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Katholische KircheSynodaler Weg soll Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal ziehen

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Vor einem Jahr demonstrierten Frauen für mehr Macht in der Kirche.

  1. Kurz nach der ersten Versammlung im Februar hemmte der Lockdown den Synodalen Weg. Nun gehen die Beratungen in die zweite Runde.
  2. Beteiligte Theologen sehen die Reform-Agenda in der Krise als umso dringlicher.
  3. Inhaltlich soll es auf den fünf „Regionenkonferenzen“ um die Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche gehen.

Köln – Es ist ein Kreuz mit den Römern: Da machen sich die deutschen katholischen Bischöfe zusammen mit Laienvertretern daran, strukturelle Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal zu ziehen, und schon funkt der Vatikan dazwischen.

Erst ließ Papst Franziskus Bestrebungen der lateinamerikanischen Bischöfe ins Leere laufen, den priesterlichen Zölibat zu lockern. Eine solche Änderung steht auch bei dem 2019 initiierten Reformprozess namens „Synodaler Weg“ auf der Themenliste. Dann erließ im Sommer die Kurie eine „Instruktion“ (Anweisung) zur Zukunft der Pfarreien. Das Papier setzt neuen Formen der Gemeindeleitung enge Grenzen, schließt Laien als Letztverantwortliche aus und schiebt der Idee geteilter Kompetenz von Priestern und Laien einen Riegel vor. Schon der Begriff „Leitungsteam“ sei zu meiden, schreibt die römische Kleruskongregation.

Umgehend hagelte es Protest. Der „Rückfall in eine ängstliche, starr kodifizierte Engführung von Rechtsnormen“ habe „Fragen, Irritationen und Empörung“ ausgelöst – auch bei ihm, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am Donnerstag in Berlin. Mit der kirchlichen Realität in Deutschland habe das Papier nichts zu tun – und werde deshalb nicht umgesetzt, so der Tenor landauf, landab. Da es nichts Neues enthalte, könnte man es im Grunde getrost „auch unter den Schreibtisch legen“, sinnierte Bätzing.

Kardinal Rainer Woelki dankbar für die Wegweisung aus Rom

„Dankbar“ für die Wegweisung aus Rom zeigte sich hingegen Kardinal Rainer Woelki, selbst Mitglied des verantwortlichen Gremiums. Der Papst, der die Instruktion formell approbiert hat, rücke einiges zurecht und rufe „Grundwahrheiten des Glaubens in Erinnerung“, die in Deutschland vor lauter Selbstbeschäftigung womöglich aus dem Blick geraten seien.

Mit dieser inzwischen fast idealtypischen Konstellation – Woelki (und ein paar andere) gegen den Rest – gehen die Beratungen des Synodalen Wegs an diesem Freitag in die zweite Runde. Kurz nach der ersten Versammlung im Februar hemmte der Lockdown den Synodalen Weg. Kritiker frohlockten unverhohlen, Sars-CoV-2 mache dem ganzen Spuk ein Ende: Corona als konservatives Killer-Virus.

Die Theologen Julia Knop (Erfurt), Thomas Söding (Bochum) und Gregor Maria Hoff (Salzburg), allesamt am Synodalen Weg beteiligt, sehen das komplett anders. Für die Mitglieder der Synodalversammlung, die dieses Mal auf fünf Orte in ganz Deutschland verteilt tagen, haben die drei Professoren ein Memorandum verfasst, das die Corona-Pandemie als „Herausforderung für den Synodalen Weg“ beschreibt. Die Reform-Agenda sei nicht etwa hinfällig, sondern habe sich in der Krise als umso dringlicher erwiesen.

Thema: Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche

Inhaltlich soll es auf den fünf „Regionenkonferenzen“ an diesem Freitag um die Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche gehen. Ein Diskussionspapier verschiebt das Thema Weiheämter für Frauen allerdings vorsorglich auf einen späteren Zeitpunkt. Immerhin wird festgestellt: „Den Ausschluss von Frauen von den Weiheämtern nehmen viele als verletzend und ungerecht wahr.“

Noch konfliktträchtiger ist das Thema Sexualmoral. Das wird aus einer Liste mit „Voten“ deutlich, die den Synodalen ebenfalls vorliegt: Anerkennung nicht-ehelicher Beziehungen, Verständnis für gelebte Sexualität auch außerhalb der Ehe, Öffnung für homosexuelle Partnerschaften – zu all diesen Vorschlägen gibt es jeweils Gegenentwürfe, die auf die geltende kirchliche Lehre pochen. Aus Sorge vor Verwässerungen ist der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp bereits aus der zuständigen Arbeitsgruppe ausgestiegen. Bätzing nannte diese Entscheidung bedauerlich. Die Verantwortlichen des Synodalen Wegs erkennen auch eine Gefahr für das Gelingen des ganzen Projekts. Wenn Schwaderlapps Reaktion um sich greife, dann wäre das „eine sehr negative Angelegenheit“, so ein führender Kopf.

Der Theologe Hoff sieht indes den Moment der Entscheidung kommen: Welche Zukunft hat die Kirche? „Es muss sich klären, wohin der Weg der Mehrheit geht“, betont auch Bischof Bätzing. „Am Ende werden Entscheidungen stehen.“