Im Entsorgungszentrum tagte jetzt der „Begleitkreis Bürrig“.
Sondermüllverbrennung in LeverkusenDas Currenta-Tanklager macht Bürriger Bürger Sorgen
Seit der Explosion am Currenta-Sondermüllofen 2021 schwingt beim Wort „Tanklager“ bei vielen Nachbarn ein mulmiges Gefühl mit. Denn die Selbsterwärmung von 14 Kubikmeter eines Stoffgemischs, das deshalb schließlich den Kessel Nummer 3 platzen ließ und zur Explosion geführt hatte, war in einem der Tanklager neben der Verbrennungsanlage geschehen. Die Wiederinbetriebnahme der Anlage ist bald vollständig, denn jetzt wird ein bestehendes Tanklager mit sieben Tanks wieder genutzt. Damit beschäftigte sich der „Begleitkreis Bürrig“, der am Donnerstag in der Kantine im Bürriger Entsorgungszentrum tagte.
Christian Jochum koordiniert im Auftrag von Currenta die Gutachter, die sich mit der Wiederinbetriebnahme der kompletten Anlage beschäftigen und erklärt die sicherheitsrelevanten Dinge. Weshalb etwa braucht eine Sondermüllverbrennung ein Tanklager? In der Anlage werden nicht nur brennbare Gifte in Öfen mit Temperaturen jenseits der 1000 Grad Celsius verbrannt. Dazu könnte man Heizöl verwenden, aber wirtschaftlich ist das nur, wenn als Heizstoff brennbare flüssige Abfälle aus der Chemieindustrie genutzt werden, die selbst Gift enthalten.
Schärfere Regeln für Mischungen
Die Verbrennung braucht einen stetigen Strom an flüssigem Brennstoff, der möglichst immer gleich gut brennt. Deshalb strebt Currenta an, in den Tanks diese Abfall-Flüssigkeiten als Brennstoff-Vorräte vorzuhalten, auch gemischt. In der ersten Zeit, als die Öfen angefeuert wurden, hatte man das anders gehandhabt: Die Tank-LKW fuhren direkt an den Ofen und ihr Abfall-Inhalt wurde sofort verfeuert. Ohne Zwischenlagerung.
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Für die Mischungen, die vorherige Analyse, gebe es heute sehr viel schärfere Regeln, die auch für das Tanklager gelten würden, sagt Jochum. Auch in dem wieder angeschlossenen Tanklager werden Kessel als Mischtanks genutzt. Dabei kann es zu gefährlichen Problemen kommen: Kippt man zwei unverträgliche Abfälle zusammen, können die reagieren, sich dabei selbst erhitzen – mit der bekannten Folge.
Currenta: Neue Störfall-verhindernde Prozesse
Damit das möglichst ausgeschlossen wird, habe man neue Prozesse erdacht, sagt Jochum, Störfall-verhindernde Maßnahmen. Neben dem Tanklager steht zum Beispiel ein mobiler Kühler, den man im Ernstfall an einen heißen Tank anschließen kann. Jochum nennt noch andere Methoden im Fall einer Erhitzung: Man kann den Stoff schneller im Ofen verbrennen, bevor er zu heiß wird, die Feuerwehr soll nicht-isolierte Tanks von außen kühlen, die sich erhitzen. Wenns ganz ernst wird, soll die Mannschaft den Kessel unten öffnen und den Inhalt in die „Tasse“ ablassen, in eine Betonwanne, in der die Tanks stehen.
Als ganz wichtig werden die Pflichten der anliefernden Unternehmen eingeschätzt: Die müssten viel genauer und klarer mitteilen, was für ein Gemisch sie an Currenta liefern, sagt Jochum. Das brachte einen Bürger in Wallung: „Sie sprechen mir hier viel zu oft von der Verantwortung der anliefernden Betriebe“, sagte er, die Verantwortung für die Sicherheit müsse aber zu 100 Prozent bei Currenta in Bürrig liegen.
Vor der Konferenz des Begleitkreises gab es eine Führung übers Gelände der Verbrennungsanlage zu dem alten Tanklager, das jetzt wieder in Betrieb genommen werden soll. Der Explosionsort ist nach wie vor mit Folien abgedeckt und mit einem Bauzaun abgesperrt. Es riecht immer noch nach dem typischen Aroma, das nach der Explosion je nach Windrichtung über Wochen in Bürrig zu riechen war.
Die Staatsanwaltschaft ist mit den Ermittlungen fertig, die Stelle sei wegen noch nicht abgeschlossener Sanierungsfragen abgesperrt, sagte der neue Anlagen-Chef Thilo Kaiser beim Rundgang. Christian Jochum kündigte an, dass seine Arbeit als Gutachter in Sachen Inbetriebnahme der Verbrennung bald abgeschlossen sei. Alle vier Verbrennungslinien sind wieder in Betrieb, am Donnerstag liefen drei davon.