen.
Trümmerberge in der Innenstadt
Anschließend geht es zu Fuß durch die Euskirchener Innenstadt in Richtung Herz-Jesu-Kirche. Die großen Trümmerberge lassen den Kardinal nicht unbeeindruckt. Die für ihn unbekannten Schicksale hinter dem Schutt sprechen ihm aus dem Gesicht. „Es ist alles so unfassbar tragisch“, sagt Woelki, der zunächst das Haus der Familie besucht.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in den vergangenen Tagen kräftig angepackt und viele Materialien und Gegenstände aus dem Keller in die oberen Etagen geschleppt. „Am ersten Tag waren wir mit zehn Frauen und zwei Männern hier“, berichtet Barbara Bau van der Straeten, pädagogische Mitarbeiterin im Haus der Familie. Woelki lässt sich über die verschiedenen Aktivitäten und Angebote, die in der Einrichtung angeboten werden, informieren. Ob am Gebäude selbst Schäden entstanden sind, ist noch nicht absehbar. Auszuschließen ist das ab nicht.
Erzbistum möchte Menschen helfen
„Das ist aber ein großer Riss“, stellt der Kardinal fest und zeigt aufs Mauerwerk. „Wir haben 100 000 Euro aus Sondermitteln zur Verfügung stellen können“, erklärt der Kardinal: „Die werden wir in den Fonds unserer Flüchtlings- und Nachbarschaftshilfe hineingeben. Das hat sich bewährt. Da weiß man, wie man mit Geldern umgehen kann.“ Vor allen Dingen wisse man, wie man die Gelder schnell dorthin transferieren kann, wo die Not am größten ist. Das Erzbistum wolle den Menschen helfen, die ohne Obdach sind.
Gleichzeitig werde das Erzbistum aber auch Experten in die betroffenen Regionen entsenden, die die Schäden an den Gebäuden begutachten sollen. In Euskirchen ist beispielsweise das Pfarrzentrum stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Auch Caritas-Einrichtungen sind schwer betroffen. „Und es gibt Schulen, die Schäden davongetragen haben. Insbesondere das St.-Angela-Gymnasium in Bad Münstereifel. Das ist so schwer geschädigt, dass jetzt schon klar ist, dass nach den Sommerferien dort kein Präsenzunterricht stattfinden kann, sondern tatsächlich erst einmal digital die Dinge weitergehen müssen“, so Woelki: „Unsere Schulabteilung kümmert sich sehr darum. Und die Schulgemeinde ist darüber auch schon informiert.“
Kirchen und Kitas beschädigt
Wertvolle Dinge seien im Keller der Herz-Jesu-Kirche nicht durchs Wasser zerstört worden, sagt Jürgen Mausolf, Verwaltungsleiter für den Sendungsraum Euskirchen-Bleibach/Hardt und St. Martin Euskirchen. Die Kirchen in Palmersheim und Flamersheim seien beschädigt worden. Auch einige Kitas seien betroffen. Genau wie Diakon Werner Jacobs freut sich Mausolf über den Besuch aus Köln. „Damit habe ich nicht gerechnet. Das ist ein starkes Zeichen“, sagt Jacobs stellvertretend.
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Und Woelki? Der sagt mit Blick auf den nächsten Schuttberg in der Breitestraße: „Wenn die Sachen abtransportiert sind, dann wird der Schock kommen.“ Noch funktioniere man, weil noch so viel Arbeit auf einen warte. „Der Zusammenhalt der Menschen beeindruckt mich. Hier in Euskirchen, aber auch in anderen Regionen“, so Woelki.