Schleiden-Gemünd – Für die Menschen, die die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag miterlebt haben, als Gemünd drei Meter tief im Wasser versank, werden die Schrecken noch lange präsent sein. Viele Menschen haben ihr Hab und Gut, ihr Haus, ihre Existenz verloren, manche sogar ihr Leben.
Für wieder andere war es ganz kurz davor und sie wurden in letzter Sekunde gerettet. Gleich zwei Männern haben zwei junge Frauen das Leben gerettet.
Hilfeschreie im Baum
Betend, so die Frauen, haben sie in ihrer Wohnung im ersten Obergeschoss Am Plan gesessen, als sie auf einmal Hilferufe gehört haben. Bei einem Blick aus dem Fenster konnten sie in der Dunkelheit einen alten Mann erkennen, der sich verzweifelt in der Krone eines Baumes vor ihrem Haus festhielt.
Doch was tun? Schnell banden die beiden so viele Handtücher, wie sie nur finden konnten, aneinander und bauten sich so ein Seil. Viele Versuche waren notwendig, bis der Mann den improvisierten Strick ergreifen und die zwei ihn durch die Strömung zum Fenster und in die Wohnung ziehen konnten.
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Erleichtert brachten sie ihn ins Badezimmer, wo er sich trocknen konnte. Da hörten die beiden schon wieder jemanden um Hilfe rufen. Wieder war es ein Mann, der sich an den anderen Straßenbaum klammerte, und wieder kam das improvisierte Rettungsseil erfolgreich zum Einsatz. Beide Männer wurden mit trockenen Klamotten versorgt und harrten mit den Frauen bis zum Morgen in der sicheren Wohnung aus.
Sportladen-Besitzer harrte die ganze Nacht auf einem Regal aus
Helmut Peters, Inhaber von Sport Peters, erlebte den Schrecken der Nacht ebenfalls sehr intensiv. Er habe seinen Laden an der Dreiborner Straße abends wie üblich abgeschlossen und wollte ihn durch die Vordertür verlassen. „Da stand das Wasser schon 1,20 Meter hoch“, erzählt er. Schnell habe er das Geschäft durch den Hinterausgang verlassen – doch auch da sei bereits das Wasser gewesen.
Während die braunen Fluten immer weiter stiegen, nutzte Peters den einzigen verbliebenen Fluchtweg: Nach oben. Kurzerhand stieg er auf das größte seiner Regale, um sich auf dem obersten Brett zusammenzukauern. „Ich hatte noch 80 Zentimeter bis zur Decke“, erzählt er. Irgendwann sei das Wasser nicht weitergestiegen, und als die Hintertür von den Fluten aufgebrochen worden sei, hätte er wenigstens auch genug Luft zum Atmen gehabt.
Gesungen und Schuhe gezählt gegen die Angst
Gegen drei Uhr morgens sei der Wasserstand langsam gesunken, da habe er das Regal verlassen können. Gesungen habe er in den langen Stunden der Angst, oben in dem Regal, erzählt er noch schnell. „Und ich habe die Schuhe gezählt, die an mir vorbeigeschwommen sind.“
Wie überall sind die Schäden immens. Das alte Gemünder Kino ist von der Urft durchflossen worden, auf der einen Seite hinein, auf der anderen wieder hinaus. Wahrscheinlich müsse es abgerissen werden. Doch das ist nicht alles. Peters wird sein Geschäft nicht wieder eröffnen. „In dieser Nacht habe ich beschlossen, aufzuhören“, sagt er.