AboAbonnieren

Prozess in OpladenLeverkusener wegen sexuellen Missbrauchs eines Jungen verurteilt

Lesezeit 3 Minuten
Das Eingangsportal eines Gerichtsgebäudes.

Das Leverkusener Amtsgericht im Stadtteil Opladen. (Symbolbild)

Obgleich Aussage gegen Aussage stand, waren die Vorsitzende Richterin und ihre Schöffen der Ansicht, dass die Tat stattgefunden habe.

Nach umfangreichen Zeugenbefragungen im Mai, die sich über neun Stunden erstreckt hatten, fällte die Kammer des Jugendschöffengerichts am Amtsgericht in Opladen jetzt ihr Urteil über Nikola B. (alle Namen durch die Redaktion geändert), der wegen des sexuellen Missbrauchs eines minderjährigen Jungen angeklagt war: Das Gericht hielt ihn für schuldig und verhängte eine Freiheitsstraße von einem Jahr und einem Monat auf Bewährung.

Zuvor hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers gehalten. Obwohl der Verurteilte beharrlich leugnete, den Jungen David F. im Intimbereich angefasst und ihn zum Gucken pornografischer Videos gedrängt zu haben, war die Staatsanwaltschaft davon überzeugt, dass er sich „schuldig gemacht hat“.

Staatsanwaltschaft Leverkusen: Keine Entlastung des Verurteilten erkennbar

Sie bewertete insbesondere die Aussage des Verurteilten, in seinem Badezimmer sei es wegen Umbauarbeiten nicht möglich gewesen, zu duschen, als Schutzbehauptung. Angebliche Beweisfotos hätten Fragen aufgeworfen, weil das Aufnahmedatum nicht stimmig und im Übrigen das Datum des Badezimmerabrisses nicht bekannt gewesen sei.

Zwar sei der Tathergang nicht vollständig zu rekonstruieren gewesen, aber, dass sich das Kerngeschehen so zugetragen habe, wie es in der Anklageschrift aufgeführt war, habe man ermitteln können. Insofern sei die Schuldigkeit des Verurteilten erwiesen.

Verteidigung plädierte auf Freispruch

Der Verteidiger erklärte in seinem Plädoyer, dass man den Ausführungen der Staatsanwaltschaft „mit Entschiedenheit entgegentreten müsse“. So sei auszuschließen, dass das Opfer in der Wohnung des Verurteilten geduscht habe. Der Verurteilte habe stets ausreichend Duschgel mit zu den Schwimmbadbesuchen genommen, da sein Badezimmer kaputt gewesen sei. Folglich sei es frei erfunden, dass das Opfer bei dem Verurteilten zu Hause geduscht habe. „Wenn es ein Kerngeschehen gegeben hat, dann nicht im Hause meines Mandanten“, resümierte er und plädierte auf Freispruch.

Trotzdem schloss sich das Gericht der Argumentation der Staatsanwaltschaft an. Zwar liege im vorliegenden Fall eine Aussage-Aussage-Konstellation vor, aber die Zeugenaussage des Opfers sei glaubwürdig gewesen. Dies habe auch ein psychologisches Gutachten einer Sachverständigen ergeben.

Um falsch auszusagen, müsse besseres Wissen vorliegen, damit bewusst gelogen werden könne. Das Opfer habe beispielsweise hinsichtlich des pornografischen Videos bei der Polizei ausgesagt, dass sich die darin zu sehende Frau „einen großen Schaumstofftampon“ eingeführt habe. Wegen seines Alters (David F. war zum Tatzeitpunkt neun oder zehn Jahre alt) habe er Dinge wie einen Dildo oder einen Vibrator gar nicht gekannt.

Geschildertes Kerngeschehen stimmig

Nur bezüglich des Randgeschehens habe es Unstimmigkeiten in den verschiedenen Zeugenaussagen gegeben. Es sei nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob der Tattag der des besagten Besuches im Kölner Freizeitbad „Aqualand“ gewesen sei. Außerdem sei nicht klar geworden, warum das Opfer nackt im Bett des Verurteilten gelegen habe. Der damalige beste Freund des Opfers, Tim K., sei für die Ermittlung des Kerngeschehens aber ohnehin unergiebig gewesen, da er nicht dabei gewesen sei.

Sicher sei aber aufzuklären gewesen, dass David F. schon den Verurteilten besucht habe, bevor die Umbaumaßnahmen im Badezimmer stattgefunden hätten. Ausweislich der konstanten Erzählweise, die darauf schließen lässt, dass er es tatsächlich so erlebt habe, sei das Gericht also zu dem Schluss gekommen, dass sich das Kerngeschehen, das Fassen in den Intimbereich und das Zeigen der pornografischen Videos, so ereignet habe.

Das Gericht berücksichtigte bei der Strafzumessung, dass der Verurteilte bisher straffrei und die Tat im Übrigen mit mutmaßlich sechs Jahren schon lang zurückliege. Dahingegen bewerteten die Richterin und ihre Schöffen in ihrer Entscheidung das junge Alter des Opfers und das Obhutsverhältnis zum Verurteilten nachteilig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung hat binnen einer Woche die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen.