NRW-WahlSPD in Köln stärkste Partei – Trotzdem gehen viele Wahlkreise an CDU
Köln – Jubel bei CDU und FDP, betretenes Schweigen bei SPD und Grünen, Frust bei den Linken – mit einer so deutlichen Ergebnis auf Landesebene hatten die Kölner Parteien nicht gerechnet. Die CDU gewann in Köln nach ihrem desaströsen Abschneiden 2012 noch etwas mehr dazu als im Landesschnitt. Die SPD, die beim letzten Mal alle sieben Kölner Wahlkreise gewinnen konnte, musste sich in drei Wahlkreisen geschlagen geben. Im Kölner Norden und in Porz ging es den ganzen Abend hin und her, weil die Kandidaten so eng beieinander lagen. DGB-Chef und SPD-Landtagsabgeordneter Andreas Kossiski gewann knapp gegen CDU-Mann Christian Möbius.
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Noch prestigeträchtiger war das Duell in Porz: Hier schlug der junge CDU-Politiker und Junge Union-Landeschef Florian Braun den Kölner SPD-Chef Jochen Ott. Dieser wird jedoch wahrscheinlich trotz der Niederlage im Porzer Wahlkreis in Düsseldorf weiter machen können, weil er über einen guten Platz auf der Reserveliste abgesichert war.
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Jubelschreie der CDU
Als die ersten Zahlen im Rathaus auf den Bildschirmen erschienen, schallten Jubelschreie durch den Sitzungssaal der CDU. In diesem Augenblick entlud sich die Anspannung der zurückliegenden Wochen. Überglücklich verfolgten mehrere Hundert Kölner Christdemokraten die Ergebnis-Präsentation. „Wir haben deutlich zugelegt“, so Parteichef Bernd Petelkau. „Das ist sicher dem guten Landestrend geschuldet, aber ebenso auch unserer guten Arbeit vor Ort.“ Petelkau, bislang Bankmanager in Frankfurt, wird nun Berufspolitiker in Düsseldorf.
„Ich bin überwältigt von dem sensationellen Wahlergebnis. Wenn man bedenkt, wo wir noch vor ein paar Wochen standen, ist das unglaublich“, sagte der CDU-Kandidat für den Kölner Norden und Parteivize, Christian Möbius. Oliver Kehrl, Politneuling und angehender Landtagsabgeordneter für Rodenkirchen und die südliche Innenstadt, sagte strahlend: „Wir haben bei uns im Kölner Süden einen tollen Wahlkampf geführt, mit frischen Ideen und jungen Leuten.“
Serap Güler, CDU-Kandidatin für Kalk und Teile der Innenstadt, konnte sich vor Freunde kaum bremsen: „Auf jeden Fall haben alle gekämpft, dass die CDU stärkste Kraft wird. Ich bin einfach nur glücklich, dass es geklappt hat.“ Später legte sich die Freude etwas, als klar wurde, dass ein so deutlicher Sieg auch Nachteile haben kann. Weil die CDU im ganzen Land so viele Direktkandidaten durchbrachte, reichte für Güler auch ein guter Listenplatz nicht, um wieder in den Landtag einzuziehen.
Freude bei der FDP, Schock bei der SPD
Riesige Freude herrschte auch auf der Wahlparty der FDP: Parteichefin Yvonne Gebauer musste sich erst noch ein paar Tränen aus dem Gesicht wischen, bevor sie die Fragen der Journalisten beantworten konnte. „Das ist ein großartiges Ergebnis, mit einem tollen Mann an der Spitze, einem sensationellen Team dahinter und großartigen, engagierten Mitgliedern.“ Mancher verband das Händeschütteln mit der Frage, ob er der zukünftigen Bildungsministerin gratuliere. Gebauer ist Schulpolitikerin, sie gilt als ministrabel. Ex-FDP-Vorsitzender Reinhard Houben versuchte, die Euphorie ein wenig zu dämpfen: „Ruhig bleiben, ganz ruhig bleiben. Das ist heute ein guter Erfolg, aber unserer größeres Ziel ist es, wieder in den Bundestag zu kommen.“
Ganz anders war die Stimmung im Sitzungssaal der SPD. Der Flurfunk hatte die Genossen bereits vor der ersten Prognose der Wahlforscher vorgewarnt. Als die Zahlen dann offiziell wurden, war ihnen den Wahlkämpfern der SPD der Schock trotzdem anzusehen. Nebenan bei den Grünen sah es ähnlich aus. SPD-Chef Jochen Ott versuchte seinen Parteifreunden Mut zu machen. „Jetzt heiß es: Ärmel hochkrempeln für die Bundestagswahl und deutlich machen, wofür die SPD steht.“
Bei der Analyse der Gründe für die hohen Verluste blieb er am Abend noch vorsichtig. Der CDU sei offensichtlich „eine wahnsinnige Emotionalisierung“ gelungen. Seine Partei sei „an der ein oder anderen Stelle nicht deutlich, nicht aggressiv genug“ gewesen. Alle SPD-Kandidaten zeigten sich überrascht. „Wir haben gute Arbeit gemacht“, so Lisa Steinmann. Viele Wahlkämpfer nennen die Rolle des Innenministers als Problem. Auch sei man für die Fehler und Schlingerkurse der grünen Bildungsministerin mitbestraft worden.
„Die Themen, an denen wir gearbeitet haben, sind in der Schlussphase des Wahlkampfs in den Hintergrund geraten“, so Ex-Landtagsabgeordnete Ingrid Hack, die am Sonntag wie manche Kollegen erst einmal arbeitslos wurde. Die Spitzen von SPD, Grünen und Linken waren sich einig: „Es gibt einen deutlichen Rechtsruck“, so SPD-Fraktionschef Martin Börschel. Grünen-Chefin Katja Trompeter sprach von einer „Mehrheit für die konservative Front“. Der Fraktionschef der Linken im Kölner Rat, Jörg Detjen, sah gar „einen konservativen und neoliberalen Rollback.“
Linke enttäuscht
Trompeter versuchte ihre grünen Parteifreunde ein wenig aufzumuntern: „Die schlechte Nachricht ist, dass Rot-Grün heute abgewählt wurde. Aber wir sind auch erleichtert, weil wir im nächsten Landtag vertreten sein werden.“ Das Ergebnis zeige, dass die Grünen offensichtlich nicht genug Wähler überzeugen konnten. „Wir brauchen jetzt eine ehrliche Debatte über das Ergebnis, und wir müssen Konsequenzen daraus ziehen“, so Trompeter. Es komme jetzt darauf an, in der Opposition eine gute Arbeit zu machen.
Den Linken half das gute Kölner Ergebnis ein wenig bei der Bewältigung der Niederlage auf Landesebene. Es überwiege aber die Enttäuschung, so Detjen. Man sei mit den sozialen Themen nicht gegen Bildung und Sicherheit angekommen. Am Abend hatten die Linken lange gezittert, bis schließlich klar war, dass sie in Düsseldorf wieder nicht dabei sind.
Nicht im Rathaus vertreten war die AfD. Die Rechtspopulisten freuten sich mit ihren Kollegen in Düsseldorf. Zwar hatten sie in Köln ein schlechteres Ergebnis als auf Landesebene eingefahren, übersprangen aber auch hier deutlich die Fünf-Prozent-Hürde.