Köln – Herr von Ahlen, wie ist Ihr erster Eindruck des SC Fortuna Köln?
Es gefällt mir sehr gut. Die Zusammenarbeit ist gut, die Atmosphäre ebenfalls. Ich freue mich auf meine Zeit in der Südstadt.
Ihr wenige Minuten vor dem Pokal-Halbfinale zwischen Fortuna und Aachen kommunizierter Wechsel von Bonn nach Köln hatte bei beiden Klubs etwas Staub aufgewirbelt.
Ich glaube, es war legitim, dass die Fortuna an mich herangetreten ist und ich mich mit dem Angebot beschäftigt habe. Ich musste nicht lange überlegen, um mich für die Fortuna zu entscheiden, das war leicht. Aber die Entscheidung gegen den Bonner SC, das war schwer. Manchmal spielt das Leben eben so. Ich war oft hier im Südstadion und habe gedacht: Es ist eine geile Atmosphäre, es fühlt sich gut an, hierhin zu kommen – als Besucher. Als dann der Anruf von Matthias Mink kam, war das wohl Schicksal.
Zur Person
Markus von Ahlen (51), geboren und wohnhaft in Bergisch Gladbach, war als Spieler u.a. für Bayer 04 Leverkusen, den VfL Bochum und Alemannia Aachen aktiv. Seine Trainer-Laufbahn begann in der Jugend des Werksklubs. Später stand von Ahlen bei Arminia Bielefeld, 1860 München und zuletzt beim Bonner SC unter Vertrag. (ksta)
Für was steht der SC Fortuna für Sie?
Einfach für Tradition. Wenn man hier arbeitet und sich mit den Verantwortlichen unterhält, dann macht das alles einen sehr familiären Eindruck. Und trotzdem einen ambitionierten.
Wie schwer ist es, das Familiäre und das Professionelle bei einem ambitionierten Verein unter einen Hut zu bekommen?
Das Familiäre sollte Energie bringen. Und es sollte eine Tugend fördern, die wir hier zwingend an den Tag legen müssen: uneingeschränkter Zusammenhalt. Wenn man in dieser Liga mit beschränkten Mitteln etwas erreichen will, dann ist dieser Zusammenhalt einer der Faktoren, der den wirtschaftlichen Nachteil vielleicht kompensieren kann.
Im letzten Jahr hatte Fortuna ursprünglich das Saisonziel, den Tabellenplatz der Vorsaison zu verbessern. Nach der starken Hinrunde wurde der Aufstieg angepeilt. Letztlich wurden beide Ziele verfehlt. Ist die Drittliga-Rückkehr in der neuen Saison zu realisieren?
Wir wissen, dass die Regionalliga West extrem anspruchsvoll ist, dazu gibt es nur einen Aufstiegsplatz. Rot-Weiss Essen und zuvor Viktoria Köln haben es über Jahre mit einem immensen finanziellen Aufwand probiert, bis es dann geklappt hat. Wir können die Chance realistisch einschätzen. Aber ich will nichts ausschließen, das darf man meiner Meinung nach nicht. Man darf nichts begrenzen. Aber man kann auch nicht sagen: Das ist ein Muss. Wir müssen erst einmal gut und hart arbeiten. Das ist der Weg. So geht es schrittweise hinein in die Saison.
Für was für einen Fußball wollen Sie mit der Fortuna stehen?
Mir hat die Art und Weise, wie die Mannschaft in der vergangenen Saison Fußball gespielt hat, sehr gefallen. Ich selber komme aus Leverkusen und habe die sportliche Bayer-04-DNA in mir. Ich will immer Fußball spielen. Im Südstadion sind die Platzbedingungen dafür vorhanden. Aber es darf natürlich nicht nur um Schönheit gehen: Attraktiv und effizient, das wäre optimal.
Hatten Sie Kontakt zu Alexander Ende?
Als klar war, dass ich die Fortuna übernehme, hat er mir gratuliert. Ich habe ihm zum Pokalfinale gegen Viktoria viel Glück gewünscht und zur Leistung seiner Mannschaft in der abgelaufenen Saison gratuliert. Der erste Ansprechpartner für mein neues Team ist natürlich Co-Trainer Zlatko Muhovic, der die Jungs sehr gut kennt.
Wie weit ist die Kaderplanung fortgeschritten? Aktuell stehen 19 Spieler für die neue Saison bei Fortuna unter Vertrag.
Generell ist es so, dass viele Transfers in diesen Spielklassen mittlerweile immer später abgewickelt werden. Dafür sind wir auf einem angemessenen bis guten Stand. Wir wissen aber, dass wir noch etwas tun müssen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass gerade spät in der Transferphase noch mitunter entscheidende Transfers getätigt werden können.
Sie müssen einen großen Umbruch moderieren: Trainer Alexander Ende ist weg, Kapitän Jannik Löhden und Regisseur Suheyel Najar. Kann es auch ein Vorteil sein, wenn Sie viele dieser Schlüsselpositionen nach eigenen Vorstellungen neubesetzen können?
Natürlich hätten wir den einen oder anderen Spieler gerne gehalten. Aber so ist das Geschäft. So muss man aber die Gegebenheiten annehmen – diese Herangehensweise habe ich – und das Beste daraus machen.
Fortunas Vertragsgespräche mit Ende waren unter anderem daran gescheitert, dass er nicht vom Kader-Konzept mit mehr Jugendspielern überzeugt werden konnte. Glauben Sie, dass Fokus auf den Nachwuchs mit dem sportlichen Ziel des Drittliga-Aufstiegs vereinbar ist?
In den Gesprächen wurde deutlich, dass das der Weg ist. Und ich habe mich in der Gänze dazu entschieden. Ich sehe in der Arbeit mit jungen Spielern etwas absolut Positives – was Alex sicher auch tut. Für mich waren die Voraussetzungen sehr gut und ich freue mich auf diese Arbeit. Es wird nun darum gehen, diese jungen Spieler weiterzuentwickeln, damit sie ein gewisses Niveau erreichen. Und es ist ja nicht so, dass wir hier mit einer A-Jugend-Mannschaft oder einem verbesserten Reserve-Team aufsteigen wollen. Wir werden noch mehr Substanz im Kader erhalten. Und die Arbeit mit den jungen Spielern nehme ich gerne an.
Wie schwer wiegt beim Nachwuchs-Projekt der Abstieg der A-Junioren aus der Bundesliga?
Dieser Nachwuchs-Weg ist etwas Langfristiges und Strategisches. Er darf nicht von einem Abstieg oder einem Aufstieg abhängig sein. Gerade bei der großen und starken Konkurrenz im U-19-Bereich in der Region wird so etwas auch immer wieder vorkommen. Trotzdem ist es unumgänglich, auf den Nachwuchs zu setzen.
Was können die Fans im direkten Umgang mit Ihnen erwarten?
Sich selbst zu beurteilen, ist natürlich schwer. Ich würde sagen, ich bin jemand, der immer alles tut, um das in ihn gesetzte Vertrauen zurückzugeben – auf allen Ebenen.