Kommentar zum neuen NRW-KabinettViel Expertise, wenig Erneuerung
Köln – Armin Laschet ist kein Mensch, der unnötig das Risiko sucht. In der Welt des Fußballs würde er als Trainer sein Team aus einer geordneten Defensive heraus spielen lassen und seinen Kader gezielt aus erfahrenen Spielern bilden, ergänzt um ein paar wenige Hoffnungsträger. Ein Coach mit klarer Spielphilosophie, aber nicht unbedingt ein Talentförderer.
Es scheint, als hätte der neue NRW-Ministerpräsident seine Regierungsmannschaft exakt so zusammengestellt. Die selbst ernannte „Nordrhein-Westfalen-Koalition“ bietet die eine oder andere Überraschung. Das von Laschet und FDP-Chef Christian Lindner angekündigte Signal der Erneuerung, gar eines neuen Politikstils, sendet sie jedoch nicht unbedingt.
Erfahrung und Altbewährtes. Dafür steht vor allem ein alter Laschet-Vertrauter auf einer Schlüsselposition im Kabinett. Als Innenminister kehrt Herbert Reul zurück nach Düsseldorf. Was zunächst wie ein Griff in die Mottenkiste der NRW-CDU wirkt (Reul war schon Generalsekretär, als Norbert Blüm Landesparteichef war), könnte sich als kluger Schachzug erweisen. Reul ist bekannt für sein dickes Fell, er kennt alle Untiefen des politischen Geschäfts. Für die Expertise in Sicherheitsfragen hat er künftig Kölns Noch-Polizeipräsidenten Jürgen Mathies als Staatssekretär an seiner Seite. Aus Kölner Sicht ist sein Wechsel ein großer Verlust. Und manch einer in der Stadtgesellschaft wundert sich, dass Mathies, wenn er denn schon zum politischen Höhenflug abhebt, nicht gleich auf dem Ministersessel gelandet ist. Zumindest die fachliche Qualifikation dafür hat er allemal.
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Positives Signal für NRW-Kulturszene
Ein echter Coup ist Laschet mit der Berufung der neuen Kulturministerin gelungen. Noch leitet Isabel Pfeiffer-Pönsgen in Berlin die Kulturstiftung der Länder. Der rheinischen Kultur ist sie aber sehr verbunden. Dass ihr Ressort nicht wie unter Rot-Grün als fünftes Rad am Wagen betrachtet wird, ist ein positives Signal für die NRW-Kulturszene, die mehr und mehr nach Berlin abzudriften droht.
Bei der Zusammenstellung seiner Mannschaft hat sich Laschet dem Vernehmen nach keine Absage eingefangen. Das Gleiche hört man von den Liberalen, ihr Minister-Trio betreffend. Schwarz-Gelb hat also ein Wunschteam beisammen und ist damit besser aufgestellt als Rot-Grün 2010. Hannelore Krafts erstes Kabinett war mehr aus der Not geboren. Laschets Vorgängerin holte sich viele Körbe bei Kandidaten, die davon ausgingen, dass die damalige Minderheitsregierung nicht lange halten würde. Am Ende überlebten dann doch etliche der „Not“-Minister bis 2017.
Gute Basis für die „Aufholjagd“ in NRW
Das schwarz-gelbe Kabinett ist geprägt von Sachverstand und Erfahrung. Das ist eine gute Basis für die versprochene „Aufholjagd“ in NRW und nährt die Hoffnung auf eine pragmatische, weniger ideologiegeladene und zugleich um Ausgleich bemühte Politik.
Die leuchtende Verheißung eines neuen Politikansatzes ist dieses Personaltableau aber nicht. Vier Minister sind deutlich über 60 Jahre alt, kein Kabinettsmitglied ist jünger als 40. Für diejenigen, die sich eine Koalition der Modernisierung und des digitalen Fortschritts in NRW versprochen haben, ist dies zunächst einmal ernüchternd. Das Thema Innovation droht am Ende dann doch ausschließlich beim zuständigen Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hängen zu bleiben.
Kritisch ist es auch zu sehen, dass sich Laschets Ankündigung, NRW in Berlin wieder mehr Gewicht zu verleihen, in seiner Teamaufstellung nicht widerspiegelt. Eine starke Berlin-Connection ist nicht zu erkennen, ebenso wenig ein Kabinettsmitglied, dass künftig auch auf der Bundesebene ministrabel sein könnte. Offenbar setzt Laschet auf einen Sieg Angela Merkels im September. Dann kann er selbst für beste Kontakte in der Hauptstadt sorgen: als Vertrauter der alten und neuen Kanzlerin.