Leverkusen – Alles gesagt, nur noch nicht von jedem. Im Netz ist das typisch. Und nervt jeden, der sich schnell mal auf den Stand bringen will. Auch Dominik Enzenauer hat das zunächst geärgert – dann auf eine Geschäftsidee gebracht.
Vor geraumer Zeit wollte sich der gebürtige Burscheider in Sachen Brexit auf den neuesten Stand bringen. Das gestaltete sich ungefähr so schwierig wie der Austritt selbst. „Ich fand jede Menge Texte – aber eine gute Zusammenfassung, in der auch die Argumente dafür und dagegen knapp zusammengefasst sind, die gab es nicht“, erinnert er sich. Dabei hätte ihn nicht nur die Mehrheitsmeinung interessiert sondern auch die der Sonderlinge.
Das muss doch zu machen sein, dachte sich der Betriebswirt, der gerade in Köln seinen Master macht. Und konzipierte „Topikon“, eine Internet-Seite, auf der die Nutzer Fragen der Zeit behandeln können. Nicht mit Gepöbel, sondern mit Argumenten – und nachdem sie sich registriert haben. Damit dort kein Wust an Für und Wider entsteht, bringt Enzenauer ein bisschen KI an den Start. Künstliche Intelligenz erkennt bestimmte Schlüsselwörter und sorgt auf diese Weise dafür, dass sich nichts wiederholt.
Ob das ein Unternehmen dauerhaft trägt, muss sich noch herausstellen. „Ich hatte eigentlich nie vor, zu gründen“, berichtet Enzenauer.
Bis er auf Tom Frenzel von der Wirtschaftsförderung Leverkusen traf. Der baute gerade mit Benjamin Schulz das „Probierwerk“ in Opladen auf. Und Enzenauer passte mit seiner Idee für das Internet ausgezeichnet ins Beuteschema der Wirtschaftsförderer. Und in das von Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart, der ein Gründerstipendium vergab. Das ermöglichte Enzenauer, sich wenigstens eine Zeit lang ganz auf „Topikon“ zu konzentrieren. Seinen Nebenjob im Naturgut Ophoven, wo er unter anderem den Internet-Auftritt pflegte, konnte er sausen lassen.
Basis im Probierwerk
Die Entwicklung seines Unternehmens lässt sich auch ganz gut im Probierwerk nachzeichnen. An der Stauffenbergstraße nutzte der 24-Jährige zunächst das Gemeinschaftsbüro, danach bezog er ein Einzelbüro, inzwischen ist er nicht mehr allein: Fredrik Stipps kümmert sich um die technische Entwicklung von „Topikon“, das seit ein paar Wochen im Netz zu finden ist. Dafür braucht das Unternehmen noch ein bisschen mehr Platz. Den gibt es, auch für zwei Praktikanten. „Ich bin froh, dass ich hier in Opladen bleiben konnte“, sagt Enzenauer.
Beim weiteren Aufbau von „Topikon“ geht es auch durchaus lokal zu. Christiane Kuhn-Haarhoff von der gleichnamigen Werbeagentur in Wiesdorf engagiert sich finanziell. Die Trägerin des Unternehmerpreises 2019 ist mindestens so überzeugt von der Idee wie der Wirtschaftsminister.
Lokale Themen wie die Senkung der Gewerbesteuer oder die Debatte um die A1-Raststätte sind nach Ansicht von Enzenauer zumindest ein guter Startpunkt für das Diskussionsportal „Topikon“. Das sehe zum Beispiel auch die Leverkusener SPD so. „Die großen Themen der Menschheit werden anderswo diskutiert“, sagt Enzenauer. Ob es anderswo auch übersichtlich zugeht, ist eine ganz andere Frage.
Enzenauer nennt ein abschreckendes Beispiel: „Irgendwo wurde die Frage aufgeworfen, ob man vor dem 1. Dezember Lebkuchen verkaufen sollte. Dazu gab es 60 Beiträge, die Argumente wiederholten sich ständig.“ Da unterscheidet sich Lebkuchen auch nicht vom Brexit.