Das Erftstadion in Euskirchen heißt nun „Heinz Flohe Stadion“. Die Umbenennung erfolgte im Spiel des 1. FC Köln gegen die belgische VV St. Truiden.
Stadion umbenanntEuskirchen verneigt sich vor seinem großen Sohn Heinz Flohe
Jan Urbig. Oder Jonas Ulbig? Der FC-Fan in der ersten Reihe mit dem Toni-Polster-Gedächtnistrikot von 1997 hatte bei seinen lautstarken Rufen gleich mehrere Namens-Variationen für die neue Nummer 1 des 1. FC Köln parat. Zumindest in der Anfangsphase des Spiels des Zweitligisten im Euskirchener Erftstadion, das nun „Heinz Flohe Stadion“ heißt.
Nach den 90 Minuten dürfte auch der letzte Fan wissen, dass der Torwart des 1. FC Köln Jonas Urbig heißt. Denn der 20-Jährige riskierte in der Schlussminute eine blutige Nase, um einen Gegentreffer zu vermeiden. Und so ganz nebenbei bereitete der Kleinbüllesheimer mit einem traumhaften langen Ball auf Tim Lemperle das 1:0 des FC gegen den belgischen Erstligisten VV St. Truiden vor. Am Ende hieß es nach weiteren Treffern von Damion Downs und Florian Dietz 3:0 für die Kölner gegen fast völlig harmlose Belgier. Denn mehr als die Chance in der Schlussminute brachte Truiden offensiv nicht zustande.
Auch über eine Straßenbenennung wurde schon nachgedacht
Das Testspiel war eingebettet in einen sportpolitisch wichtigen Rahmen, für den die Euskirchener Politik ziemlich lange gebraucht hat. Viele Jahre war man sich nämlich alles andere als einig, wie man den besten Fußballer, den die Stadt bisher hervorgebracht hat, ehren kann. Es war mal von einer Straße die Rede, dann von der Sportanlage im Auel, in der Heinz Flohe große sportliche Erfolge mit dem Euskirchener TSC feierte. Letztlich wurde es das Erftstadion, das nach dem Doublesieger mit dem 1. FC Köln von 1978 benannt werden sollte. Die Entscheidung fiel dann einstimmig.
„Heute verneigt sich die Stadt vor einem ihrer größten Söhne: Heinz Flohe. Kein anderer Euskirchener konnte national und international so eine Popularität aufweisen. Er ist ein absolutes Euskirchener Idol“, sagte Bürgermeister Sacha Reichelt.
Ein Druck auf Buzzer gab den Blick auf das Schild „Heinz Flohe Stadion“ frei
Und so drückten dann auch die Vertreter der im Euskirchener Rat vertretenen Parteien gemeinsam den roten Buzzer, der den Akt der Umbenennung symbolisieren sollte. Während im Innenraum gedrückt wurde, fielen auf der anderen Seite der Tribüne die Hüllen – in Form eines großen schwarzen Tuchs. Mit dem hatte die Stadt die weiße Aufschrift „Heinz Flohe Stadion“ auf grünem Grund bis zur offiziellen Zeremonie versteckt gehalten.
Auch Nino Flohe gehörte zu denjenigen, die den offiziellen Part vollzogen. „Er hätte es wahrscheinlich nicht so zugegeben, weil er sehr introvertiert, sehr bescheiden, sehr demütig war. Aber es hätte ihn schon sehr gefreut, das muss ich ganz ehrlich sagen. Und er wird von da oben zusehen“, sagte Heinz Flohes Sohn Nino bei der Umbenennung. Es mache ihn „sehr, sehr stolz, dass es endlich geklappt hat, das Stadion umzubenennen“, so Nino Flohe weiter.
Von der Persönlichkeit und den Erfolgen her habe es sein Vater „absolut verdient gehabt“. Dass in seiner Heimatstadt nun ein Stadion nach ihm benannt sei, runde das Andenken an ihn ab, so Nino Flohe. In Köln steht vor dem Rhein-Energie-Stadion eine Bronze-Statue und die Jugendfußballschule des 1. FC Köln ist ebenfalls nach Heinz „Flocke“ Flohe benannt.
Als das Stadion noch nicht ganz nach seinem Vater benannt war, das schwarze Tuch noch den Schriftzug verhüllte, war Nino Flohe für eine Stunde als Trainer tätig. Der ehemalige Torhüter hatte eine Mannschaft aus ehemaligen ETSC-Kickern und Freunden zusammengestellt, die gegen die Landrat-Ramers-Elf antrat. Dank eines Treffers von Moritz Hartmann gewannen Flockes Freunde mit 1:0.
Bereits zu diesem Zeitpunkt unter den Zuschauern: Markus Pröll. Der Flamersheimer, der genau wie jetzt Urbig das Tor des 1. FC Köln gehütet hat, berichtete von einer Heinz-Flohe-Anekdote aus einem Training beim FC. Der habe die Spieler damals aufgefordert, den Ball über den Spann gleiten zu lassen, um so genauer zu spielen. Flohe habe mit kölschem Dialekt gesagt, dass der „Ball övver der Spann avrutsche muss“.
Der eine oder andere Spieler habe das sprachtechnisch nicht verstanden. Also habe sich der Weltmeister von 1974 den Ball geschnappt und es vorgeführt – in Perfektion. „Er hat sein Herz immer auf der Zunge getragen“, berichtete Pröll: „Alle haben immer in allerhöchsten Tönen von ihm gesprochen. Das verdeutlicht, dass er ein unglaublicher Kicker und Mensch war.“
Auf dem Papier sei die kommende Zweitligasaison wohl die beste, die es je gegeben hat. „Es wird wichtig sein, gut zu starten. Der erste Spieltag mit dem Heimspiel gegen den Hamburger SV wird ein erster Gradmesser“, so „Prölli“.
Und die Fans? Die waren angetan vom Gastspiel des Zweitligisten. „Wenn der FC nächstes Jahr wiederkommt, dann haben wir eine Tradition, da er dann dreimal in Folge hier war“, sagte Maike Spilles. Im vergangenen Jahr testete der FC seine Form gegen Erzgebirge Aue. Drei Tore gegen Truiden schön und gut – für FC-Fan Stefan Klinkhammer aus Mechernich aber kein Grund zur Euphorie. „Uns fehlt ein echter Stürmer“, sagte er.
Einsatzkräfte hatten in Euskirchen einen ruhigen Job
Der kleine Paul war ebenfalls glücklich: „Ich bin der Einzige im Stadion, der schon das neue dritte Trikot hat.“ Das petrolfarbene Ausweichtrikot hatte der FC erst am Morgen des Gastspiels in Euskirchen präsentiert.
Für die Einsatzkräfte des Malteser Hilfsdienst war es ein ruhiger Dienst. „Wir hatten nichts zu tun“, berichtete Malteser-Stadtbeauftragter Ralf Unterstetter. Das Team für einen solchen Dienst zusammen zubekommen, sei nie ein Problem, sagte er. Wenn der FC kommt, sei die Liste immer schnell voll.
Für Jonas Urbig ging es nach Schlusspfiff zunächst zur medizinischen Abteilung des FC, die das Nasenbluten stoppte, und dann zum obligatorischen Foto mit der Familie. Eine längst liebgewonnene Tradition der Urbigs, die das nach jedem Spiel zelebrieren. Anschließend erfüllte der 20-Jährige noch fleißig Autogrammwünsche – schließlich ist der Torhüter nun allen bestens bekannt.
Heinz Flohe absolvierte 329 Spiele für den 1. FC Köln
Der Euskirchener Heinz Flohe absolvierte für den 1. FC Köln 329 Spiele. Dabei erzielte der Mittelfeldspieler 77 Tore. Mit dem 1. FC Köln gewann „Flocke“ dreimal den DFB-Pokal und einmal die deutsche Meisterschaft. 1978 feierte er mit den Geißböcken das Double.
1974 wurde Flohe Weltmeister. Für die Nationalmannschaft bestritt er zwischen 1970 und 1978 insgesamt 39 Partien und erzielte acht Treffer. Darunter war das 1000. Tor der Nationalmannschaft.
Am 1. Dezember 1979 erlitt Flohe im Spiel gegen den MSV Duisburg einen komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch. Gegenspieler war damals Paul Steiner, der Jahre später für den FC auflaufen sollte. Die Verletzung beendete Flohes Karriere.
Nach der sportlichen Laufbahn war Flohe als Co-Trainer für den FC tätig. Den Euskirchener TSC führte er von der Bezirksliga in die Mittelrheinliga. Auch beim TuS Ülpenich war Flocke als Trainer tätig.
Das heutige „Heinz Flohe Stadion“ kostete 6,5 Millionen Mark
Am 11. Mai 2010 brach Flohe mit einem Schwächeanfall zusammen und wurde ins künstliche Koma versetzt, aus dem er nicht mehr erwachte. Am 15. Juni 2013 starb er im Alter von 65 Jahren.
Das nun nach Heinz Flohe benannte Erftstadion wurde in seiner jetzigen Form am 4. und 5. September 1993 eröffnet. Unter anderem absolvierte Paul Meier dort einen Stunden-Zehnkampf. Laut Sacha Reichelt, Bürgermeister der Stadt Euskirchen, trafen das alte Erftstadion im Zweiten Weltkrieg 17 Bomben. Anschließend wurde es zunächst als Aschenplatz wieder aufgebaut.
1985 begannen die Planung für das heutige Erftstadion, das nun „Heinz Flohe Stadion“ heißt. Kosten sollte es ursprünglich fünf Millionen Mark. Laut Reichelt kostete es aber 6,5 Millionen Mark. „Überschreitungen von Budgets gab es damals schon“, so Reichelt.