Euskirchen-Kirchheim – Es hat etwas von einem Lost Place, einem vergessenen Ort: das Waldfreibad an der Steinbachtalsperre. Die Becken sind leer, das Umkleidegebäude verlassen. Die Natur hat sich das Areal vielerorts zurückerobert.
Doch das Waldfreibad ist auch ein Sehnsuchtsort. Einer, der eben nicht vergessen werden darf. So sieht es Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt. So sieht es Stephan Brock, Sprecher der Initiative „Hochwasserschutz für Schweinheim – Was ist möglich?“. Und so sehen es auch die Vertreter der Bürgerinitiative Pro Steinbach. Knapp 2000 Unterschriften haben sie nach eigenen Angaben bereits gesammelt. „Wir möchten ein verlässlicher Ansprechpartner für die Kirchheimer und die Politik sein“, sagt Alexander Rheindorf.
„Steinbach war immer da“
Der 54-jährige Kirchheimer war in der Flut als Löschgruppenführer an der Steinbachtalsperre im Einsatz. In den Tagen, Wochen und Monaten nach der Hochwasserkatastrophe verbreiteten sich Gerüchte wie ein Lauffeuer. Das Schlimmste: Der Damm ist gebrochen. „Wir wollen mit der Initiative auch Gerüchten entgegenwirken“, so Rheindorf: „Aber viel wichtiger: Wir möchten die Steinbachtalsperre, das Waldfreibad und das Naherholungsgebiet erhalten beziehungsweise wiederherstellen.“
Schon einmal hat es in Kirchheim eine Bürgerinitiative gegeben, die sich für die Steinbach eingesetzt hatte. Das war 1988, als die Talsperre schon mal leer war, um den Damm zu sanieren. Feuerwehrmann Rheindorf spricht sich dafür aus, dass wieder Wasser gestaut wird. Weniger als vor dem 14. Juli. Aber Wasser, das beispielsweise dann benötigt werden könnte, wenn ein Waldbrand ausbricht. 10.000 Hektar groß sei das Waldgebiet im Bereich der Steinbachtalsperre.
Nicht nur die Kircheimer haben großes Interesse daran, dass die Steinbachtalsperre schnellstmöglich wieder ihren Dienst aufnimmt. Auch die Schweinheimer möchten das – als Hochwasserschutz. „Die Steinbachtalsperre hat Schweinheim gerettet“, sagt Brock, der sich in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Bauwerk beschäftigt hat. Um den Hochwasserschutz für Schweinheim, aber auch zahlreiche weitere Orte unterhalb des Damms zu erhöhen, macht sich die Schweinheimer Initiative für eine Verbreiterung der Bachläufe stark. So kann der Grundablass erhöht werden, wenn die Steinbach vollläuft. „Die Talsperre ist in eine Ecke gestellt worden, in die sie nicht hingehört“, so Brock.
Technik auf dem Prüfstand
Geht es nach Bürgermeister Sacha Reichelt, wird das Waldfreibad möglichst schnell wieder ans Netz gehen. Eine Fertigstellung in diesem Sommer sei aber wohl zu sportlich, so der Verwaltungschef. Aktuell erarbeitet man Möglichkeiten, dass Schwimmbad betreiben zu können, ohne dass Wasser in der Talsperre gestaut wird. Bisher wurde für den Betrieb eine recht hohe Staumenge benötigt, weil das Wasser per Umlaufbetrieb getauscht wurde.
„Wir haben eine alte Technik im Freibad. Wir würden das neue Projekt zum Anlass nehmen, die Umrüstung der Technik zu diskutieren“, sagt Reichelt. Dann sei die Verpflichtung, viel Wasser in der Talsperre haben zu müssen, nicht gegeben. „Die Steinbach und das Waldfreibad waren immer da. Viele kennen es gar nicht anders“, so der Bürgermeister. Für ihn kommt ein gechlortes Schwimmerbecken nicht infrage. Der Charme und der Charakter seien das Markenzeichen des Waldfreibads. Es müsse also ein Naturfreibad bleiben.
Als Dauerlösung schwebt dem Bürgermeister ein Konzept vor, das sogar den Damm wieder begehbar macht. Dann wären auch Spaziergänge rund um die Steinbach wieder möglich, das Areal wieder als Naherholungsgebiet nutzbar. So wie vor dem 14. Juli. Die Idee ist, einen Betonbaukörper in die Scharte zu setzen. In diesem sollen sich laut Markus Böhm, Geschäftsführer der e-regio, ein, vielleicht auch mehrere Tore befinden, mit deren Hilfe Wasser gestaut, aber auch kontrolliert abgelassen werden kann.
Wie viel Wasser maximal abgegeben werden könnte, ohne bei den Anrainern Überschwemmungen zu verursachen – das soll laut Böhm nun durch ein Gutachten ermittelt werden. „Daran wird sich die maximale Stauhöhe orientieren. Um die Talsperre innerhalb von 24 Stunden leer zu haben, um so möglichst viel Hochwasserschutz zu generieren“, sagt Geschäftsführer Böhm.