Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel war das große Thema der Redebeiträge auf dem Arbeitnehmerempfang in Leverkusen.
EmpfangWie Gewerkschafter und der Leverkusener OB dem Fachkräftemangel begegnen wollen
Als Judith Gövert, Regionsgeschäftsführerin der DGB-Region Köln-Bonn, nach Wortbeiträgen von Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath und von Jens Scheumer, Vorsitzender des DGB-Stadtverbandes Leverkusen, geendet hatte und die Anwesenden am Donnerstagabend im Freudenthaler Sensenhammer zum inoffiziellen Teil und zum Netzwerken übergehen wollten, ergriff noch einmal Richrath das Wort. Denn dass die Versammelten genau an diesem Tag im Schlebuscher Industriemuseum zusammengekommen sind, hatte einen Grund.
„Lassen Sie uns nicht vergessen, dass es in Deutschland nicht immer selbstverständlich war, so starke Gewerkschaften zu haben“, sagte der Oberbürgermeister. Denn am 2. Mai 1933, vor 91 Jahren, zerschlugen die Nazis alle Gewerkschaften und besetzten ihre Häuser.
Das vorherrschende Thema in den Redebeiträgen war der demografische Wandel und damit verbunden der Fachkräftemangel. Schon jetzt fehlten bundesweit 500.000 Fachkräfte, zitierte der OB Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Auch das „stabile System Stadt Leverkusen“ bekomme das zu spüren in Form von ausfallenden Bussen, reduzierter Kita-Betreuung und geschlossenen Schwimmbädern. Und laut OB werde das noch schlimmer: „In spätestens fünf Jahren wird uns das mit voller Wucht treffen.“
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Leverkusen habe als Bildungsstandort mit einer Verbindung zur Industrie eine gute Basis. Trotzdem brauche es Fachkräfte. Und die, so der Oberbürgermeister, bekomme man vor allem durch Zuwanderung. Er sei stolz, OB einer Stadt von Menschen aus 140 Nationen zu sein. Aber wichtig sei: Die Zugewanderten müssten schnell qualifiziert und in Arbeit gebracht werden. Und die Stadt müsse deren Familien eine Perspektive bieten. Mit schrumpfender Wirtschaft schrumpfe der Wohlstand. Und wieder steigenden Wohlstand, sagte Richrath, erreiche man nur, wenn man nationale Grenzen überwinde.
Leverkusen: Frauen sollen gestärkt werden
Jens Scheumer warb in seiner Rede für Tarifverträge: „Tarifverträge sind das Mittel der Wahl, wenn es um gerechte Bedingungen in der Arbeitswelt geht.“ Sie förderten Gleichberechtigung. Und: „Beschäftigte mit Tarifvertrag arbeiten im Schnitt eine Stunde weniger pro Woche.“ Das höre sich nicht nach viel an, mache aber bezogen auf ein ganzes Erwerbsleben etwas aus: ein Jahr und zwei Monate weniger Arbeiter.
Was die sich verändernde Demografie für den Arbeitsmarkt bedeutet, machte Judith Gövert klar. Voraussetzungen für eine gelingende Transformation der Arbeitswelt inklusive der Digitalisierung seien gute Arbeitsbedingungen. Und dafür brauche es starke Gewerkschaften. „Unser Stichwort ist: Qualifizierung, Qualifizierung, Qualifizierung“, sagte Gövert in Bezug auf den Fachkräftemangel.
Man müsse ohnehin offener und flexibler werden, zum Beispiel, was Arbeitszeitmodelle angehe. Auch die Erwerbstätigkeit von Frauen müsse gestärkt werden. Sogenannte Frauenberufe, zum Beispiel in der Pflege, sollten auch für Männer attraktiver gemacht werden. Minijobs sollten in feste Beschäftigungen überführt werden. Denn, so Gövert, das Potenzial für den Arbeitsmarkt von Frauen sei bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.