Der Stadtrat Leverkusen hat über die Zukunft der Rheinfähre diskutiert.
RatsbeschlussLeverkusener Rheinfähre soll auch künftig Autos übersetzen können
Die Rheinfähre zwischen Hitdorf und Langel soll auch in Zukunft Autos, Lkw und landwirtschaftliche Geräte befördern. Das hat der Leverkusener Stadtrat auf Antrag von CDU, FDP und Bürgerliste mit zusätzlichen Stimmen von Opladen Plus, AfD, Klimaliste, Aufbruch, Gisela Kronenberg und gegen SPD und Grüne beschlossen. Die wollten, wie die Verwaltung vorgeschlagen hatte, eine neue batteriebetriebene Personen- und Fahrradfähre – also ohne Autos. Kurzfristig soll geprüft werden, ob die Rheinfähre MS St. Michael als Übergang gekauft oder gemietet werden kann.
„Für uns reicht eine Personen- und Fahrradfähre nicht aus“, machte Stefan Hebbel, CDU-Fraktionsvorsitzender, deutlich. CDU, FDP und Bürgerliste hatten dazu einen Änderungsantrag eingebracht, dass auch wieder Autos, Lkw und landwirtschaftliche Fahrzeuge mit dem Schiff transportiert werden sollen. Eine reine Personen- und Fahrradfähre sei nur saisonal genutzt, was eine Katastrophe für die Gastronomie wäre. Inzwischen haben 12.500 Menschen eine Petition zum Erhalt der Autofähre unterschrieben, die die CDU auf den Weg gebracht hatte.
Karl Schweiger von der Bürgerliste sagte: „Die Fähre gehört zu Hitdorf wie der Dom zu Köln.“ Außerdem brachte er Zweifel darüber vor, dass die alte Fähre in der Vergangenheit regelmäßig gewartet worden sei. Dem widersprach der Geschäftsführer der Rheinfähre, Norbert Di Raimondo. Man habe den Wartungsvertrag mit der bisherigen Firma gekündigt, aber neue abgeschlossen. Sogar der Dienstleistungsvertrag mit der HGK sei erhöht worden.
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Leverkusen: CDU und Grüne wollen Dialogforum
Gerhard Wölwer, selbst Hitdorfer, von den Grünen sagte: „Der Hitdorfer an sich liebt seine „Fritz Middelanis“, die Fähre hat sich aber in den letzten Jahren immer mehr zum Umwelt- und Sicherheitsrisiko entwickelt.“ Eine neue Fährverbindung müsse also eine moderne Antriebstechnik haben. Wölwer stellte klar: „Wir Grüne halten diese Fähre für unersetzlich.“
Bei einer neuen Fähre lägen die Prioritäten auf dem modernen Antrieb, der Einbindung ins ÖPNV-System und der Einbindung in ein überregionales Radschnellwegesystem. Ob das mit einer Autofähre klappe, wenn man Förderung vom Bund oder EU haben wolle, bezweifelt Wölwer.
Einer Zwischenlösung, wie sie die CDU vorgeschlagen hatte, stimmte der Grünen-Ratsherr zu. Deshalb halte er an einem Dialogforum fest. Einen Antrag darüber hatten Grüne und SPD ebenfalls in den Rat eingebracht. Der wurde allerdings abgelehnt. Dafür sollten politische Vertreter, Landwirte, der ADAC und die Betreibergesellschaft der Fähre zusammenkommen.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Milanie Kreutz sagte, die Diskussion darüber sei schwer fachlich zu führen. Es sei nicht klar, wer die richtigen Zahlen als Grundlage habe, deshalb wolle sie im Dialogforum darüber sprechen, damit alle dieselbe Diskussionsgrundlage hätten.
Oberbürgermeister Uwe Richrath sprach zu Beginn der Diskussion von einem „neuen Kapitel“, das nun aufgeschlagen werde. Er betonte: Die Fähre sei „ein Wahrzeichen unserer Rheinstadt“. Nie habe zur Diskussion gestanden, ob es auch nach der „Fritz Middelanis“ eine Fähre geben soll. Das „Wie“ sei fraglich. Schon vor der Havarie der Fähre habe es eine Gesellschafterversammlung gegeben, in der es um ein neues Konzept für die Fährverbindung ging.
Die Zahl der Autotransporte sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich rückläufig gewesen, das gelte auch für Fahrzeuge über zwölf Tonnen, also auch landwirtschaftliche Transporte. Zudem kämpften die Politik sowie Hitdorfer Anwohnerinnen und Anwohner seit Jahren um eine Reduzierung des Verkehrs im Viertel. Das sei mit einer reinen Personen- und Fahrradfähre zu erreichen. Die solle dann in den ÖPNV-Tarif eingebunden sein, erklärte der Oberbürgermeister.
Das sei aber nur eine Möglichkeit, um die Fährverbindung aufrechtzuerhalten, so der OB. Entscheidend sei, dass man zusammen mit der Stadt Köln eine gute Lösung finde. „Die Fähre liegt in meiner DNA“, sagte der OB. Er appellierte an den Rat, sich bei diesem Thema nicht auseinanderdividieren zu lassen.
Die Leverkusener Stadtverwaltung hatte in ihrer Ratsvorlage eine Kostenkalkulation für mögliche, von der Politik geforderte Varianten aufgestellt, welche Di Raimondo in der Sitzung noch erläuterte. Den Zahlen nach macht die Fähre seit Jahren Verlust. Konnte 2018 noch ein kleiner Überschuss erwirtschaftet werden, wuchs das Minus in den vergangenen vier Jahren auf rund 300.000 Euro an, auch für 2023 rechnet die Stadt mit einem ähnlichen Ergebnis. Die Verluste tragen jeweils zur Hälfte die Stadt Leverkusen und die Stadt Köln über die HGK.
„Aufgrund der finanziellen Situation der Rheinfähre und den daraus resultierenden Kosten für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leverkusen hatte die Verwaltung das langfristig wahrscheinlich wirtschaftlichste Szenario, die Anschaffung einer elektrobetriebenen Personen- und Fahrradfähre, vorgeschlagen“, heißt es dazu in der Stellungnahme der Verwaltung.
Leverkusen: Fahrgastzahlen sinken
Die Verwaltung legt zudem Fahrgastzahlen von 2013 bis 2023 offen. Diesen zufolge nutzen immer weniger Fahrräder, Autos, Motorräder, Fußgänger, Lieferwagen und Lkw die Rheinfähre. Die Ausfallquote der Fähre lag im vergangenen Jahr bei 30 Prozent, 2019 waren es 4,6 Prozent. Im Jahr 2023 fuhr die Fähre in lediglich 15 Wochen komplett ohne Einschränkungen. 2019 waren es dagegen 46, 2020 37, 2021 35 und 2022 24 Wochen. Hebbel mahnte hierbei aber zu bedenken, dass sich die Zahlen auf Corona bezögen und dass man auch bedenken müsse, dass sich die geringen Fahrgastzahlen auch mit geringen Zeiten zu tun hätten, in denen die Fähre überhaupt störungsfrei gefahren sei.
In Bezug auf den CDU-Vorstoß, einer Fähre zu mieten, legt die Verwaltung dar, dass im ersten Jahr Mietkosten in Höhe von 459.500 und ab dem zweiten Jahr von 438.000 Euro entstünden. Zieht man Energiekosten, Personalkosten, Steuern und andere Ausgaben hinzu, würde die Miete einer Rheinfähre die Stadt laut Verwaltungsvorlage im Jahr 2024 794.107 Euro kosten, 2025 wären es 665.256 Euro.
Würde man eine gebrauchte Fähre wie die vorgeschlagene „St. Michael“ kaufen, würde 2024 ein Verlust von 696.163 Euro entstehen, im Jahr 2025 389.418 Euro. Auf 15 Jahre gerechnet, kalkuliert die Verwaltung mit Kosten von rund sieben Millionen Euro. Außerdem berge der Kauf einer Fähre das Risiko, „dass aufgrund von Alterserscheinungen zukünftig nicht einschätzbare Instandhaltungen benötigt werden“. Und bereits vorhandene Mängel gingen auf die Stadt über.
Eine neue Hybridfähre ist für die Verwaltung keine Alternative, weil sie nicht CO₂-neutral fahre, der Solarbetrieb einer Fähre sei nicht möglich, die HGK rechnet nicht damit, dass Fähren, die mit Wasserstoff fahren, mittelfristig für die Personen-Binnenschifffahrt zugelassen werden. Und: „Einige elektrobetriebene Fähren bieten die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt auf einen Wasserstoffantrieb umgebaut zu werden.“
Neuer Geschäftsführer
Bernd Hibst wird zum 1. April für fünf Jahre zum neuen Geschäftsführer der Rheinfähre Köln-Hitdorf/Langel GmbH berufen. Das hat der Stadtrat ebenfalls entschieden. Der aktuelle Geschäftsführer Norbert Di Raimondo wird in diesem Zuge zum 31. März abberufen. Di Raimondo hatte Anfang Januar der Gesellschafterversammlung schriftlich seine Kündigung mitgeteilt. In derselben Versammlung einigten sich die Gesellschafter darauf, dass der neue Geschäftsführer von der Stadt Leverkusen kommen soll. Hibst wird auf Minijobbasis angestellt, er ist bei der Stadtverwaltung Leiter des Fachbereichs Konzernsteuerung.