Schleiden-Oberhausen – „Da bin ich wieder.“ Die Begrüßung von Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) war launig und herzlich. Bereits im Februar war er in Oberhausen, um Mitglieder des Technischen Hilfswerks (THW) für ihren Einsatz in der Flut auszuzeichnen.
Zweiter Besuch des Ministers beim THW Schleiden
Damals hatte Reul stellvertretend einige Einheiten besucht, um die ersten der eigens für die rund 62.000 Kräfte von Feuerwehren, THW, DRK, DLRG, Maltesern, Arbeiter-Samariter-Bund, Johannitern und Polizei, die rund um die Flut im Einsatz waren, gestifteten Feuerwehr- und Katastrophenschutz Einsatzmedaillen zu verleihen.
Dank an freiwillige Helfer
Eigene Ehrung erfunden
Nicht ganz einfach sei es gewesen, die Freiwilligen zu ehren, informierte Schleiden Bürgermeister Ingo Pfennings, der auch Vorsitzender der Helfervereinigung ist. Denn die THW-interne Ehrung sei nur für THW-Mitglieder gedacht, und die Flutmedaille des Landes sei ebenfalls den offiziellen Einsatzkräften von Feuerwehr und Katastrophenschutz vorbehalten. So habe der Ortsverband sich eine eigene Ehrung einfallen lassen, um auch den freiwilligen Helfern zu danken.
Nicht alle der 18 Menschen, die in der Flutnacht das THW freiwillig unterstützt hatten, hätten über die Ehrung informiert werden können, berichtete Pfennings. Einige habe man schlicht nicht mehr identifizieren können oder habe keine Kontaktdaten gehabt. Auch waren nicht alle der Eingeladenen zu dem Helferfest in der THW-Unterkunft gekommen. So wurde die Anerkennungsurkunde für die Unterstützung überreicht an Matthias Henk, Carsten Heuer, Sebastian Jaax, Niklas Müller, Johannes Müller, Bernd Peters, Marius Reißdörfer und Dirk Zinken. (sev)
Jetzt kam er, um Angefangenes auch zu Ende zu bringen: Am Samstag beim Helferfest des THW-Ortsverbands Schleiden sollten alle Helfer als Anerkennung für ihren Einsatz während der Flutkatastrophe die Medaille aus seinen Händen erhalten.
Gleich mehrfach erinnerten die Festredner an die dramatischen Ereignisse der Nacht des 14. auf den 15. Juli 2021 im Schleidener Tal – auch in der Unterkunft des THW, in der den ganzen Tag Sandsäcke befüllt wurden, um auch nach Stolberg, Hellenthal und Kall gebracht zu werden.
Erinnerungen an dramatische Flutnacht
Als am Abend Oberhausen evakuiert werden musste, drang das Wasser schließlich auch in die Unterkunft des THW ein. Die immer noch aktiven Helfer konnten sich nur noch auf die Mauer am Ende des Grundstücks und den nahen Berg flüchten. Doch plötzlich hörten sie in der Dunkelheit die Hilferufe einer Frau, die nach ihrem Sohn suchte.
Mit dem Radlader fuhren die THW-Helfer los, um die Frau aus den Wassermassen zu retten. Nach mehreren Stunden der Unsicherheit wurde der Junge schließlich wohlbehalten bei Nachbarn gefunden, die ihn in Sicherheit gebracht hatten. „Lebt Mama noch?“, sei die erste Frage des Jungen gewesen, als er von den THW-Helfern in Empfang genommen worden war, berichtete Volker Strotmann, Abteilungsleiter Einsatz des THW.
Gerreteter Junge ist jetzt in der THW-Jugend
Geschichten wie die dieser glücklichen Zusammenführung seien es, die Mut machten und zeigten, dass es noch Hoffnung zwischen all der Verwüstung gab. Strotmann lieferte auch gleich die eigentliche Pointe nach: Dieser Junge sei mittlerweile Mitglied der THW-Jugend im Schleidener Ortsverband.
„Ich erzähle jeden Abend die Geschichten, die ich im Februar hier bei Ihnen erfahren habe“, sagte Reul. 6000 Einsatzstunden seien alleine beim Schleidener THW geleistet worden, 43000 Sandsäcke befüllt, 30 Menschen das Leben gerettet worden. „Das sind Einsätze und Eindrücke, die man nicht vergisst“, so der Minister.
Katastrophenschutz nicht ernst genommen
Der Katastrophenschutz sei bis zu diesem Tag von allen nicht ernst genommen worden, führte er selbstkritisch aus. Und: „Ich befürchte, so etwas wird uns noch das ein und andere Mal überraschen.“ Es sei nun eine Liste aufgestellt worden, die abgearbeitet werde. In der Politik müsse mehr für den Katastrophenschutz getan werden.
Auszeichnung in Berlin
Quasi als Vorhut wurde am Mittwochabend in Berlin Lukas Pütz für seinen Einsatz als THW-Helfer von Bundesinnenministerin Nancy Faeser stellvertretend für die Mitglieder des THW mit der Bundesflutmedaille ausgezeichnet. Pütz habe am 14. Juli mit seinem privaten Traktor und Anhänger Sand beim örtlichen Baustoffhandel besorgt und diesen dann mit seinem eigenen Radlader in die THW-eigene Sandsackbefüllmaschine eingebracht. „Das war schon etwas Besonderes“, so Pütz.
Vor dem offiziellen Teil habe die Ministerin mit den Helfern gesprochen und sich ihre Erlebnisse schildern lassen: „Das fand ich besonders wertschätzend.“ Diese Ehrung solle demnächst – voraussichtlich im kommenden Jahr – allen THW-Fluthelfern überreicht werden, kündigte Nicolas Hefner, Landesbeauftragter des THW, an. (sev)
Nicht nur die Aktiven des Ortsverbands wurden ausgezeichnet, sondern auch die Freiwilligen, die in der Flutnacht einem Aufruf zur Hilfe gefolgt waren und genauso wie die offiziellen Kräfte von den Fluten in der Unterkunft eingeschlossen wurden. 18 Männer und Frauen waren der Aufforderung gefolgt, die über das Radio verbreitet worden war, dass das THW Unterstützung beim Sandsäckebefüllen benötige.
„Wir waren sehr überrascht, als die Freiwilligen auf einmal kamen, weil wir den Aufruf gar nicht mitbekommen hatten“, berichtete der Ortsbeauftragte Daniel Schwarzer. Einer der Freiwilligen sei mittlerweile ausgebildeter Fachhelfer beim THW. Nicht nur mit der Medaille des Landes wurden die THW-Helfer ausgezeichnet, sondern auch mit der THW-eigenen Medaille.
„Ihr seid keine Helfer, Ihr seid Helden“, so Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings mit Bezug auf eine Äußerung Reuls. Er bedanke sich auch bei den Arbeitgebern und den Angehörigen der Helfer.