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Kommentar zur NRW-WahlDie SPD erhält die Quittung für zu viel Mittelmaß

Lesezeit 4 Minuten
kraft mit Laschet

Hannelore Kraft mit Wahlsieger Armin Laschet: Das Land NRW hängt durch – die SPD erhält die Quittung für zu viel Mittelmaß.

Köln – Es ist ein Erdrutsch. Ein Ergebnis, das die politischen Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen auf den Kopf stellt: Triumph für die CDU, die mit Armin Laschet den neuen Ministerpräsidenten stellen wird. Rot-Grün krachend abgewählt.

Eine desaströse Niederlage für die SPD, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Kanzlerkandidat Martin Schulz. Die CDU hat nach sieben Jahren wieder den Regierungsauftrag bekommen. Ob mit dem Wunschpartner FDP oder in einer großen Koalition hängt davon ab, ob die Linke draußen bleibt oder es in den Landtag schafft.

Laschet konnte sich profilieren

Der strahlende Sieger in NRW heißt Armin Laschet – wer hätte das vor wenigen Wochen gedacht? Der stets freundlich lächelnde Mann aus Aachen galt sogar manchem Parteifreund als zu „lasch“ im Wahlkampf. Das hat er in den letzten Wochen geändert. Laschet profilierte sich als Kämpfer gegen Einbrüche und Verkehrsinfarkt und gewann in dem Maß an Statur, wie Kraft ins Straucheln geriet.

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Dagegen verfing das Konzept der SPD nicht, ihrer schlechten Regierungsbilanz die Wohlfühl-Kampagne „NRWIR“ entgegenzusetzen. Den Wählern war offenbar bewusst, dass es um den Standort NRW nicht gut bestellt ist. Das peinliche Hin und Her in der Schulpolitik, die Pannen in der Kölner Silvesternacht und im Fall Amri, die marode Infrastruktur und das schwache Wirtschaftswachstum wogen schwerer als Krafts Amtsbonus und ihre immer noch höheren persönlichen Beliebtheitswerte. Laschet hat einen langen Atem bewiesen, galt schon unter dem damaligen CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers als „Kronprinz“. Jetzt ist er am Ziel und steht vor der Machtübernahme in der Staatskanzlei.

Der große Gewinner Christian Lindner

Neben ihm heißt der große Gewinner Christian Lindner – unabhängig davon, ob die Liberalen am Ende mitregieren oder nicht. Der FDP-Chef hatte das Ziel ausgegeben, drittstärkste Partei zu werden, und erreichte es spielend. Dass es ihm immer auch um den größeren Schritt ging, nämlich die Rückkehr seiner Partei auf die Berliner Bühne, hat er nie verschwiegen. Lindner macht den Abflug, obwohl die Liberalen in NRW dringend eine starke Stimme brauchen. Egal, ob in der Regierung oder in der Opposition.

Die beiden größten Verlierer? Natürlich Hannelore Kraft, der nach dem schlechtesten Ergebnis der NRW-SPD nur der sofortige Rücktritt von allen Ämtern blieb. Und Martin Schulz. Er selbst hatte die NRW-Wahl zum Testfall für den Kampf ums Kanzleramt im September erklärt – und erlebte ein Desaster, vom der er sich nur mühsam erholen wird. Die Auswirkungen auf seine Kampagne sind verheerend. Als Kanzlerkandidat ist er schwer beschädigt und wirkt wie ein ausgeknockter Boxer. Schulz muss nun raus aus der Unbestimmtheit und ein überzeugendes Programm liefern. Sonst hat er gegen eine wiedererstarkte Kanzlerin Angela Merkel keine Chance.

Auch die Grünen sind Verlierer. Der Absturz ist zuallererst an Sylvia Löhrmann festzumachen, die als Schulministerin unglücklich agierte. Jetzt steht ein harter Schnitt in der Opposition bevor.

Und die AfD? Für die Protestpartei vom rechten Rand ging es nur darum, erstmals in den Landtag zu kommen. Dieses Ziel hat sie nun erreicht. Immerhin: Weniger Bürger als zwischenzeitlich angenommen sind auf die Idee gekommen, eine Alternative am rechten Rand zu wählen.

Das Land hängt durch

Was heißt das Wahlergebnis für das Land? NRW ist unter Rot-Grün nie aus der Mittelmäßigkeit herausgekommen. In der Landesregierung herrschte eine gewisse Bräsigkeit, es gab keine Vision. Das Land hängt durch. Dabei hat es enormes Potenzial. Mit seiner Vielzahl von Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen. Mit Weltmarktführern und „Hidden Champions“ im Industrie- und Dienstleistungssektor.

NRW muss besser werden: Bei der frühkindlichen Betreuung. Bei der Qualität der schulischen Bildung. Beim Ausbau der Infrastruktur und beim Abbau der Bürokratie. Bei der Digitalisierung. Und nicht zuletzt bei der Sicherheit im öffentlichen Raum.

Das sind die Aufgaben, denen sich die neue, CDU-geführte Regierung stellen muss. NRW hat es verdient, in fünf Jahren deutlich besser da zu stehen als heute. Es hat beste Voraussetzungen, Innovationsschmiede und Wachstumsmotor zu sein. Mit der Selbstverzwergung muss Schluss sein.