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Schlebuscher WeibersturmWo eine Bank in Leverkusen für bessere Kölsch-Liquidität sorgt

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Zug der Schlebuscher Weiber an Weiberfastnacht. Foto: Ralf Krieger

Zug der Schlebuscher Weiber an Weiberfastnacht. Foto: Ralf Krieger

Ist Schlebusch Karnevalshauptstadt Leverkusens? Der Weibersturm durchs Dorf ist einzigartig und es wird gesungen.

Man kann mal eine These in den Raum stellen: Könnte die eigentliche Hauptstadt des Leverkusener Karnevals Schlebusch sein? Denn hier gibt es den einzigen Zug durchs Dorf, der im Prinzip unorganisiert und aus dem Volk heraus gemacht wird, bei dem jede und jeder mittrecke darf: den Schlebuscher Weibersturm.

Lilo Schmitz macht Stimmung.

Lilo Schmitz macht Stimmung.

Am Treffpunkt im Vorraum von der Sparkasse am Münsters Gäßchen wird es schnell gemütlich. Draußen gehen die letzten Hagelschauer nieder, während Edeka und die Bäckerei Berliner und Blutwurstbrötchen spendieren. Grün-Weiß-Schlebusch und vor allem die Schlebuscher Clowns sind stark vertreten. Elke Masurowski von den Clowns hat in diesem Jahr besonders viel Glück, erzählt sie: Sie kann diesen Rosenmontag im Zug mitgehen. Dass es nur der Düsseldorfer Zug ist, nicht der Kölner, sieht die Patronin der Clowngruppe nicht als Makel. Dafür war sie ja bei der Kölner Prinzenproklamation eingeladen. Das passe gut zum Motto „wenn Dräum widder blöhe“.

Zug der Schlebuscher Weiber an Weiberfastnacht. Foto: Ralf Krieger

Schlebuscher Clowns und die Weiber treffen sich bei Edeka und Sparkasse.

Angst vor einem Anschlag müssen die Schlebuscher Frauen eher nicht haben. Die Anzahl der Wachleute an den Zugängen zur Fußgängerzone und der Polizisten auf der Straße hat sich in diesem Jahr noch einmal erhöht.

Polizei gab den Jecken ein gutes Sicherheitsgefühl beim Zug der Schlebuscher Weiber an Weiberfastnacht. Foto: Ralf Krieger

Viel Polizei gab den Jecken ein gutes Sicherheitsgefühl beim Zug der Schlebuscher Weiber an Weiberfastnacht.

Ziemlich genau um 11.11 Uhr zieht die Gruppe los. Erst auf den Markt, wo sich sofort ein Knubbel um den ersten Schnaps bildet, den traditionell die Frau vom Burscheider Mönchhof ausgibt. Geschäfte in der Fußgängerzone, die was auf sich geben, geben den Frauen einen aus. Besonders gefordert ist die VR-Bank, denn der Schlebuscher Bankdirektor Udo Totzke war mal Leverkusener Prinz. Dreimal Alaaf, dann fließt das Kölsch im Kassenraum. Der Ex-Prinz erklärt die neue Strategie: Man habe entschieden, zwei Fässchen parallel anzuschlagen, weniger wegen der Gesamtmenge, sondern weil man so in kürzerer Zeit mehr Trinkgefäße füllen kann. Die Frauen ziehen nämlich ohne Vorwarnung einfach weiter. Liquidität, also flüssig zu sein, kann an Weiberfastnacht auch in einer Bank eine neue Bedeutung bekommen. Mögliche Restbestände in den Fässern werde nicht verkommen, die Belegschaft am Nachmittag erledige die, sagt Totzke.

Schlebuscher Bäckereifachverkäuferinnen sind alle kostümiert.

Schlebuscher Bäckereifachverkäuferinnen sind alle kostümiert.

Weitere Stationen: Die „Nähszene“, ein Frauen-Geschäft, schenkt Sekt aus; der ist beliebt. Die Apothekerin könnte ganz sicher einen bewusstseinsverändernden Trunk mischen, der einem die Welt heiterer, ja bunter, erscheinen ließe, man will aber lieber was Gesundes ausschenken: eine heiße Magnesiumlösung.

Zug der Schlebuscher Weiber an Weiberfastnacht.

Zug der Schlebuscher Weiber an Weiberfastnacht.

Viele der Frauen nehmen das gelb-orange Elixier dankend ein: Es hilft gegen einen möglichen Kater – soll aber auch gegen Krämpfe gut helfen. Verkrampft ist hier jetzt aber wirklich niemand, auf der Straße wird das bekannte Schlebuscher Schunkellied „Jo mir sin Schliebijer, mir sin von joder Art …“ von Heinrich Runte angestimmt.

Das Festzelt brummt schon, dann wird eine weitere Hymne gesungen, das Lied der Clowns: „Mir sin die Clowns von der Dhünn…mir han et Hätz om rächte Fleck.“ Die Autorin selbst singt es textsicher auf der kleinen Bühne, die 86-jährige Schlebuscherin Edith Proch. Sie sagt, die Melodie habe sie von dem Lied „Wir sind die Trumps von der Pfalz“ geklaut. Sie sagt tatsächlich „Trumps“ statt „Tramps“, aber von dieser Sippschaft will hier in Schlebusch heute wirklich niemand etwas hören.