Leverkusen – 26 Grad hat der Rhein in diesem Dürresommer. Das ist schon extrem warm. Trotzdem darf aus dem Chempark noch wärmeres Wasser in den Rhein abgelassen werden. 28 Grad ist die Obergrenze, die in diesen Monaten auch ausgereizt wird.
Der Strom ist ja nicht nur ein extrem wichtiger Verkehrsweg für Covestro, Lanxess, Bayer und Co. – aus dem Strom beziehen die Werke unter dem Bayerkreuz auch riesige Mengen Wasser. Natürlich auf der Basis von eingeräumten Rechten. Die sollen gerade im selben Umfang erneuert werden, und das hat für erhebliches Stirnrunzeln gesorgt, nicht nur beim BUND Umwelt und Naturschutz Deutschland, sondern auch bei vielen Bürgern.
Also wird das Gespräch gesucht. Zum Beispiel am Donnerstagmorgen auf dem Königsberger Platz. Dann ist Wochenmarkt in Rheindorf. Tatsächlich finden sich im Lauf des Vormittags um die zehn Leute ein an den Stehtischen. Dort warten Ulrich Bornewasser und Gretlies Knöbel. Gute Ansprechpartner, nicht nur, wenn es ums Wasser geht: Knöbel ist stellvertretende Leiterin des Bereichs Wasserversorgung und Kläranlagen, Bornewasser Leiter des Nachbarschaftsbüros. Aber die berufliche Vergangenheit des promovierten Chemikers liegt im Bürriger Entsorgungszentrum, wo auch Knöbel jetzt arbeitet. Nur, dass Bornewasser im Thema Abfallverbrennung zu Hause ist.
Dann geht es um die Explosion
Das passt, denn recht bald stellt sich heraus, dass Currenta vom Thema Nummer eins nicht los kommt: der Explosion vor gut einem Jahr. Da ist der Redebedarf noch viel größer. Mehr als einer, der am Donnerstag auf den Königsberger Platz gekommen ist, stellt sich als Bürriger heraus. Das zeigt: Jede Gelegenheit, Informationen vom Betreiber des Unglücksofens in der Nachbarschaft zu bekommen, wird genutzt. Denn bisher hat Currenta einfach zu wenig geredet. Das wird auch eingeräumt – nur zwischendurch ist von den Einschränkungen die Rede, die das laufende Ermittlungsverfahren gegen vier Currenta-Leute wegen fahrlässiger Tötung in sieben Fällen mit sich bringe.
Schnell kommt die Gretchenfrage auf: Kann die potenziell überaus gefährliche Chemiemüll-Verbrennung unter heutigen Bedingungen noch einen Platz haben am Rand von Bürrig? Dass daran Zweifel bestehen, versteht Ulrich Bornewasser. Aber dass es eine Genehmigung gibt, stehe auch außer Zweifel.
Weniger Abfall, größerer Ofen
Dann bringt er sich kurz selbst in Bedrängnis: Der Verweis darauf, dass die Chemische Industrie bei steigender Produktion eher weniger Abfall erzeuge, führt einen Nachbar zur Frage, warum denn dann die Kapazität der beiden Bürriger Sondermüll-Öfen erweitert worden sei. Antwort: Weil dann die kleine Anlage im Chempark Uerdingen abgeschaltet werden konnte.
Stichwort Genehmigung: Was der Unterschied zu einer Erlaubnis ist, erklärt Gretlies Knöbel aus dem Wasser-Sektor. „Eine Erlaubnis kann uns jederzeit entzogen werden.“ Wie man im Chempark und im Gemeinschaftsklärwerk in Bürrig mit Frisch- und Abwasser umgeht, wird minutiös dargelegt. Dass Kühl- und Abwasser-Kreislauf getrennt sind, dass Abwasser aus dem Klärwerk mitten im Rhein aus dem Rohr entlassen wird, wer alles wann Schadstoffe misst. Neben anderen Behörden auch die Wasserschutzpolizei.
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Alles sicher, alles streng überwacht, das ist die Botschaft. Und: 90 Prozent der gigantischen Wassermengen, die sich Currenta auch fürderhin sichern will, flössen in den Rhein zurück. Auch wenn das Nass den Strom noch ein bisschen wärmer macht als er jetzt schon ist.