Der Spezialchemie-Konzern will eine Anlage von 1951 erweitern. Auf einer öffentlichen Anhörung äußerten Bürger ihre Bedenken.
ChemparkDiese Fragen wirft der Phosphorbetrieb von Lanxess in Leverkusen auf
Der Betrieb stammt aus alten Bayer-Zeiten; seit knapp zwei Jahrzehnten gehört er zu Lanxess: Die Phosphorchloride-Anlage liegt einen knappen halben Kilometer vom Werkszaun entfernt – aber Sorgen bereitet sie vereinzelt dann doch. Das zeigte sich am Donnerstag in der Wiesdorfer Bürgerhalle. Dort brachte Ute Bellahn, Dezernentin für die Zulassung von Industrieanlagen bei der Kölner Bezirksregierung, Bürger und Betreiber miteinander ins Gespräch und nahm auch selbst zu vielen Fragen Stellung.
Der Erörterungstermin mit Bürgern, die Einwände erhoben haben, ist Teil des Genehmigungsprozesses. In diesem Fall läuft der schon zwei Jahre, was eher am Antragsteller liege als an ihrer Behörde, merkte Bellahn an.
Lanxess will den Betrieb um einen Flüssigphasenreaktor erweitern und das zugehörige Phosphorlager vergrößern. Bisher würde die Kapazitäten nicht ausgelastet, „aber wir sehen neue Absatzmärkte“, so die Erläuterung von Betriebsleiter Christoph Kohlhaas. Er war Teil einer Phalanx von Mitarbeitern des Spezialchemie-Konzerns; ein Anwalt gab weitere Erklärungen für den Antragsteller ab, der – was nicht ungewöhnlich ist – außerdem um einen vorzeitigen Baubeginn bittet.
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Alles passt ins bestehende Gebäude
An der Gestalt des Betriebs, in dem rund 100 Personen im Fünfschicht-System 24 Stunden an sieben Tagen pro Woche arbeiten, soll sich äußerlich nichts ändern, so die Beschreibung. Der zusätzliche Flüssigphasenreaktor, der weniger energiehungrig sein soll als die vier bestehenden Gasphasenreaktoren, werde auf einer zusätzlichen Bühne in der Anlage montiert. Das größere Phosphorlager, dessen Kapazität von 264 auf 300 Tonnen steigen soll, passe ebenfalls in die vorhandene Halle, erklärte Betriebsleiter Kohlhaas.
Alles harmlos? Ein Trio formulierte Zweifel: Anwohnerin Kirsten Prößdorf, Benedikt Rees von der Klimaliste und Bruno Klais vom Bürgerverein Köln-Merkenich waren in die Bürgerhalle gekommen, um Fragen zu stellen und Erklärungen einzufordern. Vier weitere Personen, die Einwände gegen die Erweiterung des Phosphorbetriebs erhoben hatten, fehlten bei der öffentlichen Erörterung, die auch von Vertretern des Landesamts für Umwelt und Verbraucherschutz verfolgt wurde.
Abwasserbehandlung will Lanxess geheim halten
Kirsten Prößdorf stört sich unter anderem daran, dass längst nicht alle Teile des Erweiterungsantrags für jedermann zugänglich sind. Das betrifft zum Beispiel das Thema Abwasserbeseitung: Die 21 Seiten dazu sind unter Verschluss; Lanxess begründet das mit vertraulichen Inhalten des Vertrags mit Currenta. Der Chempark-Betreiber sorgt dafür, dass die mit Chemikalien belasteten Abwässer des Phosphorchloride-Betriebs ordnungsgemäß behandelt werden.
Weil in diesem Fall zwei Unternehmen Abmachungen treffen, wie problematisches Abwasser behandelt wird, gilt der Vertrag als Geschäftsgeheimnis. Sehr unbefriedigend findet Prößdorf das. Auch Erläuterungen aus dem Hause der Bezirksregierung, die Ute Bellahn verlas, beantworteten ihre Fragen nicht. Vor allem beseitigten sie nicht ihre Zweifel.
Auch Benedikt Rees hat Bedenken, ob die Abwasser-Behandlung bei Currenta garantiert immer sauber verläuft. Die Äußerung von Bruno Klais aus Merkenich dokumentierte das Problem: Seit der Explosion in Bürrig, in dessen Folge unter anderem Pflanzengift unbemerkt in den Rhein gelangte, ist das Vertrauen in den Chempark-Betreiber nachhaltig beschädigt. Die Anmerkung von Ute Bellahn, man könne die Bürriger Kläranlage notfalls abschalten, wenn dort etwas schief läuft, ordnete Klais als pure Theorie ein. An das Gemeinschaftsklärwerk mit dem Wupperverband sind neben dem Chempark knapp 275.000 Bürger angeschlossen: „Denen können Sie im Notfall nicht verbieten, auf die Toilette zu gehen.“
Überraschend findet Kirsten Prößdorf noch, dass Lanxess für die Erweiterung des Phosphorchloride-Betriebs keine Umweltverträglichkeitsprüfung absolvieren muss, was ein ungleich aufwändigerer Akt wäre. Die Erklärung: Die Anlage sei nicht als Verbundbetrieb zu beachten, unter anderem, weil der Rohstoff Phosphor nicht im Chempark selbst anfällt, sondern zugeliefert wird. Warum die Bezirksregierung kein Problem damit hat, dass die Chemiefirma den Boden nicht in regelmäßigen Abständen kontrolliert, erschloss sich der Wiesdorferin auch nicht auf Anhieb.
Einen Punkt hatte Prößdorf bei der Arbeitssicherheit in der Phosphor-Anlage: Weil auch der Arbeitsschutz mehr verlangt, um Leckagen zu entdecken, habe Lanxess in diesem Detail nachgebessert, „und das wird auch in jedem Fall abgeprüft“, versicherte Ute Bellahn. Dass Anwohner des Chemparks seit der Katastrophe vom 27. Juli 2021 auch der Bezirksregierung scharf auf die Finger schauen, zeigte sich am Donnerstag sehr deutlich.